Operation Cyborg
bereits angefangen, sich zu schälen und ganze Hautfetzen hingen herab. Am rechten Arm war ein größeres Stück Fleisch herausgerissen und Tom sah die Metallhydraulik darunter. Die Kleidung war zerrissen und angebrannt. Am schaurigsten aber war der Blick, mit dem ihn der Cyborg bedachte. Die hellblauen Augen – als einziges intakt in dem ramponierten Gesicht – fixierten ihn und fast wirkte es, als spiegelte sich Triumph in ihnen. Entsetzt taumelte Tom rücklings in sein Zimmer zurück. Der Cyborg setzte sich in Bewegung. Er stieg über Freds Körper und schritt langsam, beinahe gravitätisch, in seine Richtung.
Tom wendete sich hastig um. Mit einem Satz sprang er zum Fenster und fummelte in Panik an dem altmodischen Griff. Endlich konnte er ihn drehen. Er wollte gerade das Fenster öffnen, da wurde es von der Hand des Cyborgs wieder zugedrückt. Ein schmutziger Abdruck blieb auf der Scheibe zurück. Tom schrie auf. Er warf sich zur Seite, stolperte und landete unsanft auf dem Boden. Wie eine Maus, die erfolglos vor einer Katze zu fliehen versuchte, saß er nun in der Zimmerecke und der Cyborg ragte vor ihm auf, die Pistole in der rußgeschwärzten Hand. Es gab kein Entkommen mehr. Es war aus. Noch hatte der Cyborg die Waffe nicht auf ihn angelegt. Er starrte ihn nur an, den Kopf leicht zur Seite geneigt. Tom senkte resignierend den Blick, doch im gleichen Moment regte sich Stolz in ihm. Er wollte seinem Mörder in die Augen schauen. Trotzig sah er zu der Maschine auf.
»Hallo Tom«, sagte der Cyborg.
*
Den beiden BKA Beamten dauerte der Feuerwehreinsatz nun doch entschieden zu lange. Genaugenommen waren die Löscharbeiten auch noch gar nicht angelaufen. Jetzt, fast anderthalb Stunden nachdem die Tankstelle in der gigantischen Explosion zerstört wurde, konnten die Einsatzkräfte noch immer nicht an den Brandherd. Eine weitere starke Explosion hatte sich zwischenzeitlich ereignet. Wahrscheinlich weil sich ein weiterer unterirdischer Tank entzündet hatte. Lang glaubte nicht mehr daran, daß die Spurensicherung an der Tankstelle noch Verwertbares würde finden können, sollte das Feuer irgendwann einmal gelöscht sein. Und wenn doch, könnten sie es auch von Tätschner erfahren.
Lang war jedenfalls nicht mehr bereit, hier noch weiter seine Zeit zu verschwenden. Vielleicht hatte Tätschner recht mit seiner Annahme und der von ihnen gesuchte Tom Sanders war dort drüben in den Flammen gestorben. So oder so – hier konnten sie nichts ausrichten, dafür lief ihnen im Hinblick auf Markus Schäfer nun doch langsam die Zeit davon. Einen letzten verzweifelten Versuch wollte er aber noch unternehmen, um die Fahrt nach Frankfurt nicht gänzlich umsonst angetreten zu haben.
Er eröffnete Toni, er wolle nochmal in der Wohnung von Sanders nachsehen. Es war schon recht spät und Toni machte ein unglückliches Gesicht, sagte aber nichts. Lang konnte ihn verstehen. Auch er war mittlerweile hundemüde. Daran änderte auch der viele Kaffee nichts, den sie in der letzten Stunde getrunken hatten. Lang wollte sich gerade von seinen Kollegen aus Wiesbaden die Adresse durchgeben lassen, an der Sanders gemeldet war, da wandte Tätschner ein:
»Die Meldeadresse wird Ihnen nichts bringen. Sanders hat sich nicht umgemeldet, als er nach Frankfurt zum Studieren gezogen ist. Er wohnte zuletzt in einer WG, zusammen mit einer Zeugin von uns: Nina Weiland. Warten Sie, ich schreibe Ihnen die Adresse auf.«
Tätschner lief zu seinem Einsatzfahrzeug. Als er zurückkam hielt er einen Zettel in der Hand.
»Ich denke der Besuch dort wird Ihnen nicht viel bringen. Trotzdem viel Glück weiterhin«, sagte Tätschner und reichte Lang das Stück Papier mit der Adresse von Tom Sanders.
Lang bedankte sich, dann stieg er zu Toni in den Wagen und sie fuhren los. Es war jetzt schon recht dunkel und die Straßen waren nur wenig befahren, so daß sie gut vorankamen. Lang sah nachdenklich aus dem Fenster. Hatte er eigentlich seine Frau angerufen und gesagt, daß es spät werden würde? Verdammt! Er hatte es wohl vergessen. Na, das würde ja wieder ewige Diskussionen nach sich ziehen. Was für ein Tag!
Und es hatte doch alles so verheißungsvoll begonnen. Eine konkrete Spur zu Severin und eine mehr als unkomplizierte Festnahme – aber trotzdem noch kein verbuchbarer Ermittlungserfolg. Eigentlich war sich Lang nach wie vor sicher, daß sie mit Schäfer den richtigen hatten. Gäbe es da nicht dieses dumpfe Bauchgefühl, daß ihm vermittelte, irgendetwas
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