Operation Cyborg
sei nicht in Ordnung. Oder als habe er etwas übersehen, oder vergessen. Vielleicht war alles zu leicht gegangen mit Schäfers Festnahme. War es das, was ihn zweifeln ließ? Wobei sie mit den Computerkriminellen nie irgendwelche Scherereien hatten. So groß der Schaden manchmal war, den diese Typen anrichteten – es handelte sich bei ihnen nicht um gewaltbereite Menschen. Die Kerle zu ermitteln war das eigentlich schwierige. Die brachiale Gewalt, mit der sich der Amoklauf und sein Ende an der Tankstelle abgespielt hatte, stand jedenfalls in Kontrast zu Langs letzten Einsätzen.
Vielleicht war es doch Zufall, daß Schäfer ihn ausgerechnet auf Sanders gebracht hatte. Oder wußte Schäfer etwas von dem Amoklauf und hatte sie absichtlich auf eine völlig falsche Spur gesetzt? Nein, das war unwahrscheinlich. Schäfer konnte ja nicht ahnen, daß Sanders' Leben an einer brennenden Tankstelle enden sollte. Schäfer blieb weiter ihr Hauptverdächtiger, aber sie hatten gegen ihn verdammt wenig in der Hand. Blieb Schäfer weiter bei seiner Version der Geschichte und Sanders wäre tatsächlich tot, dann würde es schwer werden, ihm nachzuweisen, daß er der Autor von Tacker.C war. Vielleicht fanden Jimbo und Siggi ja doch noch irgendetwas auf Schäfers Privatrechner, das ihnen weitere Munition gab. Sie hatten dessen PC und Laptop bereits konfisziert aber die beiden Spezialisten hatten bis zum Abend keine Beweise finden können, die Schäfer als Severin überführten. Lang seufzte, ohne es zu merken. Toni, der ebenfalls die ganze Zeit schweigend über seinen eigenen Gedanken gebrütet hatte, schaute zu seinem Chef hinüber.
»War Ihre Frau sauer, daß sie heute wieder Überstunden schieben?«, wollte er wissen.
»Ich fürchte, ich habe in der ganzen Aufregung doch noch vergessen, sie anzurufen«, antwortete Lang zähneknirschend.
»Oha«, entgegnete Toni nur.
»Was glaubst du, Toni? Was ist da heute passiert?«, fragte Lang um sich selbst von den Gedanken an seine Frau abzulenken. Sie saß bestimmt gerade wutschnaubend vor dem kalten Abendessen. »Ich meine den Amoklauf, die Tankstelle und die Tatsache, daß wir zweimal den Weg eines anderen Verbrechens gekreuzt haben, als wir bei unserem Fall ermittelten«, fügte er an.
»Das paßt alles nicht zusammen. Das war ein dummer Zufall. Ich halte Schäfer für Severin«, meinte Toni. »Verdammt Lang. Er hat mit dem Steuerprogramm hantiert, als ich ihn festnahm. Sie hätten den Kerl sehen sollen. Der war mit solchem Eifer bei der Sache, daß er Bernd und mich nicht einmal bemerkte, als wir schon hinter ihm standen.«
»Aber wie kann der so bescheuert sein, das in seiner Uni zu machen?«, hakte Lang nach.
»Vielleicht hat er einen geklauten Uni Account benutzt, damit die Spur nicht zu ihm zurückverfolgt werden kann. Und er hatte keine Ahnung, daß wir einen seiner infizierten russischen Server verwanzt haben. Solche Typen halten uns BKA Beamte doch für ahnungslose Idioten, die noch auf Schreibmaschinen tippen, statt auf Computern«, entgegnete Toni und Ärger schwang in seiner Stimme mit.
Lang verstand was Toni meinte. Gerade die Hacker und Computerkids, die sie bisher hochgenommen hatten, strotzten anfangs nur so vor Arroganz und Selbstsicherheit. Aber schlußendlich heulten sie alle Rotz und Wasser, sobald ihnen klar wurde, daß ihre vermeintliche Cleverness sie nicht vor Verurteilung und Strafe bewahren würde.
»Wie kam Schäfer nur auf den Namen Sanders?«, fragte sich Lang halblaut.
»Die studieren bestimmt zusammen«, griff Toni die Frage auf. »Schäfer hat gepokert und gute Karten erwischt, als er Sanders beschuldigte. Vielleicht wollte er ihm auch eins 'reinwürgen, oder so. Wie auch immer. Der Zufall wollte es und Sanders ist irgendwie in einen Amoklauf verwickelt und wir werden kreuz und quer durch die hessische Prärie geschickt. Wir haben jedenfalls eine Menge Zeit verballert.«
Lang schwieg vorerst. Toni setzte den Blinker und nahm die Abfahrt Richtung Frankfurt-Stadtmitte, so wie es das stummgeschaltete Navigationssystem auf dem Display vorgab.
»Naja, vielleicht erfahren wir mehr, wenn wir Sanders quietschfidel und quicklebendig in seiner Wohnung antreffen«, meinte Lang und versuchte optimistisch zu klingen.
»Ich fürchte ja, daß Sanders tot ist und wir gar nichts dort erfahren werden. Und ich fürchte, daß wir Schäfer morgen früh laufen lassen müssen«, orakelte Toni. »Ich sehe jetzt schon den Staatsanwalt vor mir, wie er uns die Hölle heiß
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