Operation Foxbat: Thriller (German Edition)
klargemacht, dass Ihre weitere Mitwirkung ausschließlich praktische Gründe hat. Sämtliche strategischen Entscheidungen treffen ausschließlich wir .«
Kim legte den Telefonhörer auf die Gabel und saß sekundenlang reglos da. Aber Pak hatte recht, alles war vorbereitet. Der einzige Unterschied bestand darin, dass ein Befehl zum Fortsetzen der Operation Nordkorea zum Aggressor stempeln und nicht mehr als souveränen Staat dastehen lassen würde, der sein Territorium gegen einen unprovozierten Angriff verteidigte. Aber würde das auf lange Sicht einen Unterschied machen? Falls ihre Pläne Erfolg haben sollten, wäre die Meinung sämtlicher anderen Nationen völlig nebensächlich, weil Korea endlich wiedervereinigt wäre.
Aber letztendlich hatte er nicht darüber zu entscheiden. Er gab sich einen Ruck und griff nach dem roten Telefon.
Vier Minuten später beendete Kim Yong-Su das Gespräch mit einem einigermaßen schockierten Gesichtsausdruck. Er hatte erwartet, dass der »Geliebte Führer« auf das, was er ihm mitzuteilen hatte, verärgert reagieren würde, aber auf den Wutanfall, den seine Mitteilung auslöste, war er völlig unvorbereitet gewesen.
Er hatte Zurückhaltung empfohlen und gemeint, dass die beste Option wäre, die Amerikaner oder die Briten zu einem Angriff auf ein anderes Ziel zu verleiten. Nordkorea könnte auch selbst einen Angriff vortäuschen, einen von eigenen Raketen zerstörten Flugplatz fotografieren und dann behaupten, es sei ein aggressiver Akt der Südkoreaner gewesen. Das würde ihnen die Begründung liefern, die sie brauchten, um die Entmilitarisierte Zone zu überschreiten.
Der »Geliebte Führer« hatte diesen Vorschlag augenblicklich verworfen und seine eigenen detaillierten Anweisungen gegeben. Und Kim fragte sich nicht zum ersten Mal, ob der Mann wohl geistig gestört war. Aber Befehl war Befehl, und trotz seiner Bedenken zweifelte er nicht daran, was mit ihm geschehen würde, wenn er die Befehle missachtete. Er saß für einen Moment sinnend an seinem Schreibtisch, ordnete seine Gedanken und nahm den Telefonhörer ab. Sein erster Anruf galt Pak Je-San, und er befahl ihm in knappen Worten, sofort die zweite Phase der Operation »Goldene Dämmerung« anlaufen zu lassen.
Dann wählte er die Nummer, die ihn direkt mit dem Kommandeur der Raketenbasis Chiha-ri verband.
Nordkorea
Die geplante Angriffsstrategie Nordkoreas gegen seinen südlichen Nachbarn war einfach, wirkungsvoll und umfassend.
Westliche Beobachter glaubten, dass der erste Angriff in Form einer elektronischen Kriegshandlung bestünde, in deren Verlauf bestens ausgebildete nordkoreanische Hacker die auf Computerbasis funktionierenden amerikanischen Kommunikationsverbindungen zu stören versuchen würden. Danach würden Überfälle der 120 000 nordkoreanischen Elitesoldaten auf bestimmte amerikanische und südkoreanische Militärbasen, Flugplätze und andere Einrichtungen erfolgen. Anschließend würde der Hauptangriff mit anhaltendem Artillerietrommelfeuer auf Seoul und andere strategische Ziele in der Nähe der EMZ eingeleitet. Und währenddessen würden nordkoreanische Soldaten die EMZ durch vorbereitete Tunnel tief in der Erde überwinden und hinter den Linien der Südkoreaner wieder ans Tageslicht steigen. Schätzungen sprechen von gegenwärtig an die zwanzig Tunneln, die unter der EMZ verlaufen. Davon sind einige groß genug, um pro Stunde 15 000 Soldaten aufzunehmen.
Das war die konventionelle Sicht, und es war der Schlachtplan, welchem entgegenzuwirken die Amerikaner und Südkoreaner eigene Strategien entwickelt hatten. Tatsächlich war der Operationsplan der Alliierten in seinen Grundzügen sehr klar und einfach: Die Streitkräfte des CFC würden vor dem nordkoreanischen Angriff zurückweichen, und zwar so langsam wie möglich, während amerikanische Hilfstruppen im Süden der Halbinsel aufmarschierten, nach Norden vorrückten und die Angreifer zurücktrieben.
Die nordkoreanische Staatsführung in Pjöngjang hatte stets begriffen, dass das größte Hindernis bei ihrem geplanten Griff nach dem Süden die Beteiligung Amerikas war. Bei all ihrer kriegerischen Rhetorik wusste sie genau, dass Nordkorea in einem Krieg gegen die Vereinigten Staaten alleine schon aus dem Grund verlieren würde, dass keine kleine Nation, egal wie entschlossen und fähig ihre Streitkräfte wären, auch nur hoffen kann, sich gegen eine Supermacht zu behaupten. Der Unterschied im Umfang ihrer jeweiligen Waffenarsenale und
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