Operation Genesis (Ein Delta-Team-Thriller) (German Edition)
geradeaus, und Knight hoffte, er würde anschließend nach oben führen, aber das tat er nicht. Er senkte sich noch tiefer in den Berg. Tiefer in die Höhlen der Nguoi Rung.
38
Wellen von Hitze streichelten Saras Körper. Sie konnte immer noch nichts sehen, doch der trockenen Wärme und einem gelegentlichen Knacken entnahm sie, dass sie an einem Feuer saß. An ihren hinter dem Rücken zusammengebundenen Händen spürte sie kalten Stein, und das gelegentliche Echo einer Stimme sagte ihr, dass sie sich in einer Höhle befand. Sie versuchte, sich auf ihre anderen Sinne zu konzentrieren, aber der beengte Raum und die gleichmäßige Hitze des Feuers verhinderten, dass sie mehr als ihre unmittelbare Umgebung »fühlte«.
Sie konnte nicht einmal sagen, ob King hier war. Irgendwann nach ihrer Gefangennahme hatte sie einen Kampf hinter sich gespürt und sich gefragt, ob Queen entkommen war. Eine Gruppe der Entführer schien sich an die Verfolgung gemacht zu haben, doch sie hatte keine Ahnung, was genau passiert war. Selbst wenn Queen entflohen war, bezweifelte Sara, dass sie weit kommen würde, ganz zu schweigen davon, dass sie zurückkehren und sie befreien könnte.
»Sara, sind Sie da?«
Eine Welle von Freude und Furcht durchlief Sara. »King«, sagte sie, und sein Name mündete in einen erleichterten Seufzer. »Sie sind am Leben.«
»Angesichts meines jetzigen Zustands und der Kopfschmerzen wünschte ich beinahe, ich wäre es nicht.«
»Sind Sie verletzt?«
»Nichts, was nicht wieder heilen würde, aber sie haben mir Hände und Füße zusammengebunden und mich daran aufgehängt. Sie können nicht zufällig Ihren Trick mit dem losen Seil noch einmal vorführen?«
Sara kämpfte mit ihren Fesseln, gab aber bald auf. »Keine Chance.« King seufzte. Die Mission hatte sich zu einer einzigen Katastrophe entwickelt. Die Landung mitten in einem Schlachtfeld. Saras Entführung. Gefangennahme und Folter durch die VPLA. Und jetzt, nach Saras Rettung, lagen sie schon wieder in Fesseln.
Aber wer war diesmal dafür verantwortlich, fragte er sich. Er konnte sich an nichts erinnern, außer, dass er vor einer Minute mit dröhnenden Kopfschmerzen zu sich gekommen war. Wenigstens waren sie noch zusammen. Oder nicht? »Queen?«
»Sie ist nicht hier«, sagte Sara. »Ich glaube, sie ist entkommen.«
King wusste nicht genau, ob er das gut oder schlecht finden sollte. Sie waren bereits von Knight, Rook und Bishop getrennt worden. Das Team fand Stärke aneinander. Jeder war ein Teil des Ganzen. King, der Kopf, kühl und gerissen. Bishop und Rook die Arme, stark und zuverlässig. Knight und Queen die Beine, mobil und tödlich. Immerhin, wenn Queen frei war, stand ohne Zweifel ein Rettungsversuch bevor – wenn sie noch lebte.
Sara wartete auf Antwort, doch King blieb stumm. Sie konnte die Stille nicht ertragen. Nicht jetzt. Da ihre eigenartigen Sinne nicht funktionierten und sie obendrein nichts sehen konnte, brauchte sie seine Stimme, um nicht durchzudrehen. Aber was sollte sie ihn fragen? Sie wusste so wenig von ihm. Seine Kindheit? Hatte er Familie? Eine Freundin? Der Mann war nicht gerade ein offenes Buch. »King«, begann sie, »warum tun Sie das, was Sie tun?«
»Was meinen Sie?«, fragte King und hoffte, sie hätte es nicht auf eine lange Unterhaltung abgesehen. Sein nach unten hängender Schädel dröhnte bei jedem Laut.
»Delta. Die meisten Kinder wollen Feuerwehrleute werden oder Paläontologen oder …«
»Oder Arzt«, meinte King.
»Ja, oder Arzt.«
»Ich wollte Farmer werden. Mais. Ich war verrückt nach frischen Maiskolben. Wollte gar nichts anderes essen.«
»Und was kam dazwischen?«
»Außer, dass ich zum Teenager wurde? Feststellte, dass Mädchen Titten haben, und beschloss, dass ein Skateboard besser zu mir passt als Gemüse?«
Während King die Gedanken nach innen richtete, ließ der pulsierende Schmerz in seinem Kopf etwas nach.
»Das ist nicht gerade ungewöhnlich. Was hat Sie zu … ich weiß nicht …«
»Zum Soldaten gemacht?«
» Ja .«
»Meine Schwester.«
»Das müssen ja schreckliche Hänseleien gewesen sein.« Sara schaffte es, unter ihrer Kapuze zu lächeln. Die Vorstellung, dass jemand King so lange hänseln könnte, bis er etwas Verrücktes tat, schien absurd. Als wollte man Ebbe und Flut aufhalten oder die Erde zum Stillstand bringen. Der Mann hatte tiefe, starke Wurzeln. Ihr erster Eindruck, dass er eine brummige Luftnummer sei, war längst großem Respekt gewichen. Hinter seiner
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