Operation Ocean Emerald
offen und ich hab nur versucht, sie zuzumachen. Aber da unten ist dauernd ein Kabel im Weg.«
Thomson trat einen Schritt näher und warf einen Blick in den Verteilerkasten. Er drückte die Kabel hinein und schloss die Tür ab. »Das nächste Mal meldest du es dem Elektriker und fängst nicht selbst an, daran herumzufummeln.«
Thomson setzte seinen Weg fort. Automatisch prägteer sich den Namen des Stewards ein, den er auf dem Namensschild an der Brust gelesen hatte: Emilio Fernández.
Im Bugbereich des Decks befand sich eine hellgraue Tür, an der kein Schild anzeigte, wohin sie führte. Thomson zog seine Schlüsselkarte durch das Lesegerät neben der Tür und stieg anschließend die Stufen zur Kommandobrücke hinauf.
Oben musste er an einer zweiten Tür einen vierstelligen Zahlencode eingeben. Von der Decke starrte ihn die schwarze Linse einer Überwachungskamera an. Das Herz des Schiffes war gegen unerwünschte Besucher abgeschirmt. Leise klickte das Schloss, gleichzeitig gab ein Lämpchen grünes Licht.
Thomson zog die Tür auf und betrat einen kleinen Vorraum, den er rasch durchschritt. Die Tür zur eigentlichen Brücke stand offen, obwohl auch sie den Sicherheitsbestimmungen gemäß hätte geschlossen sein müssen.
Die Brücke erinnerte eher an ein klimatisiertes Büro als an die traditionelle Steuerkabine eines Schiffes. Auf dem Boden lag dunkelblauer Teppich und vor der breiten Fensterfront standen mehrere Grünpflanzen. Das Steuerpult in der Mitte erinnerte an das Cockpit eines Flugzeugs. Dort waren sämtliche Steuer- und Kontrollinstrumente konzentriert, sodass sie der Steuermann, der gerade Brückenwache hatte, von seinem Sessel aus bequem im Blick hatte und entsprechend operieren konnte.
Kapitän Hagen stand am Steuerpult und sprach mit dem dritten Steuermann, der seinem Chef gerade einen Computerausdruck zeigte und ihm einige Details darauferläuterte. Der Bug des Schiffes wies in Richtung Südhafen, wo eine schwarze Rauchwolke aus dem Schornstein der Schwedenfähre quoll, die sich gerade zur Abfahrt nach Stockholm bereit machte. Hinter dem Schiff wirbelte der Wind gelbes Laub im Park auf. In diesen nördlichen Breiten war der Herbst schon jetzt unaufhaltsam am Kommen.
»Kapitän Hagen«, sagte Thomson.
»Wolf! Ist etwas Dramatisches passiert?« Der Kapitän lächelte gelassen.
Thomson ärgerte sich über die gutwillige Gleichgültigkeit, mit der ihm der Kapitän begegnete. Er nahm die Grundrisszeichnungen von der Anlegestelle in St. Petersburg aus seiner Mappe und sagte, er mache sich Sorgen über die Sicherheitsstandards im dortigen Hafen.
»Ich schlage vor, dass die Passagiere den Ausgang der Crew benutzen. Der Weg zu den Aufzügen ist länger, aber in dem Gang, der zur Halle führt, ist eine Überwachungskamera angebracht, was unsere Arbeit erleichtert.«
Der Kapitän schüttelte den Kopf. »Viele Gäste werden am Abend zu einer privaten Ballettvorführung im Schuwalow-Palast gehen. Das ist eine kleine Überraschung von Emerald Cruises, ein kostenloser Abendausflug mit Champagner. Da kann man nicht durch den Crewbereich an Land gehen. Plastikfußboden und so weiter … das passt einfach nicht.«
Frustriert ging Thomson einige Routinefragen durch, die vom Kapitän mit etwas mehr Wohlwollen zur Kenntnis genommen wurden.
»Eines noch«, sagte Thomson zum Schluss, während er seine Unterlagen wieder in der Mappe verstaute. »Unter den Passagieren befindet sich ein Mann namens Philippe Delacroix. Er handelt mit gestohlenen Kunstwerken, aber es liegen nicht genügend Beweise gegen ihn vor. Das ist jetzt seine zweite Kreuzfahrt innerhalb von vier Monaten, insgesamt hat er für die Tickets 95 000 Dollar auf den Tisch gelegt.«
»Und weiter?«
»Ich meine nur, dass sich so ein Schiff gut eignet, um diverse Wertgegenstände zu transportieren.«
»Wollen Sie damit sagen, wir sollten dem Herrn gegenüber irgendwelche Maßnahmen ergreifen?«
»Das hängt davon ab, was für Informationen ich über ihn bekomme. Kann sein, dass ich irgendwann um Ihre Vollmacht bitten werde, seine Kabine durchsuchen zu dürfen.«
»Sie wissen, dass wir das stets bis zuletzt vermeiden. Aber ich schätze Ihre Akribie, Thomson.«
Thomson dankte dem Kapitän und ging. Als er in den Kabinengang trat, stellte er fest, dass der Steward mit seinem Wagen verschwunden war. Er blieb bei dem Verteilerkasten stehen und versuchte, ihn zu öffnen. Die Tür war abgeschlossen, wie es sich gehörte. Alle Verteilerkästen
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