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Operation Overkill

Operation Overkill

Titel: Operation Overkill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Commander James Barrington
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Washington, D.C.
    Seine Exzellenz Stanislaw Nikolai Karasin, Botschafter und Sonderbevollmächtigter der Gemeinschaft unabhängiger Staaten, saß etwas steif auf dem Ledersessel und blickte zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika.
    »Mr. President«, begann er förmlich. »Vielen Dank, dass Sie mich noch heute Abend empfangen. Es geht um eine ernste Angelegenheit.«
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    Der grauhaarige Mann, der ihm gegenübersaß, lä-
    chelte leicht. »Es ist mir doch stets ein Vergnügen, Sie zu sehen, Mr. Ambassador. Womit kann ich Ihnen dienen?«
    Der russische Diplomat zögerte einen Moment. Als er sich zu Wort meldete, klang er beinahe so, als wäre ihm die Sache peinlich. »Mr. President, wie Sie wissen, haben unsere beiden Länder ein bilaterales Abkommen geschlossen, demzufolge sie sich verpflichten, einander mitzuteilen, wenn eine größere militärische Übung oder ein Einsatz geplant ist. Dennoch haben unsere technischen Aufklärungssysteme festgestellt, dass Ihre Streitkräfte in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt wurden – ich glaube, man bezeichnet das als ›Defence Condition Four‹. Außerdem fielen uns verstärkte Aktivitäten in vielen militärischen Einrichtungen auf.
    Hat Ihr Generalstab möglicherweise vergessen, uns von einem geplanten Manöver in Kenntnis zu setzen?«
    Karasin verstummte und wartete.
    Der Präsident schaute ihn ruhig an. »Wir haben kein Manöver geplant, Mr. Ambassador«, erwiderte er. »Wir haben unsere Streitkräfte tatsächlich in erhöh-te Alarmbereitschaft versetzt, aber dabei handelt es sich nur um eine Vorsichtsmaßnahme.«
    »Eine Vorsichtsmaßnahme? Wogegen, Mr. President?«, fragte Karasin in scharfem Tonfall.
    Der Präsident wartete einen Moment, bevor er antwortete. »Ich hatte gehofft«, sagte er schließlich, »dass Sie mir das vielleicht erklären könnten.«
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    Battersea, London
    Als Richter fertig war, stand Simpson auf und goss sich ein weiteres Glas Scotch ein. »Sind Sie sich dessen sicher? Mir kommt das verdammt unwahrscheinlich vor.«
    »So sicher, wie es nur geht«, erwiderte Richter.
    »Auf jeden Fall ist das meiner Ansicht nach die einzige Erklärung, die zu allen Fakten passt. Wenn Ihnen etwas Besseres einfällt, möchte ich es hören. Ich will damit lediglich sagen, dass mir die Erklärung, die ich gerade vorgetragen habe, am einfachsten und am wahrscheinlichsten vorkommt, und solange man mir keine einfachere und wahrscheinlichere bietet; gehe ich davon aus, dass sie zutrifft.«
    Simpson trank einen Schluck Scotch und ging vor dem elektrischen Kaminfeuer auf und ab. »Na schön«, sagte er. »Angenommen, Ihre Vermutung ist richtig –
    warum wollen die Russen Sie töten, und was haben sie als Nächstes vor?«
    Richter nippte an seinem Kaffee. »Ich weiß es nicht genau, aber ich kann raten. Gehen wir die Vorfälle der Reihe nach durch. Sie schnappen sich den Stationsleiter in Moskau und foltern ihn zu Tode. Ich kreuze auf und stelle Nachforschungen an, angeblich im Auftrag einer Versicherungsgesellschaft. Entweder hat mich in Moskau jemand erkannt, oder sie haben zumindest vermutet, dass ich kein Versicherungsvertreter bin.
    Deshalb der Anschlag in Scheremetjewo. Danach wird mein Bild nach London durchgegeben, an die russi-387

    sche Botschaft, verbunden mit dem Auftrag, mich zu beobachten. Vermutlich hat man mich beschattet, als ich in Heathrow gelandet bin. Vielleicht haben sie sogar mein Telefon angezapft – ich traue denen durchaus zu, dass sie jemanden in Tinkerbell sitzen haben.«
    Tinkerbell ist ein unscheinbares graues Gebäude an der Ebury Bridge Road, gegenüber den Chelsea Bar-racks, in dessen Schaltzentrale Telefongespräche in ganz Großbritannien abgehört werden können. Im Ja-nuar 1980 stand es im Mittelpunkt heftiger Debatten, als von bestens unterrichteter Quelle (es handelte sich um Leute, die dort beschäftigt waren) behauptet wurde, das illegale Anzapfen von Telefonanschlüssen sei an der Tagesordnung. Die Geräte in Tinkerbell können gleichzeitig weit über eine Million Telefongesprä-
    che überwachen und aufzeichnen. Offiziell wird das Gebäude vom Post Office für technische Entwicklungen genutzt, was auch stimmt, aber das ist nur die halbe Wahrheit.
    »Jedenfalls bin ich mir sicher«, fuhr Richter fort,
    »dass sie herausgefunden haben, wo ich wohne und arbeite. Danach bin ich bei JARIC aufgekreuzt, wovon kaum ein Versicherungsvertreter jemals etwas gehört haben dürfte, geschweige denn schon mal dort gewesen ist.

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