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Operation Overkill

Operation Overkill

Titel: Operation Overkill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Commander James Barrington
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unverwandt an, während er sich langsam auf seinen Sessel sinken ließ.
    »Mr. President«, sagte er, »von einem derartigen Plan weiß ich nichts, nicht das Geringste. Diese Unterstel-lung ist« – er suchte nach dem richtigen Wort – »ist schlicht ungeheuerlich. Die Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern sind, glaube ich, nie besser gewesen. Warum sollten wir es zu diesem Zeitpunkt auf einen Konflikt anlegen?«
    »In der Tat, Mr. Ambassador, warum?«, sagte der Präsident. »Dennoch liegen uns diesbezügliche Hinweise vor.«
    Karasin wirkte wie vom Donner gerührt. Er schüttelte den Kopf und stand auf. »Ich muss Rat einholen«, sagte er. »Dringenden Rat. Unterdessen, Mr. President, ersuche ich Sie mit allem Nachdruck, nichts zu unternehmen, was die Situation weiter verschärfen könnte.«
    Der Präsident blickte ihn an. »Wir werden nichts unternehmen, was nicht notwendig ist«, erwiderte er.
    »Aber wir glauben, dass Ihr Land ganz allein für diese Situation verantwortlich ist.«
    Karasin schüttelte den Kopf. »Ich weiß nichts davon«, wiederholte er. »Nicht das Geringste. Ich danke Ihnen, Mr. President. Ich werde mich so bald wie möglich bei Ihnen melden.« Der Russe schüttelte ihm kurz die Hand und ging forschen Schrittes hinaus.
    »Nun?«, fragte der Präsident.
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    Walter Hicks, der schweigend im hinteren Teil des Zimmers gesessen und während des Gesprächs aus einem der hohen Fenster geblickt hatte, stand auf und ging langsam auf den Schreibtisch des Präsidenten zu.
    »Sie kennen ihn besser als ich, Sir«, sagte er. »Wie war Ihr Eindruck?«
    Der Präsident nahm wieder Platz, diesmal hinter dem Schreibtisch. »Ich kenne Karasin seit drei Jahren«, sagte er. »Normalerweise ist er ein mustergültiger Diplomat, der jedes Wort genau abwägt. So habe ich ihn noch nie erlebt. Wenn ich es nicht besser wüss-te«, schloss er nachdenklich, »würde ich sagen, er weiß tatsächlich nichts davon.«
    Orpington, Kent
    Wladimir Iljitsch Orlow besaß einen Diplomatenpass und war offiziell Dritter Sekretär an der Londoner Botschaft der Gemeinschaft unabhängiger Staaten, wo er vor allem für kulturellen Austausch und industrielle Entwicklung zuständig war. Dritte Sekretäre stehen in der Hackordnung im Allgemeinen ziemlich weit unten, aber Orlow wohnte in einem großen, allein stehenden Haus, hatte einen Leibwächter und einen Chauffeur und wurde regelmäßig bei bedeutenden Anlässen in der Botschaft gesehen, wo ihn jeder, vom Botschafter abwärts, mit offenkundiger Hochachtung behandelte. Aus einem einfachen Grund – Orlow war Oberst des SWR und damit der ranghöchste der zahl-393

    reichen SWR-Offiziere, die an der Botschaft tätig waren. Außerdem leitete er mindestens drei Spionage-ringe – zumeist aus kleinen Zuträgern bestehend, die in der Industrie beschäftigt waren oder allenfalls am Rande mit dem Militär zu tun hatten –, über die der SIS Bescheid wusste, und vermutlich noch ein paar andere.
    Er war buchstäblich der mächtigste Russe in Groß-
    britannien, und der FOE hatte in Hammersmith ein gut vier Zentimeter dickes Dossier über ihn vorliegen.
    Richter war sich darüber im Klaren, dass es nicht einfach werden würde, mit ihm zu reden. Die Akte enthielt auch einen Stoß Bilder von dem Haus. Das Grundstück, auf dem es stand, war von dichten Hecken und zur Straße hin von einer Ziegelmauer umgeben. Das Tor hatte zwei Flügel und wurde per Fernbedienung von Orlows Dienstwagen oder vom Haus aus elektrisch geöffnet. Sämtliche Fenster im Erdgeschoss waren vergittert, die Türen an Vorder-und Rückseiten mit Stahlplatten verstärkt. Es lud, wie Richter wusste, nicht unbedingt zu einem Einbruch ein.
    Etwa hundert Meter vor dem Haus hielt er am Stra-
    ßenrand und stellte den Motor der Honda ab. Er wuchtete die Maschine auf den Ständer, zog den Zündschlüssel ab, verstaute seinen Helm in der Ablage unter dem Sitz, schaltete sein Handy aus und marschierte los. Es war ziemlich hell, da der Mond nur gelegentlich hinter den Wolken verschwand, was ihm mehr oder weniger recht war. Richter rechnete zwar 394

    nicht damit, dass in dem Haus noch jemand wach war, aber dank des Mondlichts konnte er eventuelle Gräben oder Hindernisse umgehen, die Orlow möglicherweise absichtlich oder zufällig auf dem Grundstück angelegt hatte.
    Er tastete die Mauerkrone ab, stieß aber weder auf Glas noch auf Stacheldraht. Vor allem aber fand er nichts, was auf eine Alarmanlage hindeutete. Er blickte

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