Operation Overkill
aufgedeckt, aber ich weiß nicht, ob das zu diesem Zeitpunkt genügt, um die Sache zu verhindern. Meiner Ansicht nach nicht. Ich nehme an, dass Minister Truschenko lediglich etwas früher losschlagen wird als ursprünglich vorgesehen.«
Obwohl die Sonne schien, fröstelte Richter mit einem Mal. »Er würde trotzdem weitermachen, obwohl die für London bestimmte Waffe nicht in Stellung gebracht wurde und die britische Atomstreitmacht einsatzbereit ist?«
»Vermutlich«, erwiderte Modin. »Sie müssen sich darüber im Klaren sein, dass Dimitri Truschenko vier 661
Jahre seines Lebens für Operation Podstawa geopfert hat. Er wird nicht einfach zusehen, wie sein Vorhaben scheitert. Er ist ein von Ehrgeiz getriebener Mann, Mr.
Beatty, und ehrgeizige Männer sind gefährlich. Ich glaube, er wird weitermachen, weil er dieses Unternehmen geplant hat und weil es nach wie vor gelingen könnte. Es könnte nach wie vor gelingen«, fügte er hinzu, »weil Großbritannien und Europa wenig miteinander gemein haben. Trotz Europäischer Union, trotz Kanaltunnel und aller Beteuerungen von Seiten des Europaparlaments ist Großbritannien immer noch eine Insel. Daher wäre es doch möglich – Minister Truschenko jedenfalls könnte es für möglich halten –, dass Großbritannien nicht eingreift, wenn russische Truppen in Europa einmarschieren.«
Richter dachte einen Moment lang darüber nach.
»Sie haben gesagt, es ginge um drei Sachen, General.
Was ist der dritte Punkt?«
Modin schaute ihn an. »Im Grunde genommen geht es um die gleiche Sache, wenn auch unter einem etwas anderen Vorzeichen«, sagte er. »Sie haben noch nicht die entscheidende Frage gestellt, Mr. Beatty, denn eine Antwort steht noch aus. Sie wissen über die Sprengsätze in Amerika Bescheid. Sie wissen von den in Europa in Stellung gebrachten Neutronenbomben.
Aber Sie haben noch nicht gefragt, wie dieses Unternehmen in die Wege geleitet werden soll. Wie Minister Truschenko die westeuropäischen Regierungschefs davon überzeugen will, dass sie sich unseren Forderungen fügen müssen.«
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»Schießen Sie los«, sagte Richter.
»In der letzten Phase von Operation Podstawa wird allen westeuropäischen Regierungen eine Stellung-nahme zugehen, in der genau dargelegt wird, was wir wollen. Aber Minister Truschenko rechnete nicht damit, dass eine bloße Aufforderung genügen würde.
Deshalb hat er vor, zunächst eine Waffe zu Demonstrationszwecken zu zünden.« Modins Miene verdüsterte sich. »Ich wollte auch das verhindern oder wenigstens dafür sorgen, dass diese Demonstration irgendwo anders stattfindet. Ich wollte, dass er die Bombe in einer Wüste oder irgendeinem anderen abgelegenen Landstrich zündet, damit es keine oder nur wenige Todesopfer gibt, aber er lehnte meine Einwände ab, Truschenko wollte sie an einem Ort hochgehen lassen, der so weit von den großen Ballungs-zentren entfernt ist, dass sich die Anzahl der Opfer in Grenzen hält, damit die Franzosen oder die Briten nicht mit einem atomaren Gegenschlag reagieren.
Dennoch wird es viele Tote geben, denn er möchte zeigen, dass er es ernst meint. Und er will die gewaltige Sprengkraft der strategischen Neutronenbombe demonstrieren.«
Richter spürte, wie sein Mund trocken wurde. »Wo ist die Bombe?«, fragte er. »Wo soll diese Demonstration vonstatten gehen?«
»In Gibraltar«, erwiderte Modin. »Ein russischer Frachter, die Anton Kirow , ist dort bereits mit ›Maschinenschaden‹ eingelaufen. Die Besatzung besteht fast ausschließlich aus Speznas -Männern, und im Fracht-663
raum des Schiffes befindet sich eine Neutronenbombe mit einer Sprengkraft von etwa sieben Megatonnen.
Das sollte genügen, um Felsen und Stadt in Schutt und Asche zu legen und sämtliche Bewohner von Gibraltar sowie einen Großteil der Bevölkerung von La Linea und Algeciras zu töten. Die Speznas haben den Befehl, das Schiff und seine Fracht bis zum letzten Mann zu verteidigen. Die Bombe soll morgen entladen und in ein Lagerhaus in Gibraltar gebracht werden. Aber sie kann auch an Bord des Schiffes gezündet werden.« Modin strich sich über die Stirn. »Ich weiß es natürlich nicht genau, Mr. Beatty, aber wenn meine Nachricht in Moskau eintrifft, wird Minister Truschenko meiner Meinung nach die Bombe innerhalb kurzer Zeit – seien es ein paar Stunden oder auch nur wenige Minuten – per Satellit zünden.« Er warf einen Blick auf seine Uhr. »Jetzt ist es sechs Uhr abends.
Meiner Schätzung nach haben Sie
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