Operation Overkill
die Achseln. »Die Frage nach dem Wie lässt sich leicht beantworten. Was den Standort angeht, bin ich mir nicht ganz sicher. Die Verbindung erfolgt über eine so genannte Erdfunkstation. Das ist im Grunde genommen nichts anderes als eine große Satellitenschüssel, die ständig auf den Satelliten ausgerichtet ist. Sie sendet Funksignale an den Satelliten und empfängt ihrerseits Mitteilungen von ihm. Ich weiß nicht, wo sie sich befindet, aber ich tippe auf Petschora.«
»Und wenn man die Waffen zünden will?«
»Jede Bombe hat ihr eigenes Erkennungszeichen, genau wie der Satellitenempfänger, den man daheim 750
vor dem Fernseher stehen hat. Wenn man zum Beispiel die Waffe in Los Angeles auslösen will, wählt man den entsprechenden Code und gibt ›Zünden‹ ein, oder was auch immer, und ein paar Minuten später verwandelt sich ein großer Teil von Los Angeles in ei-ne Staubwolke. Wenn man alle auslösen will, gibt man sämtliche Codes gleichzeitig ein.«
Danach herrschte eine Zeit lang Schweigen. »Und derjenige, der ihn bedient?«, fragte Richter. »Wo ist der? In Krutaja?«
»Der könnte auch irgendwo anders sein«, erwiderte Baker. »Deswegen wurden ja die unterirdischen Kabel verlegt. Sie leiten die Signale zu und von der Erdfunkstation weiter. Aber über sie hat man auch von ganz Russland aus – im Grunde genommen sogar von jedem beliebigen Ort auf der Welt – Zugang zu dem Computer. Die Jungs, die in dem Gebäude in Krutaja sitzen und auf die Bildschirme glotzen, sind vermutlich in erster Linie Wartungspersonal. Die achten lediglich darauf, dass der Computer betriebsbereit ist.
Sie sichern Daten und Dateien, überprüfen die Rech-nerkapazität, sehen zu, dass die Klimaanlage funktioniert und die Waschbecken nicht überlaufen und die Stromleitungen unter Wasser setzen und dergleichen mehr. Das eigentliche Bedienungspersonal«, betonte er, »sitzt in Moskau, vermutlich in Jasenewo. Sie sind per Telefon mit dem Computer in Krutaja verbunden und erteilen von dort aus ihre Befehle. Sie müssen sich nicht nach Krutaja begeben – genau genommen müssen sie nicht einmal wissen, wo sich der Computer be-751
findet. Sie brauchen lediglich eine Telefonnummer, einen Benutzernamen und ein Passwort. Das ist ja das Schöne an diesem System. Man hat jederzeit Zugriff.
Außerdem«, fügte er hinzu, »kommen wir auf diese Weise rein.«
»Aha?«, sagte Richter.
»Modin hat Ihnen doch erklärt, dass die Waffen via Satellit vorübergehend oder für immer entschärft werden können. Wir müssen also lediglich in den Computer in Krutaja eindringen, ihm klar machen, dass wir zugriffsberechtigt sind, und ihm den Befehl erteilen, sämtliche Waffen ein für alle Mal zu entschärfen.«
Alle schauten ihn an. »Geht das denn so einfach?«, fragte Simpson.
»Wenn die russischen Programmierer etwas von ihrem Handwerk verstehen«, erwiderte Baker, »wird es verdammt schwer werden. Die Telefonnummer, über die der Computer angewählt wird, dürfte noch am einfachsten zu erfahren sein – einer meiner Computer erledigt das zurzeit. Deswegen kann ich auch hier rumsitzen und Ihnen alles erklären. Der Benutzername und das Passwort dürften uns größere Schwierigkeiten bereiten.«
»Und wie wollen Sie die rauskriegen?«, fragte Richter.
»Na ja, vielleicht hilft uns das System von sich aus.
Viele starke Computernetze haben Hilfsprogramme, damit sich der Benutzer damit zurechtfindet. Ich halte es allerdings für unwahrscheinlich, dass der Compu-752
ter in Krutaja über so was verfügt. Wenn nicht, müssen wir einfach sämtliche Benutzernamen und Passwörter ausprobieren, die uns einfallen. Hacker gehen für gewöhnlich immer so vor. Es gibt ein paar Tricks, die wir ausprobieren können, aber im Gegensatz zu den meisten Hackern haben wir einen großen Vorteil
– wir kennen die Namen vieler Personen, die an diesem Projekt beteiligt sind. Modin, Bykow, Truschenko und so weiter. Beim Umgang mit Computern gibt es eine Regel, auf die man sich stets verlassen kann –
wenn man jemanden auffordert, sich ein Passwort auszudenken, nimmt er so gut wie immer einen ihm bekannten Namen, ein Datum oder einen Ort. Wir müssen lediglich herausfinden, welchen Namen, welches Datum oder welchen Ort. Und dazu«, fügte er hinzu, »brauchen wir Sie.«
Downing Street Nr. 10, London
»Ich habe verstanden, was Sie damit sagen wollen, Mr. Prime Minister«, sagte Michail Wiktorowitsch Scharow, russischer Botschafter am britischen Kö-
nigshof,
Weitere Kostenlose Bücher