Operation Overkill
über den Schalter und nahm den Hörer entgegen. »Ja?«
»Richter? Sind Sie sicher, dass Sie keine Bazooka möchten oder eine kleine Haubitze? Was zum Teufel wollen Sie mit so einer Waffe anstellen?«
»Ich will eine Waffe, die nicht klemmt. Ich will eine Waffe, mit der ich jemanden aufhalten kann, wenn es sein muss. Und ich will eine Waffe, mit der ich aus fünfzig Metern Entfernung schießen kann und zumindest den Hauch einer Chance habe, mein Ziel zu treffen.«
»Was haben Sie gegen die Browning? Das ist die Standard-Waffe der NATO, wie Sie wissen sollten.«
»Das weiß ich«, erwiderte Richter. »Ich weiß auch, dass die britische Armee in Wiltshire ein ganzes Lagerhaus mit Zentralheizung unterhält, in dem Zaum-zeug und Zuggeschirre für Mulis lagern, obwohl alle davon ausgehen, dass sie mit Kampfpanzern und Dreitonnern in den nächsten Krieg ziehen. Nur weil die Browning die Standard-Waffe der NATO ist, heißt 254
das noch lange nicht, dass sie was taugt. Sie ist klasse, wenn man jemanden in Schach halten will, oder beim Kampf auf engstem Raum, zum Beispiel in einer Telefonzelle. Bei allem anderen ist man hoffnungslos auf-geschmissen. Deswegen möchte ich den Smith.«
Simpson schnaubte. »Okay, okay. Sie können den 586er bekommen. Geben Sie mir den Waffenmeister.«
»Danke«, sagte Richter und reichte den Hörer weiter.
Das Schulterholster trug ziemlich auf. Als Richter die Waffe ins Holster schob, wurde ihm klar, dass er ständig darauf achten musste, nicht schief zu gehen.
Er steckte eine Schachtel mit fünfzig Schuss Munition in die Jackentasche und folgte dem Waffenmeister über eine Treppe in den schalldichten Keller hinab.
Der Waffenmeister schloss die Stahltür auf und winkte Richter in den Fünfundzwanzig-Meter-Schießstand.
Er schaltete das Licht an, dann die rote Lampe über der Tür und wies Richter gründlich in den Umgang mit der Waffe ein. Richter hörte aufmerksam zu – er passte immer genau auf, wenn es um etwas ging, das ihm das Leben retten konnte.
Die Waffe war groß und schwer – eine 357er-Magnum-Patrone kann man nicht mit einer leichten Waffe abfeuern –, aber auch handlich und gut ausbalanciert.
Der Waffenmeister gab Richter eine Schachtel mit zwanzig Patronen. Richter trat an den Stand und wandte sich der Zielscheibe zu, hob den Revolver mit der rechten Hand, schlang die linke um das rechte Handgelenk und drückte ab. Trotz der Ohrschützer 255
wurde er fast taub, und die Waffe in seiner Hand bockte, als wäre sie lebendig, und riss seinen Arm hoch. Richter zielte erneut und drückte wieder ab.
Dann noch einmal, und immer wieder, bis er alle sechs Schuss abgefeuert hatte.
Der Waffenmeister hatte das Fernglas auf die Zielscheibe gerichtet. »Nicht schlecht, Mr. Richter«, sagte er. »Sechs Treffer, einmal mitten ins Schwarze. Meiner Meinung nach halten Sie ein bisschen zu tief und ein bisschen zu weit rechts. Darf ich mal?« Richter reichte ihm den Revolver und sah zu, wie er das Visier verstellte. »Halten Sie diesmal ein bisschen links vom Ziel und geben Sie vorerst nur drei Schüsse ab. Danach stelle ich ihn noch mal nach.«
Richter lud drei Patronen nach und feuerte sie laut Anweisung ab, dann reichte er dem Waffenmeister den Revolver, der die leeren Hülsen auswarf, ehe er erneut das Visier nachstellte. »Die Höhe scheint jetzt in etwa zu stimmen, aber Sie halten immer noch ein bisschen zu weit nach rechts. Probieren Sie’s mal damit.«
Mit den nächsten drei Schüssen war er zufrieden.
Der Waffenmeister ging zum anderen Ende des Schießstands und hängte zwei weitere Scheiben auf.
Dann lud Richter nach. Er nahm sich zuerst die linke Scheibe vor, zielte so kurz wie möglich und gab in rascher Folge sechs Schüsse ab – bei einem Feuergefecht bleibt der Gegner auch nicht eine halbe Minute lang im Scheinwerferlicht stehen und wartet, bis man in der richtigen Schusshaltung ist und Ziel genommen 256
hat. Zufrieden stellte er fest, dass alle sechs Schüsse Treffer waren, auch wenn er mit den erzielten Punkten in Bisley nichts geschnitzt hätte. Die letzten beiden Patronen verschoss er auf die rechte Scheibe, und diesmal ließ er sich Zeit.
»Prima, Sir. Einer mitten drin, ein Neuner.«
»Danke.« Richter legte die Hülsen in die leere Schachtel, holte seine Fünfziger-Packung heraus, lud nach und schob den Revolver ins Holster.
Der Waffenmeister warf ihm einen beifälligen Blick zu. »Ganz recht«, sagte er. »Eine Waffe nützt nichts, wenn sie nicht
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