Operation Overkill
arabische Beitrag zu dem Unternehmen, musste genau abgestimmt und zum richtigen Zeitpunkt ausgeführt werden. Und das war nur möglich, wenn keinerlei Gegenmaßnahmen getroffen wurden.
Deshalb mussten sie unverzüglich über alle weiteren Aktionen der Amerikaner unterrichtet werden.
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Khamil wusste, dass er sich auf Hassan Abbas verlassen konnte, der durch Dimitri Truschenko über alle Vorgänge in Russland Bescheid wusste und ihn ständig auf dem Laufenden hielt. Und die beste Informationsquelle über die Maßnahmen der Amerikaner war vermutlich CNN. Ich muss mich nur öfter vor den Fernseher setzen, dachte er mit einem Lächeln.
Hammersmith, London
An diesem Nachmittag fand Richter den ersten Hinweis. Es war nur eine Kleinigkeit, und er wusste auch nicht, ob sie irgendetwas zu bedeuten hatte, aber er war der Meinung, dass er Simpson Bescheid sagen sollte. Bevor er ihn anrief, schlug er im Basic Intelligence Digest (GUS) nach, wo er genau das fand, was er erwartet hatte, und anschließend nahm er sich eine Personalakte vor, die ihn eher verwirrte. Danach meldete er sich über den Direktanschluss bei Simpson und erklärte ihm, dass er ein paar Minuten seiner kostbaren Zeit für ihn erübrigen müsse.
»Was haben Sie entdeckt?«, fragte Simpson, ohne von der offenen Akte aufzublicken, in die er gerade einen Vermerk schrieb. Sein Schreibtisch war mit rosa Aktenordnern übersät, darunter einige offene, aber er wirkte nachdenklicher als üblich.
»Nicht viel«, erwiderte Richter. »Aber ich habe festgestellt, dass sich Newmans Nummer zwei etwa fünf Tage vor dem Flug des Blackbird an einem Ort auf-267
hielt, der praktisch genau in der Mitte von dem Gebiet liegt, das die Maschine überflogen hat.«
Simpson hielt mitten in der Zeile inne, blickte auf und legte den Füllfederhalter weg. »Wo, wann, und was hat er dort getan?«
Richter nahm vor dem Schreibtisch Platz und warf einen Blick auf die Akte mit dem Tätigkeitsbericht der Station Moskau, die er mitgebracht hatte. »Der Ort heißt Sosnogorsk, und laut Auskunft des SIS war er letzten Monat zwei Tage lang als Dolmetscher dort.«
»Wer war Newmans Stellvertreter?«
»Andrew Payne. Er lebt und ist wohlbehalten. Er leitet derzeit die Station Moskau, bis ein neuer Mann ernannt wird.«
Simpson dachte einen Moment lang darüber nach.
»Gut«, sagte er. »Berichten Sie mir über Sosnogorsk, aber verraten Sie mir zunächst einmal, wo das liegt.«
»Es ist eine russische Kleinstadt in der Region Ko-mi. Die nächstgrößere Stadt heißt Uchta. Sie liegt etwa vierhundert Meilen östlich von Archangelsk, westlich des Ural und in der Nähe der Eisenbahnstrecke, die von Konoscha nach –«
»Ich habe nicht vor, dort meinen Urlaub zu verbringen, Richter. Kommen Sie zur Sache.«
»Sie wollten es wissen. Es liegt im Niemandsland.
Im BID (GUS) steht nichts darüber, und soweit wir wissen, ist diese Stadt nachrichtendienstlich von keinerlei Bedeutung.«
»Was wollte Payne dann dort?«
Richter zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht«, sag-268
te er. »Die einzige militärische Anlage, die es in dieser Gegend weit und breit gibt, ist die große Radarstation bei Petschora. Aber das ist etwa hundertfünfzig Meilen weiter nordöstlich. Und Sosnogorsk hätte er nicht verlassen können, ohne Aufmerksamkeit zu erregen.«
Simpson nahm seinen Füller und schraubte gewissenhaft die Kappe auf. Dann schraubte er sie wieder ab und richtete die Feder auf Richter. »Vielleicht hat er das getan.«
»Was?«, fragte Richter.
»Aufmerksamkeit erregt. Vielleicht haben sie sich Newman deshalb geschnappt.«
»Sie sind nie im Außendienst gewesen, was?«, fragte Richter. Genau genommen war Simpson von Berufs wegen überhaupt kein Nachrichtendienstmann. Vor seiner Ernennung zum Leiter des Foreign Operations Executive war er ein Mandarin gewesen, ein hoher Verwaltungsbeamter. Seine mangelnde Erfahrung mit
»richtiger« Geheimdienstarbeit hatte anfangs zu einer gewissen Verstimmung sowohl beim FOE als auch beim SIS geführt, aber mit seiner unbestreitbaren Kompetenz und der Rücksichtslosigkeit, mit der er sich seiner Aufgabe widmete, hatte er die Kritiker rasch zum Schweigen gebracht.
»Als ich sagte, dass Payne Sosnogorsk nicht verlassen konnte, ohne Aufmerksamkeit zu erregen«, fuhr Richter fort, »habe ich gemeint, dass er Sosnogorsk überhaupt nicht verlassen konnte. Er hatte vermutlich einen oder zwei Aufpasser, die dafür sorgten, dass er nur das zu sehen bekam, was ihn
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