Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Operation Romanow

Operation Romanow

Titel: Operation Romanow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Meade
Vom Netzwerk:
Haut abhoben. Sie schlief. »Wie lautet die Diagnose?«
    »Sie hat eine Schusswunde an der linken Schulter. Es ist keine schlimme Verletzung. Sie wird sich wieder erholen. Bei ihrem Bruder sieht die Sache anders aus. Die Kugeln haben sein linkes Bein zertrümmert. Er müsste schon viel Glück haben, wenn er eines Tages wieder laufen kann.«
    Boyle betrachtete Lydia noch immer. Jetzt, da sie schlief, sah ihr Gesicht unglaublich friedlich aus, und es war ihm so vertraut, dass es fast unheimlich war. Instinktiv legte er eine Hand auf ihre Wange. In der Stille des Raumes drangen zwei Dinge in sein Bewusstsein: der Regen, der gegen die Scheibe trommelte, und der Blick der Nonne. Er zog seine Hand zurück.
    »Kennen Sie sie, mein Sohn?«
    Boyle richtete seinen Blick wieder auf die Nonne. »Wir sind uns nie zuvor begegnet, aber sie erinnert mich an meine verstorbene Tochter.«
    »Es tut mir leid.« Die Nonne bekreuzigte sich, zog einen Rosenkranz unter der Tracht hervor und ließ ihn durch ihre knöchernen Hände gleiten. »Gebete helfen immer, wissen Sie.«
    Die Erinnerung an die entsetzliche Trauer kehrte zurück und legte sich wie ein dunkler Schatten auf Boyles Gesicht. »Sie wissen, was man über Gott sagt. Gibt es ihn, gibt es ihn nicht? Sobald man ein Kind verliert, haben alle Argumente, die belegen wollen, dass es Gott nicht gibt, keine Bedeutung mehr – gleichzeitig scheint der Verlust, den man erfahren hat, der beste Beweis zu sein, dass es Gott nicht geben kann . Und genau das macht es so schwer, an ihn zu glauben.« Die Nonne legte ihre Hand auf seinen Arm. »Aber er glaubt an Sie , mein Sohn. Vergessen Sie das niemals.«
    Die frommen Worte der Nonne berührten ihn. »Wissen Sie, wo ich eine Droschke finde, die mich zur Sackville Street bringt? Ich habe dort eine Verabredung«, sagte Boyle und nahm seinen Hut.
    »Vor dem Haupteingang des Krankenhauses ist ein Droschkenstand. In einer so verregneten Nacht wie heute müssen Sie vermutlich eine Weile warten.« Die Nonne musterte Boyle intensiv, als verwirrte sie dieser Mann. »Wer sind Sie, Sir?«, fragte sie.
    Boyle setzte den Hut auf. »Es ist seltsam, denn diese Frage stelle ich mir schon seit Jahren. Beten Sie einen Rosenkranz für mich, Oberschwester, vielleicht kann mir das noch helfen.«

21. KAPITEL
    Dublin
    Zwanzig Minuten später setzte eine Droschke Boyle vor dem Gresham Hotel in der Sackville Street in Dublin ab. Als er ausstieg, regnete es in Strömen.
    Hanna Wolkowa war schon da, als Boyle seine Suite im obersten Stock betrat. Sie saß auf einer roten Chaiselongue. In dem mit schweren Samtvorhängen dekorierten Raum brannte ein Feuer im Kamin.
    Sie sah jünger aus als dreißig. Mit der makellosen Figur und den hübsch geformten slawisch anmutenden Wangenknochen war sie für die Bühne geschaffen. Hanna Wolkowa strahlte Ruhe und Eleganz aus. Sie hatte große, ausdrucksstarke saphirblaue Augen.
    Boyle schüttelte den nassen Hut aus. »Auf Regen kann man sich in diesem Land immer verlassen. Ich finde, man sollte jedem Kind auf dieser Insel einen Regenschirm zur Geburt schenken.«
    Hanna stand lächelnd auf. »Ihr Iren scheint auf das Wetter fixiert zu sein, Joe«, sagte sie in leisem, ein wenig rauem Ton. Sie sprach fließend Englisch mit einem leichten russischen Akzent.
    Boyle zog den Mantel aus und hängte ihn ebenso wie den Hut auf einen Ständer neben der Tür, ehe er zum Barschrank ging. »Nur weil es so miserabel ist. Hier kommt man an vielen Tagen innerhalb einer Stunde in den Genuss aller vier Jahreszeiten. Möchtest du einen Drink? Ich könnte einen vertragen.«
    »Ja, ein Glas Wein wäre schön.«
    Boyle goss ihr einen Rotwein und für sich Bushmills-Whiskey ein und setzte sich zu ihr an den Kamin. Hanna wirkte müde und ungewöhnlich besorgt an diesem Abend. Das schwarze Etuikleid betonte ihre gute Figur. Außer einem Goldring und einer einfachen Halskette, an der das russische Kreuz hing, trug sie keinen Schmuck.
    »Ich würde gerne einen Toast aussprechen, doch ich habe keine guten Nachrichten.« Boyle reichte ihr das Glas, nippte an seinem Whiskey und seufzte. »Es wird einige Zeit dauern, bis sie sich erholt hat.«
    »Wie lange?«
    »Ich weiß es nicht. Ich kann morgen mit ihrem Arzt sprechen. Das Ganze ist verdammt ärgerlich. Lydia Ryan war genau die Richtige und hatte alle Voraussetzungen für die Aufgabe. Es ist unmöglich, zu diesem späten Zeitpunkt einen Ersatz für sie zu finden.«
    Hanna stellte ihr Weinglas ab. »Gibt es sonst

Weitere Kostenlose Bücher