Operation Romanow
Linker Hand erstreckte sich die Salzmarsch in der Bucht von Dublin. Lydia sah mitten auf der Straße das Motorrad und den Beiwagen auf der Seite liegen. Die Hinterräder drehten sich noch. Der Fahrer lag ausgestreckt auf dem Rücken, sein Beifahrer kniete neben ihm. Als er den Lastwagen sah, stand er auf und winkte aufgeregt, damit sie anhielten.
»Hab ich’s nicht gesagt. Man soll das Schicksal nicht herausfordern«, sagte Finn.
Mattie versteifte sich und drosselte das Tempo. »Das ist nicht unser Problem, Lydia. Es könnte auch eine Falle sein. Soll ich um sie herumfahren?«
Lydia, die auf den verwundeten Mann und den Beifahrer starrte, der verzweifelt mit den Armen fuchtelte, wusste nicht, wie sie sich entscheiden sollte. Ihr Gewissen regte sich. Sie wollte jedoch auch kein Risiko eingehen und tastete nach der Mauser in ihrer Tasche. »Bleib zwanzig Meter hinter dem Motorrad stehen. Lass den Motor laufen und halt die Augen offen.«
Mattie fuhr um den Unfallort herum und bremste. Lydia spannte den Hahn der Mauser, umklammerte sie mit der rechten Hand und schob den Ärmel ihrer Jacke darüber, um die Waffe zu verdecken. Ihr Blick wanderte die Straße hinauf und hinunter. Es war niemand zu sehen. »Wartet hier. Ich schau mal nach, was da los ist.«
»Sei vorsichtig, Lydia.«
»Das habe ich vor.«
Mattie griff hinter den Sitz und tastete nach dem Bergmann-Maschinengewehr, als Lydia ausstieg und auf den Beifahrer zuging.
Er war um die dreißig und hatte kurzes blondes Haar und blaue Augen. Er sah besorgt aus und sprach mit irischem Akzent. »Gott sei es gedankt, dass Sie angehalten haben! Wir sind etwas zu schnell gefahren, und als wir um die Kurve bogen, hat mein Freund die Kontrolle über das verdammte Motorrad verloren. Er kann sich nicht bewegen. Vielleicht hat er sich den Rücken verletzt.«
Lydia spähte zu dem Fahrer hinüber, der immer noch mitten auf der Straße lag und stöhnte. Er trug noch die Schutzbrille, aber sie sah, dass seine Augen geschlossen waren. »Er kann sich gar nicht bewegen?«, fragte sie.
In diesem Augenblick hörte Lydia ein leises unverkennbares Klicken, und im selben Moment drückte ihr der Mann etwas in die Seite.
»Doch, aber er ist unglaublich faul.« Der Blonde grinste und sprach auf einmal wie ein waschechter Londoner. Er umklammerte einen Revolver von Smith & Wesson und hatte sich mit dem Rücken zum Lastwagen vor Lydia aufgebaut, sodass die Insassen der Fahrerkabine seine Waffe nicht sehen konnten.
»Okay, du Rebellenschlampe, du tust jetzt ganz genau das, was ich sage! Geh zu meinem Kumpel. Wenn du deinen Freunden im Lastwagen ein Zeichen gibst, knall ich dich ab. Sie können dir sowieso nicht helfen. Wir haben euch in einen Hinterhalt gelockt.«
Aus dem Augenwinkel erkannte sie Männer in kakifarbenen Uniformen, die hinter einer Mauer auf der anderen Straßenseite hockten. Lydia rechnete sich ihre Chancen zur Flucht aus. Sie waren praktisch gleich null. Finn und Mattie drehten die Köpfe in ihre Richtung. Sie hatten keine Ahnung, was vor sich ging, aber sie sahen beunruhigt aus.
Der Blonde stieß sie mit dem Revolver an, als sie auf den auf der Straße liegenden Mann zugingen. »Knie dich hin, als wolltest du nachsehen, was ihm fehlt. Dann rufst du deine Freunde und sagst ihnen, dass du Hilfe brauchst. Wenn du versuchst, uns auszutricksen, knallen wir euch alle ab. Verstanden?«
Lydia hörte wieder ein Klicken und starrte auf den Motorradfahrer, der reglos auf der Straße lag. Sie sah den kleinen Revolver, den er in der Hand versteckte.
»Mach weiter mit dem Theater, Benny.« Er grinste Lydia an. »Mir gefällt deine Hose, mein Schatz. Dein Arsch kommt darin gut zur Geltung.«
»Zur Hölle mit dir«, fauchte Lydia.
Der Blonde feixte. Er stand noch immer mit dem Rücken zum Lastwagen und richtete die Waffe auf sie. »Das ist eine richtige Märtyrerin, Frank. Wahnsinn! Keine Sorge, mein Schatz, im Dubliner Schloss kannst du deine Beine für uns breit machen. Während einer leidenschaftlichen Nacht wirst du schon Benehmen lernen. Und ich werde derjenige sein, der es dir beibringt.«
Lydia musterte ihn mit eiskaltem Blick. »Es gibt da ein kleines Problem.«
»Ja, und welches?«, fragte der Blonde grinsend.
»Du wirst es nicht mehr erleben.«
Lydias rechte Hand, in der sie die Mauser versteckt hatte, schoss hoch. Sie drückte einmal ab und schoss dem Blonden eine Kugel durch das linke Auge, die ihn auf der Stelle tötete.
Blitzschnell drehte sie sich zu dem
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