Operation Sahara
finden, bevor die Streitkräfte Nigers oder Malis sie endgültig stoppten. Egal, ihr Leben war ohnehin nicht mehr wert als das Papier eines inflationären Dollars.
Er warf einen Blick auf den kleinen Radarschirm hinter dem Cockpit. Wenigstens da hatten sie Glück gehabt. Der Schirm war unbeschädigt und drehte sich noch. Es wäre schlimm gewesen, wenn sie den Fluß nachts oder bei schlechter Sicht ohne das Radar hätten befahren müssen. Der Verlust der satellitengestützten Navigationsanlage bedeutete, daß sie die Position, an der das Gift in den Fluß eintrat, anhand von Landmarken bestimmen mußten. Doch sie waren unverletzt, das Boot funktionierte noch und schoß mit fast 70 Knoten flußaufwärts. Im Augenblick bestand Pitts einzige Sorge darin, auf Treibholz oder einen unter Wasser liegenden Baumstumpf zu prallen. Eine Kollision bei dieser Geschwindigkeit würde den Schiffsboden aufreißen und das Boot in ein wirbelndes, sich überschlagendes Wrack verwandeln.
Glücklicherweise war der Fluß von Treibholz frei. Nach weiteren 18 Minuten liefen sie in die Republik Niger ein. Der Himmel war wolkenlos, und auf dem Fluß waren keine Militärboote zu sehen.
Vier Stunden später machten sie im Hafen der Hauptstadt Niamey fest. Nachdem sie Treibstoff an Bord genommen und das Geplapper der Zöllner hatten über sich ergehen lassen, durften sie weiterfahren.
Während die Gebäude von Niamey und die John-F.-Kennedy-Brücke, die den Fluß überspannte, hinter ihrem Heck zurückblieben, stellte Giordino gutgelaunt fest: »So weit, so gut.
Schlimmer können die Dinge sich nicht mehr entwickeln.«
»Überhaupt nicht gut«, erklärte Pitt, der am Steuer stand.
»Und die Dinge können sich sehr wohl noch verschlimmern.«
Giordino sah ihn an. »Wieso die schlechte Laune? Die Leute in dieser Gegend scheinen nichts gegen uns zu haben.«
»Das Ganze hat sich zu problemlos abgespielt«, erklärte Pitt langsam. »So funktioniert das nicht in diesem Teil der Welt.
Ganz bestimmt nicht in Afrika. Und ganz sicher nicht nach unserer Einlage mit den Kanonenbooten von Benin. Ist dir nicht aufgefallen, daß weder Polizei noch Militär zu sehen waren, als wir den Zöllnern unsere Pässe und Schiffspapiere vorgelegt haben?«
»Zufall?« Giordino zuckte die Schultern. »Vielleicht auch Schlendrian.«
»Nichts von beidem.« Pitt schüttelte ernst den Kopf. »Ich habe das Gefühl, daß irgend jemand sein Spielchen mit uns treibt.«
»Du glaubst, daß die Behörden in Niger von unserem Zusammenstoß mit der Flotte Benins wußten?«
»Hier verbreiten sich Nachrichten schnell. Ich bin ziemlich sicher, daß das Militär von Benin die Regierung von Niger informiert hat.«
Giordino war nicht überzeugt. »Warum haben die Beamten uns dann nicht verhaftet?«
»Keine Ahnung«, mußte Pitt zugeben.
»Sandecker?« vermutete Giordino. »Vielleicht hat er interveniert.«
Pitt schüttelte den Kopf. »Der Admiral mag in Washington ein einflußreicher Mann sein, doch sicherlich nicht hier.«
»Dann ist jemand hinter etwas her, das wir besitzen.«
»Scheint in diese Richtung zu laufen.«
»Aber was könnte das sein?« fragte Giordino gereizt. »Unsere Daten über die Umweltverschmutzung?«
»Bis auf Sandecker, Chapman und uns drei kennt niemand den Grund des Einsatzes. Es muß etwas anderes sein, es sei denn, es gibt eine undichte Stelle.«
»Und was?«
Pitt grinste. »Was hältst du von unserem Boot?«
»Die
Kalliope!«
Giordino wollte es nicht glauben. »Da mußt du dir schon einen besseren Grund einfallen lassen.«
»Nein«, erwiderte Pitt ausdruckslos. »Denk mal darüber nach.
Ein ganz spezielles Boot. Heimlich gebaut. Fährt 70 Knoten und hat genug Feuerkraft, um einen Hubschrauber und zwei Kanonenboote innerhalb von drei Minuten zu vernichten. Jeder westafrikanische Führer würde alles dafür geben, um es zu bekommen.«
»Okay, das akzeptiere ich«, murmelte Giordino nachdenklich.
»Aber wenn jemand so hinter der
Kalliope
her ist, warum wurde sie nicht in Niger beschlagnahmt, als wir während des Nachtankens an Land waren?«
»Ich hab’ die Vermutung, daß jemand das so arrangiert hat.«
»Wer?«
»Keine Ahnung.«
»Weshalb?«
»Kann ich nicht sagen.«
»Und wann wird das Beil fallen?«
»Sie haben uns erlaubt, bis hierher zu fahren, also wird die Antwort in Mali zu suchen sein.«
Giordino blickte Pitt an. »Folglich nehmen wir nicht den gleichen Weg, auf dem wir gekommen sind.«
»Die einfache Fahrkarte haben wir
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