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Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf

Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf

Titel: Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Meade
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Gliedmaßen schienen aus Eis zu sein, und seine Knochen schmerzten in der furchtbaren Kälte. Ihm klapperten die Zähne, und er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Sie fühlten sich an, als wären sie mit Eissplittern gespickt. Er atmete tief ein, und die eiskalte Luft ließ ihn husten.
    Dann hörte er wieder den Schrei.
    Es klang wie der eines Hundes.
    Aber es war kein Hund.
    Er hatte diesen Ruf schon einmal gehört, in seiner Kindheit. Eine Erinnerung schoß ihm durch den Kopf. Sein Bruder und er, als kleine Kinder. Sie spielten an einem Winterabend auf einem Feld in der Nähe des elterlichen Hauses. Sein Vater warein Stück entfernt und hackte Holz. Er blickte auf und winkte ihnen zu.
    Und dann erklang dieses Geräusch, das sie bis ins Mark erschreckte. Als sie sich umdrehten, sahen sie zwei Paar gelbe Augen, die sie aus dem Wald anstarrten. Bis diese Lichter sich bewegten und zwischen den Bäumen hervorkamen. Es waren zwei weiße Wölfe.
    Schneewölfe.
    Ihre Felle waren so hell, daß sie beinahe zu leuchten schienen. Lukin hatte vor Angst aufgeschrien und war zu seinem Vater gerannt, der bereits auf ihn zukam. Er hob ihn in die Arme, und Lukin konnte sich immer noch an den beruhigenden Geruch erinnern, an die Mischung aus Desinfektionsmittel, Seife und Schweiß.
    »Wölfe, Papa!« rief Lukin.
    »Ha! Der macht sich gleich in die Hose!« rief sein Bruder Mischa und lachte.
    Lukin blickte seinen Bruder vorwurfsvoll an. »Ach, ja? Und warum bis du dann auch gerannt?«
    Mischa lächelte. »Deinetwegen, Brüderchen. Ich konnte dich nicht aufhalten.«
    »Wölfe greifen keine Menschen an«, erklärte der Vater. »Es sei denn, sie werden bedroht. Vergeßt das nicht. Und jetzt kommt, Mutter hat das Abendessen fertig.«
    Sein Vater trug die Jungen in das warme, heimelige Haus. Das Brot stand auf dem Tisch neben der Schüssel mit der heißen, dampfenden Suppe, die ihre Mutter gekocht hatte. Ein Holzfeuer brannte knackend im Herd und tauchte den großen, alten Raum in flackerndes Licht. Lukins Mutter umarmte die Jungen und schalt sie, daß sie ja nie wieder allein in den Wald gehen sollten. Ihr Leib war prall, denn sie erwartete ihr drittes Kind.
    Und danach? fragte sich Lukin. Was war danach geschehen? Lukin versuchte sich zu erinnern, doch alles war wie unter einem Nebel verborgen. Es war schon zu lange her. Gesichter und Erinnerungen verschwanden in einem Dunst, den die Jahre verdichtet hatten. Er erinnerte sich nur an wenige Erlebnisse aus dieser Zeit, bevor Mischa gestorben war. Der stolze, tapfere Mischa.
    Vielleicht erinnerte er sich jetzt nur deshalb an diese Dinge, weil er dem Tod so nahe war. Man sagte ja, daß in der Sekunde des Todes die Erinnerungen in Windeseile vor dem inneren Auge ablaufen. Lukin blinzelte und schob diese Gedanken beiseite. Die Gegenwart war wichtig, nicht die Vergangenheit.
    Er konzentrierte sich auf das Wrack und den halbverbrannten Leichnam des Piloten. Vielleicht hatten die Wölfe das verbrannte menschliche Fleisch gerochen.
    Er versuchte, diese schreckliche Vorstellung zu vergessen. Das Feuer war immer noch nicht erloschen. Die Glut schwelte noch. Wenn er näher ans Feuer kriechen konnte, taute die Wärme seine halb erfrorenen Glieder vielleicht wieder auf.
    Unter Aufbietung aller Willenskraft bewegte er nacheinander Finger, Arme und Beine. Es fiel ihm schwer, doch er spürte nur einen dumpfen Schmerz. Nichts schien ernsthaft verletzt zu sein. Vielleicht war sein Rückgrat ja gar nicht gebrochen. Vielleicht kam die Taubheit von der Kälte.
    Auf allen vieren kroch Lukin zum Feuer. Er brauchte lange, fast eine Ewigkeit, und versuchte, den stechenden Schmerz in seinem Armstumpf zu ignorieren. Schließlich hatte er es geschafft. Die Hitze der Glut wirkte wie Balsam, als sie allmählich seinen Körper durchdrang.
    Was für ein wundervolles Gefühl.
    Lukin betrachtete das Wrack. Der Leichnam des Piloten schwelte nicht mehr, aber der abgerissene Arm des Mannes baumelte immer noch über den Rand des Metalls.
    Neben dem Schrotthaufen des Helikopters hingen die beiden funkensprühenden Hochspannungskabel. Lukin konnte nicht begreifen, wieso sich niemand um den beschädigten Hochspannungsmast kümmerte. Dann sah er, daß noch ein halbes Dutzend oder mehr Kabel intakt waren. Sicher, das Reparaturteam würde kommen, aber wann? Bis dahin konnte er erfroren sein. Das Funkgerät im Hubschrauber wäre vielleicht von Nutzen, falls es noch funktionierte, doch ein Blick auf das Wrack zeigte Lukin, daß

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