Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf
allein der Gedanke daran reine Zeitverschwendung war.
Nach fünf Minuten versuchte er aufzustehen, doch seine Beine waren kraftlos, wie aus Gummi.
Lukin fluchte. Er brauchte mehr Wärme. Er drehte sich herum, bis seine Beine dichter an der Glut lagen.
Der Schock war abgeklungen und wurde von Zorn verdrängt. Irgendwie mußte er sich bis zur Schnellstraße schleppen. Wenn er die Miliz in der nächsten Stadt benachrichtigen konnte, bestand vielleicht noch eine Chance, die beiden zu erwischen. Natürlich wußte Lukin, daß der Mann und die Frau mittlerweile schon in Leningrad oder an irgendeinem anderen Punkt sein konnten. Er würde alle Kasernen entlang ihrer Fluchtroute benachrichtigen und überall auf der Schnellstraße Straßensperren errichten lassen.
Er fühlte, daß seine Beine warm wurden, und versuchte noch einmal, sich zu erheben. In diesem Moment hörte er ein Rascheln im Unterholz und ein tiefes, grollendes Knurren.
Instinktiv griff er nach seiner Pistole. Gurt und Halfter waren verschwunden. Das Rascheln kam näher.
Ein wunderschöner weißer Wolf tauchte zwischen den Bäumen auf.
Lukin blieb fast das Herz stehen. Er rührte sich nicht.
Das Tier starrte auf das Wrack. Seine Augen waren kleine gelbe Lichtkegel in den Schatten. Lukin verharrte regungslos, während der Wolf sich vorsichtig vom Waldrand zum Wrack bewegte, die Nase dicht am Boden. Es schien Lukin kaum zu beachten. Als das Tier den toten Piloten erreichte, schnüffelte es an dem halb abgerissenen Arm und leckte das Fleisch. Dann schlug der Wolf seine Reißzähne in den Arm, riß ihn mit einer kurzen Bewegung des Kopfes aus dem Gelenk und schleuderte ihn auf den Boden.
Hungrig fraß der Wolf das Fleisch vom Knochen.
Lukin hämmerte das Herz in der Brust.
Wölfe griffen angeblich keine lebenden Menschen an, außer wenn sie provoziert wurden, doch Lukin vermutete, daß jedes hungrige Tier Grund genug hatte, einen Menschen anzufallen. Und dieser Wolf sah mager und sehr hungrig aus.
Erneut raschelte irgend etwas in den Büschen. Ein zweiter Wolf tauchte auf, und Lukin bemerkte, daß das Tier mit seinen gelben Lichtern diesmal ihn fixierte.
Er hielt den Kopf so ruhig wie möglich, während er sich verzweifelt nach irgend etwas umschaute, womit er sich verteidigenkonnte. Er sah den Gurt mit dem leeren Halfter im Wrack liegen. Er mußte abgerissen sein, als er durch die Tür des MIL geschleudert worden war. Entsetzt sah er, daß die Pistole nicht im Halfter steckte.
Dann fiel ihm ein, daß er die Waffe ja in der Hand gehalten und damit durchs Fenster des Helikopters geschossen hatte. Im gleichen Moment sah er ein metallisches Glänzen rechts von sich. Der Handgriff einer Pistole.
Der Wolf rannte aus dem Wald auf ihn zu.
Lukin schrie, drehte sich, rollte herum und packte die Waffe.
Der Wolf zog die Lefzen zurück und entblößte seine Reißzähne. Der andere Wolf schreckte zusammen, hörte zu fressen auf und knurrte den Mann heiser an.
Lukin hantierte mit seinen halb erfrorenen Fingern an der Waffe, zielte auf das Tier, das ihm am nächsten war, und drückte ab.
Klick.
Das Magazin war leer.
Hastig zog er den Gurt mit dem Halfter zu sich heran. Am Lederhalfter befand sich eine schmale Tasche für ein Extramagazin. Lukin öffnete sie, nahm das Magazin heraus und lud mit zitternden Fingern die Waffe nach.
Die Wölfe waren nur noch zwei Meter entfernt. Er konnte sie riechen. Sie zogen erneut die Lefzen zurück und knurrten grollend, wobei sie sich duckten, um ihn anzuspringen.
Lukin hob die Waffe und feuerte in die Luft. Die Wölfe jaulten erschreckt auf.
Er schoß noch einmal, und noch einmal.
Die Tiere hetzten in den Wald zurück.
Lukin wischte sich den kalten Schweiß vom Gesicht. Die Wölfe würden nicht lange wegbleiben. Sie waren bedroht worden und hatten ganz offenbar Hunger. Es war nur eine Frage der Zeit, wann sie es erneut riskieren würden, zum Fressen herauszukommen.
Lukin richtete sich mühsam auf und ignorierte den Schmerz, der in seinem Arm wie Feuer brannte. Er schaute zur Straße hinüber. Scheinwerfer blitzten auf, als ein Fahrzeugkonvoi vorbeirollte.
Die Straße war seine einzige Hoffnung.
Er stolperte auf schwachen Beinen durch den Wald. Seine Lungen brannten vor Anstrengung. Für die fünfzig Meter bis zur Schnellstraße brauchte der Major über zehn Minuten.
Die Straße war leer, doch er sah die Reifenspuren auf der weißen Fläche.
Lukin fluchte atemlos.
Plötzlich tauchten Scheinwerfer vor ihm auf: Ein
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