Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf
drehte sich um.
Eine Frau um die Fünfzig in einem blauen Kittel stand in der Tür. Sie hatte ihr Haar hochgebunden, und ihre großen Brüste schienen sie fast vornüberzuziehen. »Wir haben geschlossen. Kommen Sie morgen wieder.«
»Ich glaube, Pawel Kokunko erwartet mich.«
Die Frau zögerte und musterte ihn forschend. Dann warf sie einen Blick auf die Straße, bevor sie Lukin bedeutete, hereinzukommen.
Er trat in die warme, geflieste Eingangshalle. Die Frau schloß die Tür und schob die Riegel vor.
Die meisten Lichter waren ausgeschaltet, doch am anderen Ende der Eingangshalle sah Lukin Steinstufen, die ins Badehaus und die Schwitzräume führten.
Die Frau ging zu einer Glaskabine in der Eingangshalle und kam mit einem dicken, weißen Baumwollhandschuh und einem Bündel Birkenzweige zurück, die mit einem Stück Schnur zusammengebunden waren. »Gehen Sie die Treppe hinunter, und nehmen Sie die erste Tür rechts. Pawel Kokunko ist im Dampfraum.«
Lukin nahm Handtücher und Zweige. Die Frau setzte sich wieder in die Glaskabine und zählte Kopeken, die sie säuberlich zu Stapeln aufschichtete.
Lukin stieg die Treppe hinunter, deren alte Steinstufen gesprungen waren.
Auf halber Strecke blieb er stehen und holte tief Luft. Der warme Dampf war mit einem scharfen Minzaroma angereichert, das tief bis in seine Lungenspitzen drang und sofort seine Nerven beruhigte. Am Fuß der Treppe sah er auf der rechten Seite eine halbgeöffnete Glastür.
Er ging hindurch.
Dahinter lag ein Umkleideraum mit Metallspinden. In der Mitte waren Holzbänke zu einem Geviert aufgebaut. Auf der linken Seite befand sich eine weiße Glastür, die mit Dampf beschlagen war. Dahinter sah er eine Bewegung und hörte ein schwaches Zischen.
In den Badehäusern gab es drei Stufen der rituellen Reinigung.
Erst kam der Dampfraum, in dem man schwitzte und seinen Körper mit Birkenzweigen traktierte, bis er rot war und die Poren sich öffneten. Anschließend wusch man seinen Körper mit heißen Schwämmen, um die Haut zu reinigen. Und wenn es zu heiß wurde, sprang man in die eiskalten Wasserbecken. Schließlich entspannte man sich in den Erfrischungshallen.
Lukin spürte die Hitze im nächsten Raum. Nach der Eiseskälte auf den Straßen draußen war es sehr angenehm. Auf einer der Holzbänke lagen Paschas Kleidungsstücke. Auf einer anderen Bank stand ein Emaillebassin mit heißem Wasser. Es war offenbar für Lukin gedacht.
Er zog sich aus, legte seine Kleidung ordentlich auf eine der Bänke und ließ den Metallhaken an seinem Arm. Er sah häßlich und seltsam aus. Er legte sich das Baumwollhandtuch auf den Kopf und tauchte die Birkenzweige ins heiße Wasser.
Dann öffnete er die Glastür und tauchte in den duftenden Nebel ein.
Pascha lag nackt auf einer Steinbank. Er wirkte schrecklich blaß und hatte ein weißes Handtuch um die Schultern. Sein Verband zeigte einen roten Fleck.
Ein bärtiger, alter Usbeke mit einem Handtuch um die Hüften beugte sich über ihn. Er schlug Paschas schweißnasse Beine und seine Pobacken mit einem Bündel dampfender Birkenzweige.
Auf dem Boden stand eine kleine Emaillewanne mit heißem Wasser, und ein kleiner Haufen Minzblätter lag auf einem Holztablett. Daneben standen eine Flasche Wodka, zwei Gläser und Paschas abgeschabte Aktentasche. Der Usbeke hielt mit der Massage inne und warf Lukin einen mißtrauischen Blick zu.
Pascha regte sich und hob mühsam den Kopf von der Bank. Er sah Lukin und drehte sich zu dem Usbeken um.
»Laß uns allein, Itzkhan.«
Der Mann nickte und ging hinaus. Pascha wartete, bis er hörte, wie die äußere Tür zufiel; dann deutete er auf eine Bank.
»Setz dich, Juri.«
Sein Tonfall war irgendwie merkwürdig, doch Lukin nahm das Handtuch von seinem Kopf, wickelte es sich um die Taille und setzte sich auf die Bank seinem Freund gegenüber. Der Dampf im Raum war heiß. Lukin legte die Birkenzweige zur Seite, weil er zu müde war, um seine Haut zu massieren. Er beobachtete, wie Pascha einen der Schwämme nahm, ihn in dem heißen Wasser tränkte und sich abrieb. Sein Gesicht war schmerzverzerrt, obwohl er sich nicht sonderlich beeilte.
»Du hast gesagt, es wäre wichtig, Pascha«, begann Lukin ungeduldig.
»Du siehst aus, als hättest du eine Woche nicht geschlafen«, stellte Pascha nach einem kurzen Blick in Lukins Gesicht fest.
Lukin fühlte sich am Rande eines Zusammenbruchs, aber er zwang sich zu einem gequälten Lächeln. »Ich glaube, ein ausgiebiger Schlaf würde mir
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