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Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf

Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf

Titel: Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Meade
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durch. Danach reden wir.«
    Pascha verschwand, und die Tür fiel ins Schloß.
    Lukin schlug den Ordner auf.
    Darin befand sich ein Foto und eine einzelne, dünne, verblichene Seite Papier.
    Lukin betrachtete zuerst die Fotografie. Sie war alt und vergilbt und an den Ecken ausgefranst. Sie zeigte eine Frau und einen Mann, die in die Kamera lachten. Der Mann war gut aussehend, glatt rasiert, besaß ein fein gezeichnetes Gesicht und dunkle, freundlich blickende Augen. Die Frau war blond und sehr schön, mit hohen Wangenknochen und einem entschlossenen Gesicht. Sie saß auf den Knien des Mannes und umschlang seinen Hals. Sie wirkten glücklich und sehr verliebt.
    Dem Stil und dem Schnitt der Kleidung nach zu urteilen mußte das Foto irgendwann in den späten Zwanzigern oder Anfang der dreißiger Jahre aufgenommen worden sein.
    Lukin drehte es um. Auf der Rückseite befand sich ein Stempel mit dem Namen eines Fotostudios auf dem Marx-Prospekt. Irgend etwas an den Gesichtszügen des Paares kam Lukin bekannt vor, und er vermutete, daß es Slanskis Eltern waren. Er hatte das merkwürdige Gefühl, als hätte er die Frau und den Mann schon einmal gesehen. Vielleicht waren sie bekannte Parteimitglieder.
    Er legte das Foto zur Seite.
    Auf dem Blatt Papier standen kurze Stichworte zu Slanskis Herkunft. Sein eigentlicher Familienname war Tarakanow; sein Vater war Landarzt in Smolensk gewesen. In dem Bericht stand, daß die OGPU, der Vorläufer des KGB, verlangt hatte, ihn und seine Familie zu verhaften. Aber es wurden keine Gründe genannt.
    Dem Bericht zufolge hatte der Arzt sich der Verhaftung widersetzt und war bei einem Fluchtversuch erschossen worden. Seine Frau hatte ihm bei der Flucht geholfen, und man hatte sie ebenfalls erschossen. Die drei Kinder waren verhaftet worden – mit dem Befehl, auch sie zu erschießen. Die Todesurteile für den Mann und die Frau waren von Josef Stalin persönlich unterschrieben worden.
    Das ergab keinen Sinn. Wie hatte Slanski überlebt, wenn er eines der Kinder gewesen war?
    Lukin las den Bericht noch einmal sorgfältig. Die Informationenwaren zum größten Teil unwichtig. Die Tragödie jedenfalls war eine Erklärung für Slanskis Wunsch nach Rache. Doch nichts in der Akte konnte Lukin bei seinen Ermittlungen helfen oder ihm einen Weg weisen.
    Es gab weder Namen von Freunden der Familie, zu denen Slanski in Moskau möglicherweise Kontakt aufnehmen würde, und die Akte erklärte auch nicht, wieso Slanski überlebt hatte, obwohl alle anderen Familienangehörigen getötet worden waren.
    Das verwirrte Lukin. Er blieb lange Zeit nachdenklich sitzen, zündete sich eine Zigarette an und blickte dem Rauch hinterher.
    Es mußte irgend etwas auf diesem Blatt geben, das er nicht sah. Es mußte so sein.
    Aber was?
    Und warum? Das war die entscheidende Frage.
    Warum hatte Pascha ihm dieses Blatt gegeben?
    Eine Weile später ging leise die Tür auf.
    Pascha hielt die Wodkaflasche und die beiden Gläser in der Hand. Er schenkte sich und Lukin großzügig ein, bevor er die Flasche auf den Boden stellte, und reichte Lukin das Glas.
    »Trink.«
    »Willst du mich besoffen machen?«
    »Nein, aber ich glaube, du wirst einen Schluck brauchen.«
    »Wieso?«
    Pascha betrachtete forschend Lukins Gesicht. »Kommt dir denn nichts bekannt vor? Ich meine, von dem, was du gerade gelesen und gesehen hast?«
    »Inwiefern bekannt?«
    Pascha erwiderte Lukins Blick ohne mit der Wimper zu zucken. »Die Art und Weise, wie die Informationen in der Akte zusammengestellt wurden. Wie in einem Puzzle.«
    Lukin schüttelte verwirrt den Kopf. »Ich verstehe nicht, was du meinst.«
    Pascha setzte sich auf die Bank gegenüber, stellte das Glas neben sich und seufzte. »Dir ist an der Akte von SlanskisEltern nichts aufgefallen? Wer sie waren? Was ihnen zugestoßen ist?«
    »So etwas ist während der Säuberungsaktionen vielen Familien passiert. Ich verstehe nur nicht, wie Slanski überlebt hat. In der Akte steht, daß die ganze Familie getötet wurde.«
    Pascha schüttelte langsam den Kopf. »Das habe ich nicht gemeint, Juri. Ich möchte dich an einen Wesenszug von Stalin erinnern, den alle im KGB kennen. Er hat Freude an einer sehr persönlichen Form der Bestrafung. Das war vor allem während der Säuberungsaktionen in den Dreißigern so. Wenn Stalins Opfer Kinder hatten, wurden diese Kinder ebenfalls getötet, wenn sie über zwölf Jahre alt waren. Die jüngeren wurden in Waisenhäuser gesteckt, die vom KGB kontrolliert wurden. Viele

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