Operation Zombie
verdammt großes Haus, daher brauchte ich ein paar Minuten, bis ich zu meinem Schießstand kam. Ich verstand nicht, warum der Wachtposten so nervös war. Und wenn es ein paar Hundert waren, na und! Die würden nie über die Mauer kommen. Dann hörte ich ihn rufen: »Die rennen ja! Ach du Scheiße. sind die schnell!« Schnelle Zombies, da wurde mir auch mulmig. Wenn sie laufen konnten, dann konnten sie auch klettern, und wenn sie klettern konnten, dann konnten sie vielleicht auch denken, und wenn sie denken konnten ... jetzt bekam ich es mit der Angst. Ich erinnere mich, dass die Freunde von unserem Boss allesamt die Waffenkammer plünderten und herumliefen wie Statisten in einem Actionfilm aus den 80er Jahren, als ich endlich das Fenster des Gästezimmers im zweiten Stock erreicht hatte. Ich entsicherte meine Waffe und nahm die Kappe des Zielfernrohrs ab. Dabei handelte es sich um eines der neuesten Modelle von Gen, eine Mischung aus Restlichtverstärker und Infrarotortung. Letzteres brauchte ich nicht, weil Zombies keine Körperwärme abgaben. Als ich die grellen hellgrünen Umrisse mehrerer hundert Läufer sah, schnürte sich mir die Kehle zu. Das waren keine lebenden Toten. »Da ist es!«, hörte ich einen rufen. »Das ist das Haus in den Nachrichten!« Sie hatten Leitern, Gewehre und Babys dabei. Ein paar hatten schwere Rucksäcke auf den Rücken geschnallt. Sie hatten es auf das Tor abgesehen, das aus dickem, gehärtetem Stahl bestand und entworfen worden war, dass es tausend Ghulen standhalten konnte. Die Explosion riss es aus den Angeln und schleuderte die Torflügel ins Innere des Hauses wie gigantische Ninjasterne. »Feuer!«, kreischte der Boss ins Funkgerät. »Schießt sie nieder! Tötet sie! Feuerfeuerfeuer!« Die »Angreifer«, in Ermangelung eines besseren Begriffs, rannten auf das Haus zu. Im Innenhof wimmelte es von Fahrzeugen, Sportwagen und Transportern und sogar einem Monster-Truck, der irgendeinem Heini der Nationalen Fußballliga gehörte. Die verwandelten sich allesamt in verdammte Feuerbälle, wurden durch Explosionen umgeworfen oder brannten einfach nieder, wo sie standen, und der dicke Qualm ihrer brennenden Reifen blendete und erstickte jeden. Man konnte nur Gewehrfeuer hören, unseres und ihres, und nicht nur das unseres privaten Sicherheitsteams. Jeder Großkotz, der sich nicht in die Hosen schiss, hatte sich in den Kopf gesetzt, entweder den Helden zu spielen oder vor seinen Kollegen eine gute Figur zu machen. Viele verlangten, dass ihre Entourage sie beschützte. Manche gehorchten sogar, diese armen zwanzigjährigen persönlichen Assistenten, die in ihrem ganzen Leben noch nie mit einer Waffe geschossen hatten. Lange hielten sie nicht durch. Aber es gab auch Verräter, die die Fronten wechselten und sich auf die Seite der Angreifer schlugen. Ich sah eine wirklich bildhübsche Friseuse, die einer Schauspielerin einen Brieföffner in den Mund rammte, und ironischerweise sah ich auch, wie Mr. »Tu was!« versuchte, eine Granate von dem Talentshowgewinner wegzuschaffen, ehe sie ihnen beiden in den Händen explodierte. Es war das reinste Chaos, genauso, wie man sich das Ende der Welt vorstellte. Ein Teil des Hauses stand in Flammen, überall Blut, Tote oder Leichenteile auf sämtlichen teuren Möbelstücken. Ich begegnete dem Schoßhündchen der kleinen Hure, als wir beide zur Hintertür liefen. Hätten wir ein Gespräch geführt, hätte es vermutlich folgendermaßen ausgesehen: »Was ist mit deinem Boss?« »Was ist mit deinem?« »Scheiß auf sie.« Das entsprach der Einstellung, die viele angeheuerte Wachleute hatten, und aus dem Grund hatte ich auch die ganze Nacht über keinen einzigen Schuss abgefeuert. Wir wurden dafür bezahlt dass wir reiche Leute vor Zombies beschützten, nicht vor nicht ganz so reichen Leuten, die einfach nur einen sicheren Aufenthaltsort wollten. Man konnte sie brüllen hören, als sie die Eingangstür erstürmten. Nicht »Schnappt euch den Schnaps!- oder »Vergewaltigt die dreckigen Weiber!«, sondern »Löscht das Feuer!« und »Bringt die Frauen und Kinder nach oben!« Auf dem Weg zum Strand stieg ich über Mister Politkabarettist. Er und ein Weibsbild, eine alte Blondine mit ledriger Haut, die angeblich seine politische Kontrahentin sein sollte, soweit ich wusste, vögelten auf dem Boden, als gäbe es kein Morgen mehr, und, he, vielleicht gab es für sie auch keins mehr. Ich schaffte es bis zum Sandstrand, fand ein Surfbrett, das wahrscheinlich mehr wert war
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