Operation Zombie
ignoriert. Bevölkerungszahlen, Gelände, Ressourcen, Logistik ... Redeker aktualisierte den Plan nicht nur dahingehend, dass Kubas chemische Waffen und die nukleare Option seines Landes Berücksichtigung fanden, sondern auch, und das machte »Orange Vierundachtzig« historisch so einmalig, im Hinblick auf die Entscheidung, welche Afrikaander gerettet und welche geopfert werden sollten.
Geopfert?
Redeker glaubte, dass der Versuch, jeden zu retten, die Ressourcen des Regimes an die Grenzen der Belastbarkeit bringen könnte, was das Ende der gesamten Bevölkerung bedeuten würde. Er verglich die Lage mit der auf einem sinkenden Schiff, auf dem Überlebende ein Rettungsboot haben, das schlicht und einfach nicht jedem Platz bietet. Redeker war sogar so weit gegangen, dass er vorgab, wer »an Bord gebracht« werden sollte. Er berücksichtigte Einkommen, IQ, Fruchtbarkeit und eine ganze Liste »wünschenswerter Eigenschaften«, einschließlich Nähe des Subjekts zu einem potenziellen Krisengebiet. »Das erste Opfer des Konflikts muss unsere eigene Sentimentalität sein«, lautete der letzte Satz seiner Ausführungen, »denn wenn sie überlebt, müssen wir sterben.«
Orange Vierundachtzig war ein brillanter Plan. Er war klar, logisch, effizient und machte Paul Redeker zu einem der meistgehassten Männer Südafrikas. Seine ersten Feinde waren einige der radikaleren fundamentalistischen Afrikaander, die Rassenideologen und die Ultrareligiösen. Später, nach dem Ende der Apartheid, wurde sein Name auch dem Rest der Bevölkerung ein Begriff. Natürlich wurde er aufgefordert, an den »Truth and Reconciliation«-Anhörungen teilzunehmen, und natürlich weigerte er sich. »Ich werde nicht so tun, als hätte ich ein Herz, nur um meine Haut zu retten«, verkündete er öffentlich und fügte hinzu: »Ich bin sicher, man wird mich ohnehin abholen kommen, ganz gleich, was ich tue.« Und so kam es, allerdings auf eine ganz andere Weise, als Redeker erwartet hatte. Es war während unserer Großen Panik, die mehrere Wochen vor Ihrer begann. Redeker hatte sich in seiner Blockhütte auf dem Drachenberg verschanzt, die er sich mit dem Geld erworben hatte, das er als Unternehmensberater verdiente. Er mochte Unternehmen, wissen Sie. »Kein Ziel, keine Seele«, pflegte er immer zu sagen. Es überraschte ihn nicht, als die Tür aufgesprengt wurde und Agenten der National Intelligence Agency, des Geheimdienstes, hereingestürmt kamen. Sie verifizierten seinen Namen, seine Identität, seine früheren Taten. Sie fragten ihn unverblümt, ob er der Verfasser von Orange Vierundachtzig sei. Er antwortete natürlich vollkommen emotionslos. Er ging davon aus, dass es sich bei dieser Erstürmung um einen letzten Racheakt handelte, und akzeptierte es; die Welt ging ohnehin zum Teufel, warum also nicht vorher noch ein paar »Apartheid-Teufel« beseitigen? Er hatte nicht damit gerechnet, dass die NJA-Agenten die Waffen senken und die Gasmasken abnehmen würden. Sie gehörten verschiedenen Nationalitäten an: Schwarze, Asiaten. Farbige, sogar ein weißer Mann war darunter, ein hochgewachsener Afrikaander, der vortrat und, ohne Namen oder Dienstgrad zu nennen, unvermittelt fragte: »Sie haben einen Plan für die momentane Situation, Mann, oder nicht?« Redeker hatte tatsächlich an seiner eigenen Lösung der Untoten-Epidemie gearbeitet. Was hätte er in seinem entlegenen Versteck auch anderes tun sollen? Es war eine intellektuelle Übung; nie hatte er damit gerechnet, dass es tatsächlich jemand zu lesen bekommen würde. Der Plan hatte keinen Namen, wie später erklärt wurde, denn »Namen dienen nur dazu, einen vom anderen zu unterscheiden«, und bis zu diesem Augenblick hatte es nie einen vergleichbaren Plan gegeben. Abermals hatte Redeker rein alles berücksichtigt, nicht nur die strategische Situation des Landes, sondern auch Physiologie, Verhalten und »Kampfdoktrin« der lebenden Toten. Man kann die Einzelheiten des »Redeker-Plans« zwar mittlerweile in allen öffentlichen Bibliotheken der Welt nachlesen, hier dennoch einige der wichtigsten Punkte: Als Erstes gab es keine Möglichkeit, alle zu retten. Die Seuche war zu weit fortgeschritten. Die bewaffneten Streitkräfte waren bereits zu sehr geschwächt, um die Bedrohung wirksam zu isolieren, und da sie obendrein über das ganze Land verzettelt waren, konnten sie Tag für Tag nur schwächer werden. Unsere Streitkräfte mussten konsolidiert, in eine eigens eingerichtete »sichere Zone«
Weitere Kostenlose Bücher