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Opernball

Opernball

Titel: Opernball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef Haslinger
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Hosentaschen. Der Blade verstellte ihm den Weg. Es gab einen Wortwechsel, dann schlug ihm der Blade die Faust in den Magen.
    Der Ausländer krümmte sich zusammen, der Blade drosch ihm eine ins Kreuz, daß er zu Boden fiel. Er begann erst zu schreien, als er Fußtritte verpaßt bekam. Der Blade lief davon. Niemand hinderte ihn. Die Leute wichen ihm sogar aus.
    »Dem hat er es gegeben«, sagte Feilböck. Wir gingen weiter. Ein Auto blieb stehen, andere begannen zu hupen. Der Ausländer hatte zu schreien aufgehört. Er wollte aufstehen, brach aber zusammen und rief: »Hilfe! Polizei!« Wir blieben stehen. Ein Mann fragte uns: »Was ist da los?«
    »Ich weiß nicht recht«, antwortete Feilböck. »Da ist offenbar jemand zusammengeschlagen worden.«
    Daraufhin der Mann: »Das war sicher dieses Ausländergesindel.« Er ging zu unserem ersten Opfer, wo sich inzwischen auch andere einfanden. Wir bogen in eine Nebengasse.
    Eine Stunde später trafen wir die anderen in einem Gasthaus am Spittelberg. Dem Bladen war etwas mulmig zumute. Der Geringste sagte: »Du bist das erste wirkliche Mitglied in der Bewegung der Volkstreuen.« Wir stießen auf ihn an. Feilböck und der Professor sagten dabei »RaHoWa«. Wir lachten. Der Geringste hatte beim letzten Treffen in Rappottenstein vorgeschlagen, unseren Trinkspruch, »Heil Hitler«, nur noch zu verwenden, wenn wir unter uns waren.
    »Warum?« hatte Pandabär gefragt.
    Darauf der Geringste: »Weil jetzt unser eigener Kampf beginnt. Wir haben mit den gewöhnlichen Nazibuben nichts zu tun, und wir wollen unsere Aufgabe nicht durch Sprüche gefährden. Schließlich wollen wir ja nicht gegen einheimische Antifa- Gruppenund Autonome kämpfen, sondern gegen Ausländer.«
    Pandabär meinte, wir könnten uns einen neuen Trinkspruch zulegen, damit das Bier auch im Gasthaus schmeckt. Der Professor schlug vor, wir sollten »RaHoWa« sagen, eine Abkürzung für »Racial Holy War«. Dies sei der Kampfruf einer Gruppe aus Florida. Feilböck gefiel die Idee. Die anderen waren nicht so begeistert. Wir sind dann vom Thema abgekommen, ohne uns auf einen neuen Trinkspruch geeinigt zu haben.
    Unsere Attacken wurden von Mal zu Mal härter. Ich beobachtete die Überraschungsangriffe meiner Kameraden und dachte mir, eigentlich sind sie ein Kinderspiel. Wenn der erste Schlag richtig gesetzt wird, ist die Arbeit schon fast getan. Ich war der fünfte, der seine Bewährungsprobe zu leisten hatte. Ausgerechnet bei mir gab es Schwierigkeiten. Ich setzte in der Gaullachergasse einem Türken, der gerade aus einem Haus gekommen war, das Messer an den Bauch und forderte ihn auf, in die Gehsteigkante zu beißen. Er wollte nicht folgen, sondern wich zurück und packte meine Hand. Ich schlug ihm mit der Linken die Faust ins Gesicht, drehte das Messer nach oben und stach es in seinen Unterarm. Da ließ er los und legte sich auf den Gehsteig. Aus dem zerrissenen Hemdärmel rann Blut.
    »Zur Kante!« befahl ich. Ein Tritt in die Niere half nach. Er rutschte auf ein geparktes Auto zu. Da ging hinter mir die Haustür auf, und es kamen Freunde von ihm heraus. Sie stürzten sich auf mich. Ich schlug mit dem Messer herum. Sie wichen zurück und versuchten, mich einzukreisen. Ein paar traf ich an den Händen, einen an der Schulter. Dann packte mich einer von hinten, und ich wurde niedergerissen. Ich wehrte mich mit aller Kraft, die einem in solchen Momenten zur Verfügung steht. Es war aussichtslos. Von allen Seiten wurde auf mich eingetreten. Ich spürte die Tritte kaum, war ganz darauf konzentriert, das Messer in Bewegung zu halten. Da donnerte eine Latte auf meinen Schädel. Ich sah sie im letzten Augenblick auf mich zukommen, dann dieser dumpfe Aufprall, der mich aus dem eigenen Kopf hinauskatapultierte. Es war kein Schmerz, sondern nur eine heftige Erschütterung. Dann sah ich meinen Körper bewegungslos daliegen. Ich sah in Zeitlupentempo Ledersohlen und gerillte Gummisohlen, die das Gesicht stempelten, ich sah beschlagene Schuhspitzen, die sich in den Bauch versenkten, ich sah einen Absatz, der die Hoden plattdrückte. Alles was ich fühlte, war ein einziger Wunsch: Sie sollen in dieser Kröte, die es von einer Seite auf die andere warf, einen Hauch von Leben lassen.
    Als ich zu mir kam, lag ich auf einer Bank. Der Geringste goß mir Mineralwasser über den Kopf. Mein Speichel schmeckte nach Blut. Die Kameraden fragten mich, wie es mir gehe. Ich setzte mich auf und spuckte. Da wurde mir schlecht, und ich legte mich

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