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Opernball

Opernball

Titel: Opernball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef Haslinger
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eines Hauses am Wiener Gürtel. Der gesamte Bereich ist großflächig gesperrt. Alle umliegenden Häuser werden evakuiert. Elf Löschzüge sind im Einsatz. Aus den oberen Stockwerken konnten Menschen gerettet werden. Zur Zeit versuchen die Feuerwehrleute ein Übergreifen der Flammen auf benachbarte Häuser zu verhindern.
    Ein voller Erfolg. Ich war in Hochstimmung. Druckeberger und der Professor müßten es schaffen, rechtzeitig in Rappottenstein einzutreffen. Ich holte mir eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank und schaltete den Fernsehapparat an. ETV sendete schon um ein Uhr die ersten Bilder. Ein Feuerwehrmann sagte: »Es ist zu früh, um über die Ursachen zu reden. Unsere Experten werden das genau untersuchen. Im Moment kann Brandstiftung nicht ausgeschlossen werden.«
    Zwischen halb zwei und zwei – ETV hatte mittlerweile eine ständige Liveschaltung – riefen die Kameraden nacheinander an. Sie sagten Hallo, und ich legte den Hörer auf. Um zwei Uhr schloß ich die Außenklingel wieder ans Telefon und ging heim.
    Der Gürtelhausbrand war das Medienereignis der nächsten zwei Wochen. Obwohl es schon am zweiten Tag eine Nachrichtensperre gab, waren die Zeitungen täglich voll mit den neuesten Details. Es wurden 25 verkohlte Leichen geborgen. Später starb noch eine Frau im Krankenhaus. Die meisten Leichen konnten nicht identifiziert werden. Der Hausbesitzer wurde verhaftet. Einige der geretteten Hausbewohner waren, so stellte sich heraus, Ausländer, die sich illegal im Land aufhielten. Sie wurden verhört und in ihre Herkunftsländer abgeschoben.
    Vom Souterrain des Gürtelhauses dürfte nur die Angolanerin überlebt haben. Sie und der Geringste waren nebeneinander in einer Zeitung abgebildet. Darunter stand: Die Glücksvögel im Unglück. Sie verbrachte die Nacht bei Freunden, er feierte eine Erbschaft am Attersee. Später wurde die Angolanerin verhört. Dabei kam nach und nach der wahre Grund ihrer Abwesenheit ans Tageslicht. Sie machte auch Aussagen über den Geringsten und über andere Bewohner des Souterrains. Beim Prozeß konnten ihre Angaben jedoch nicht überprüft werden. Es stellte sich heraus, daß die Fremdenpolizei sie längst abgeschoben hatte. Der Richter sagte damals zum Oberst der Fremdenpolizei: »Sie sind etwas übereifrig, Herr Kollege.«
    Wir hatten uns eine zweimonatige Kontaktsperre auferlegt. Nur mit dem Polier und dem Bladen sprach ich manchmal leise im Baucontainer. Der Polier sagte: »Joe hat ein felsenfestes Alibi. Wir waren die ganze Nacht unterwegs, von einem Lokal ins andere. Um Mitternacht sind wir zum Sommerfest nach Nußdorf gefahren. Stell Dir vor, wen wir dort getroffen haben: Waldheim. Es gab eine Waldheim-Bar. Wir gingen hinein. Da saß er tatsächlich auf einem Fauteuil. Wir haben ihn natürlich sofort in ein Gespräch verwickelt. Aber ich fürchte, bei seinen amtsbekannten Gedächtnislücken wird er ein schlechter Zeuge sein.«
    Der Polier fuhr an den Wochenenden allein nach Rappottenstein. Er entfernte die Dekoration des High-Tech-Raums und schaffte die Waffen zu seinem Onkel nach Wien.
     
    Etwa zehn Tage nach dem Gürtelhausbrand wurden Druckeberger und der Professor verhaftet. Ich las es in einer Zeitung im Café Rainer. Am Abend stand es auch in allen anderen Zeitungen. Der Polier fuhr sofort nach Rappottenstein, um die Videos und Disketten zu holen. Da er nicht wußte, wo er sie verstecken sollte, brachte er sie zu Feilböck. Am nächsten Tag sagte er: »Feilböck war nervös. Ich hoffe, er hält durch. Zuerst wollte er die Videos gar nicht nehmen. Er sagte: Die Aktion war ein Fehler. Ich habe ihm den kleinen Finger vor die Nase gehalten. Dann hat er mir das Zeug doch abgenommen. Er wollte es noch in der Nacht zu seinen Eltern in den Keller bringen.«
    Warum der Professor und Druckeberger verhaftet wurden, habe ich nie herausbekommen. Es ergab sich auch nicht aus der Gerichtsverhandlung. Druckebergers Auto wurde kriminaltechnisch untersucht. Im Fond wurden Spuren der Innereien des Lammes gefunden, und im Kofferraum Spuren von zwei Ölkanistern. Es wurde sogar nachgewiesen, daß nicht Öl, sondern Benzin in den Kanistern war. Ein Tankwart bezeugte, daß der Geringste sein Heizöl mit Ölkanistern gekauft hatte, wie sie beim Brandanschlag verwendet wurden. Im verkohlten Abteil des Geringsten fand sich der zerschmolzene Einfüllstutzen. Die Kanister fehlten. Der Geringste war längst auf der Flucht.
     
    Nach dem Verbot der Bewegung der Volkstreuen habe ich unsere

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