Opfer der Lust
klang schrill. War ihr Ende nun gekommen? Würde ihr eigener Ziehvater ihr den Garaus machen?
„Ich verliere langsam die Geduld.“ Mantis knackte mit den Fingerknöcheln. Dann langte er in seine Hosentasche und holte einen Würgedraht heraus. Er zog die beiden Griffe auseinander und spannte den Draht, als wolle er die Stabilität der einfachen, aber effektiven Waffe prüfen. „Ich wünschte, du könntest sanft entschlafen, aber du wirst wohl kaum die Schlaftabletten deiner Mutter schlucken, oder?“
Aufgewühlt öffnete Beth den Medikamentenschrank, aber der Polizist hatte alle Packungen mitgenommen. Daher bewarf sie Mantis mit Zahnpasta und Zahnbürste. „Blanche war nicht meine Mutter.“
Als Mantis gerade einen Schritt in ihre Richtung machte, gab es einen ohrenbetäubenden Krach. Holz splitterte, Verankerungen barsten. Dreimal polterte es, dann ertönte ein einzelner Schrei und die Wohnungstür wurde endgültig aus ihren Angeln gerissen. Sie kippte nach vorne und fiel krachend auf den Boden zwischen Küche und Essecke im Wohnzimmer. Staub wirbelte auf.
Kade stürmte in das Appartement. „Ich hätte mir Kopien von allen Schlüsseln im Haus machen sollen und nicht nur von der Haustür und deiner Wohnung.“
Überrascht schaute Mantis ihn an. Er hatte den Mund vor Erstaunen leicht geöffnet und rang um Fassung. Bethany war so unendlich glücklich, Kade zu sehen, dass es ihr egal war, ob er ein Verbrecher war und ihr noch vor einer Stunde gedroht hatte. In diesem Augenblick war er ihr rettender Engel. Ihr einsamer Kampf gegen Mantis war vorüber. Kade würde sie heil aus dem Haus bringen, daran glaubte sie fest, und durch den Glauben an ihn schöpfte sie neue Hoffnung.
„Hallo, Babe“, sagte Kade. Seine Wangenknochen traten hervor, ein Zeichen, dass es ihn viel Anstrengung kostete, sich zu beherrschen. „Bist du in Ordnung?“ Er stellte sich breitbeinig hin und zielte mit seiner Springfield auf Mantis.
Doch dieser war schneller. Er hatte Beth längst geschnappt und legte ihr den Draht von vorne an die Kehle. „Noch, aber nicht mehr lange. Und dich werde ich danach zur Strecke bringen.“
„Ziemlich überheblich für jemanden, der in die Mündung einer 9-Millimeter blickt.“
Mantis kreuzte die Griffe in Beths Nacken. Der Draht schlang sich um ihren Hals und drückte leicht auf ihre Kehle.
Angstschweiß rann von Bethanys Stirn. Sie blickte Kade flehentlich an. Obwohl er entschlossen wirkte, sie aus Mantis‘ Klauen zu befreien, zögerte er zu schießen, da die Gefahr bestand, Beth zu treffen. Aber Mantis brauchte nur kräftig an dem Würgedraht zu ziehen, um seinen Plan zu vollenden. Würde Kade dann immer noch warten oder seine Pistole benutzen, auch wenn er sie anschießen könnte?
Beth wurde fast verrückt bei dem Gedanken, wie die Nacht für sie enden würde. Innerlich bebte sie, doch sie ermahnte sich, ruhiger zu atmen. Die Morgendämmerung hatte nicht einmal eingesetzt, die Nacht war noch nicht vorbei und sie war nicht bereit zu sterben, denn sie wusste bisher immer noch nicht, wer Kade wirklich war.
Mantis zog den Draht enger um ihren Hals. Panisch riss Beth die Augen auf und bemerkte, wie Kades Hände schwankten, als würde er überlegen, auf welches Körperteil von Mantis er am besten zielen sollte, um ihr nicht zu schaden. Doch Mantis benutzte sie als Schutzschild. Es war zu gefährlich für Kade abzudrücken.
Beth versuchte den Würgedraht zu greifen, brachte es aber nicht fertig, die Finger unter den Draht zu schieben. Sie konnte ihn nicht fassen. Er grub sich immer tiefer in ihre Haut ein, doch noch konnte sie frei atmen. Es erschien fast so, als würde Mantis die Situation auskosten und die Macht genießen, die er in diesem Moment empfand.
Vielleicht überlegte er aber auch, wie er aus dem Haus fliehen konnte, nachdem Beth zusammengebrochen war. Kade und seine Handfeuerwaffe stellten dann immer noch eine große Hürde für ihn dar.
Auf einmal fiel Beths Blick auf das WC-Spray, das auf dem Waschbecken neben ihr stand. Sie überlegte nicht lange, da ihr Hals zu schmerzen begann. Blitzschnell griff sie das Spray, hielt es über ihren Kopf und drückte auf den Verschluss, der zischend nachgab. Maiglöckchenduft breitete sich im Badezimmer aus.
Mantis gab einen gequälten Laut von sich und ließ den Draht los, um sein Gesicht mit den Händen abzuschirmen.
Beth ließ das WC-Spray einfach fallen und lief los, doch Mantis hatte sich zu schnell erholt und war direkt hinter ihr. Anstatt
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