Opfer fliegen 1. Klasse
überlebt hat bei Malakaputtschino. Sein Bruder Roland
hatte nicht soviel Glück. Er ist eingestiegen in die Maschine — und mit den
andern tödlich verunglückt.“
Heh! dachte Tim und spürte, wie
sich seine Ohren spitzten. Was höre ich denn da? Das ist doch eine Botschaft.
Roland ist ein gestiegen. Und Armin? Mal vorsichtig fragen, was sich da im
Einzelnen abgespielt hat.
„Wirklich tragisch“, meinte er
mit düsterer Miene. „Ja, bei manchen Familien haut es rein, als laste ein Fluch
auf der Sippe. Als gäbe der eine das Unglück weiter an den anderen. Die Leipels
waren also Brüder?“
Er blickte so unschuldsvoll
forschend, daß Susanne Kühnert antworten mußte. Sie tat’s ohne Arg.
„Ja, Stiefbrüder. Nicht
blutsverwandt. Beide Elternteile hatten schon Ehen hinter sich. Die Frau
brachte den Roland mit, Leipel senior den Armin. Roland war etwas jünger. Und
ziemlich raffiniert, wie man sagen kann. Er hat es verstanden, sich bei seinem Stiefvater
einzuschmieren. Er wurde der Liebling, obwohl er nicht der leibliche Sohn war.
Das hat Armin in der Jugend sehr zu schaffen gemacht. Er kam völlig aus dem
Gleichgewicht, mußte zwei Schulklassen wiederholen, fiel auch beim ersten Mal
durchs Abitur und hatte dann Schwierigkeiten beim Studium. Inzwischen war
Roland so sehr zum Musterknaben geworden, zum Sonnyboy, daß ihn der Alte im
Testament bevorzugt hat.“
„Ach, wirklich?“ meinte Tim und
hatte das Gefühl, daß sich seine Nackenhaare sträubten wie bei einem wütenden
Dobermann.
„Ja. Unerhört, nicht wahr?“
Susanne schneuzte sich. „So gehen manche Eltern mit ihren Kindern um.“
„Das muß schwer gewesen sein
für Ihren Lebensgefährten.“
„War es auch. Und er war
zeitweise richtig verbittert. Denn von der großen ertragreichen Firma wurde ihm
nur ein Drittel vermacht — im Testament — nur der Pflichtanteil. Roland, der
durchtriebene Stiefsohn, erhielt 66 2 / 3 Prozent.“
„Eine Ungerechtigkeit.“ Mit
Empörung lockerte Tim seine düstere Anteilnahme auf und nahm am Rande zur
Kenntnis, daß seine Freunde etwas verständnislos guckten.
Merkt ihr denn nicht, dachte
er, daß dies eine Fährte ist. Frau Susanne stößt uns mit der Nase drauf.
„Sie, Frau Kühnert“, sagte er, „und
auch Ihr nun leider verstorbener Lebensgefährte Armin Leipel gehören,
beziehungsweise gehörten zu dem Überlebens-Club, der sich morgen abend wieder
im Hotel ,Königssohn’ trifft. Wenn ich Sie eben richtig verstanden habe, sind
damals beide Leipel-Brüder Passagiere der Unglücksmaschine gewesen. Aber eben
sagten Sie, nur der eine — nämlich Roland — sei damals in die Maschine
eingestiegen.“
Tim hängte ein stummes, aber
riesengroßes Fragezeichen hinter seine Wort: und Susanne Kühnert nickte.
„Es war so“, sagte sie: „Die
Chartermaschine flog von hier nach Südafrika. In Malakaputtschino war
Zwischenlandung wegen eines Defekts am Fahrgestell. Die Reparatur dauerte eine
Weile, und als es endlich weiterging, sah das Flugpersonal irgendwie besorgt
aus. Drei oder vier Passagiere blieben deshalb zurück. Sie wollten sich einen
Landrover mieten und damit das letzte Stück zum Urlaubsort zurücklegen. Wir
andern, die wir wieder in den Flieger einstiegen, lächelten über diese
Überängstlichen. Aber die hatten den richtigen Instinkt. Denn kurz nach dem
Start explodierte die Bombe in der Maschine, und sie stürzte aus 2000 Meter
Höhe ab, stürzte in ein Waldgebiet. Alles andere ist ja bekannt. Roland Leipel,
Armins Stiefbruder, kam dabei um. Ich wurde nur leicht verletzt. Armin, den ich
zu jener Zeit noch nicht persönlich kannte, war unter denen, die nicht wieder
eingestiegen sind. Ja, damals hat ihn das Schicksal bewahrt. Aber nun, nur fünf
Jahre später, ist er viel zu früh verstorben.“
Sie schluchzte auf.
Tim wechselte einen Blick mit
seinen Freunden.
Gaby und Karl hatten begriffen.
Klößchen hatte nicht mitgedacht und beschäftigte sich mit einem Riegel
Schokolade. Nadja hatte sich dicht neben ihre Mutter gestellt und legte
tröstend den Arm um sie.
Jetzt keine weiteren Fragen,
dachte der TKKG-Häuptling. Nicht mehr löchern — das wäre so unsensibel wie der
Gebrauch einer Kettensäge. Immerhin — mir schwant es. Da liegt doch ein Motiv
frei im Licht wie eine Sonnenanbeterin bei schönem Wetter. Roland segnete beim
Absturz das Zeitliche. Armin überlebte — aus Angst, beziehungsweise mit dem
richtigen Instinkt — und wurde dann Alleininhaber der lukrativen Firma, von
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