Opfer fliegen 1. Klasse
in
ein Brillenetui paßt“, sagte Tim, „und ein Jumbo wird in Stücke gerissen. Und
ein gefülltes Brillenetui kann man leicht an Bord schmuggeln, wie? Nehmen wir
an, Armin hatte alles dabei, nur der Zünder war noch nicht scharf gemacht.
Armin wartete auf eine Gelegenheit. Vielleicht hatte er gar nicht vor, das
Flugzeug zu sprengen, sondern wollte seinen Stiefbruder am Urlaubsort killen —
im Bungalow, bei einer Safari, beim Flug mit einer kleinen Propellermaschine
über die Buschlandschaft — wer weiß. Aber dann ergab sich die Gelegenheit, und
Armin Leipel schlug zu. Er ließ die Bombe in der Chartermaschine, ist
vielleicht sogar noch mal eingestiegen, um den Zünder einzustellen, schützte
dann Bedenken vor und stieg wieder aus. Ja, genau danach müssen wir diesen
Klaus Ebert morgen fragen.“
„Vorausgesetzt, er entsinnt
sich“, sagte Karl.
„Hoffen wir’s. Nadjas Mutter
können wir jedenfalls nicht fragen. Sie wäre entsetzt, wenn sie merkte, worauf
wir hinaus wollen. Immerhin war unser mutmaßlicher Massenmörder ihr Lover, und
jetzt erhofft sie sich Nachlaß von ihm.“ Gaby hob erschrocken die Hand zum
Mund, und in derselben Sekunde hatte auch Tim die Idee.
„Himmel!“ murmelte er. „Jetzt
steht ja Leipels Bemerkung in einem ganz neuen Licht da.“
„Welche Bemerkung?“ fragte
Karl.
„Er hat doch“, frischte Tim die
Erinnerung auf, „zu Nadjas Mutter gesagt, daß sie nach seinem Ableben alles
bekäme. Alles, was ihm gehöre. Und sie solle sich nicht täuschen lassen, wenn
es zunächst ganz anders aussähe.“
„Wenn nämlich zunächst die
geschiedene Ex-Frau alles kriegt“, setzte Gaby hinzu. „Die Ex-Frau, von der er
sagte, daß sie ihn in der Hand habe.“
Für einen Moment schwiegen alle
und dachten nach, während auf dem Radweg drei bunt-bedresste Biker vorbei
sausten, als gelte es ihr Leben. Sie trugen unterschiedliche Unfallmützen,
teils in raumfahrtlichen Farben.
Das sechsbeinige Trio fuhr
krummrückig und an der nächsten Kreuzung bei Rot blindlings hinüber. Ein
Kleinwagen mußte mit quietschenden Reifen stoppen.
Aber tolle Helme haben sie,
dachte Tim. Man muß ja auch die Köpfe schützen, die hohl sind.
„Wenn Armin Leipel die Schuld
an Malakaputtschino trägt“, sagte Gaby in dramatischem Tonfall, „dann wird er
auch nicht davor zurückschrecken, posthum — also nach seinem Tode — seine
verhaßte Geschiedene ins Jenseits zu schicken.“
„Womit sie ihm wiederum nahe
käme“, grinste Klößchen. „So gesehen, ist es unlogisch.“
Gaby strafte ihn mit einem
Blick und fuhr fort: „Er könnte abermals was gebastelt haben — etwas, das
demnächst seine Wirkung entfaltet. Das heißt, diese Irene Flörchinger ist in
Gefahr.“
„Ist absolut mein Gedanke.“ Tim
nickte heftig.
Karl riß seine Nickelbrille von
der Nase und begann, die Gläser zu polieren. „Und wie warnen wir die Frau?
Sollen wir ihr sagen: Ihr verstorbener Ex-Gatte und Erblasser ist vermutlich
ein Massenmörder und hat mal eine Bemerkung losgelassen, die im Hinblick auf
Sie, Verehrte, nichts Gutes verheißt. Naschen Sie also nicht an der
selbstgemachten Erdbeermarmelade, die er Ihnen kürzlich geschenkt hat. Und
gebrauchen Sie um Himmels willen nicht das von ihm geschenkte Feuerzeug. Es
enthält vermutlich TNT und würde Ihnen den Kopf abreißen.“
Tim grinste. „So ungefähr
müssen wir’s ihr sagen. Nur mit etwas sanfteren Worten. Außerdem: Vielleicht
weiß sie schon von seinem entsetzlichen Verbrechen, und genau das ist ihr
Druckmittel.“
Klößchen hatte seine
Schoko-Tafel vertilgt und pickte traurig die Krümel aus dem Silberpapier. „Ich
glaube, Tim, du wirst uns wieder das ganze Wochenende versauen. Mit action,
action, action. Diesen Klaus Ebert willst du interviewen, die Dame Flörchinger
warnen — und dann wahrscheinlich auch gleich nach der Falle suche, die der
Leipel für sie gemacht hat.“
„Na, und?“ meinte der
TKKG-Häuptling. „Was ist daran ungut? Hast du was anderes vor?“
„Rumhängen. In der Sonne
liegen. Ausruhen. Beine baumeln lassen. Und endlich mal sattessen.“
„Vergiß es!“ Tim machte eine
wegwerfende Geste. „Wir haben die Nasen in einen Misthaufen gesteckt — jetzt
müssen wir schnüffeln.“
Gaby strich sich eins der
goldblonden Zöpfchen aus dem Gesicht. „Wegen der Exfrau dürfen wir keine Zeit
verlieren.“
Tim reckte sich und blickte
über seine Freundin zur Straßenecke, wo ein Telekom-Häuschen mit
Fernsprechanlage auf Benutzer
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