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Opfer fliegen 1. Klasse

Opfer fliegen 1. Klasse

Titel: Opfer fliegen 1. Klasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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nur noch am Daumen lutschen.“
    „Schreckliche Vorstellung.“,
    Klößchen gähnte abermals,
worauf die ganze Bude nach Schokolade roch, und wälzte sich aus den Federn.
    Minuten später kamen beide aus
dem Waschsaal zurück. Tim hatte das Fenster geöffnet, prüfte die
Außentemperatur, hörte gleichzeitig im Radio den Wetterbericht ab und entschied
sich für seine neuen, hellblauen Sommerjeans.
    Im Speisesaal begnügte er sich
mit Tee und viel Milch. Klößchen schimpfte über die Hektik, zu der er
angetrieben wurde, und ließ sich von einer Küchenhelferin fünf belegte Semmeln
in eine braune Papiertüte einpacken.
    Tim stand schon in der
Telefonzelle ,Besenkammer’ und wählte Irene Flörchingers Rufnummer.
    Eigentlich, dachte er, ist es
unhöflich zu so früher Stunde. Ist ja noch nicht mal neun. Aber schließlich
wollen wir sie nicht anhauen wegen einer Spende für hungernde Stadttauben,
nein, wir haben einen todernsten Grund.
    ... siebtes Läuten, achtes
Läuten... Niemand hob ab. „Scheint auch jetzt nicht zu Hause zu sein“, meinte
Tim. „Oder sie ist verreist.“ Klößchen wartete vor der ,Besenkammer’ und kaute.
    „Unsinn! Sie wurde doch gestern
von Frau Pryzbylla-Kosemund über den Todesfall verständigt.“
    „Von wem?“
    „Von Leipels Haushälterin. Sie
kann einem leid tun. Sicherlich ist sie nicht mehr die Jüngste und muß sich
jetzt nach einem neuen Job umsehen. Gute Stellungen für Haushälterinnen sind
rar. Singles brauchen keine, und in den Familien wird alles selber gemacht.“
    „Klar!“ grinste Klößchen. „Und
zwar von der Mama. Sie hat allerdings mindestens einen Halbtagsjob zum
Mitverdienen und macht außerdem den Haushalt.“
    Die Jungs holten ihre
Tretmühlen und bikten zur Stadt, wo sie Gaby und Karl treffen wollten.
     
    *
     
    Klaus und Bettina Ebert hatten
eine gräßliche Nacht verbracht, eingesperrt in ihrem eigenen Keller. Beide
froren und mußten dringend zur Toilette. Doch immerhin war etwas Hoffnung
aufgekeimt. Waren die beiden Ausbrecher noch dümmer als vermutet? Hatten sie
die Tasche mit dem gestohlenen Geld nicht gefunden?
    „Ich fühle mich elend“,
jammerte die Frau. „Ich muß duschen. Durst habe ich auch. Keine zwei Minuten
habe ich geschlafen.“
    „Ich habe noch weniger
geschlafen“, behauptete Ebert ohne Mitgefühl.
    Er hockte in einer Ecke, seine
Frau ihm gegenüber in einer anderen.
    „Ist nicht wahr, Klaus! Du hast
geschnarcht, daß ich mir die Ohren zuhalten mußte.“
    Er erwiderte nichts, stemmte
sich hoch, humpelte zur Tür und hämmerte dagegen. Wut und Verzweiflung lagen in
jedem Faustschlag.
    Aber niemand öffnete.
    „Vielleicht sind sie schon
weg“, Bettina flüsterte.
    „Oder sie schlafen. Sie liegen
in unserem Bett und pennen. Diese... diese..
    Er gebrauchte ein unflätiges
Wort und zuckte im selben Moment zusammen, denn draußen vor der Tür war ein
Geräusch.
    „Vonwegen! Sie sind noch da.“
Bettina zog sich in ihre Ecke zurück und begann, ihre Wangen zu kneten, als
gelte es frisch auszusehen.
    Die Tür wurde geöffnet. Bosko
Müller blickte herein. Sein Schweinsgesicht grinste. Er hatte sich mit Eberts
Garderobe bedient, trug einen seiner Freizeitanzüge und ein neues Polohemd.
    „Na, gut geschlafen?“ Er
schnippte mit den Fingern. „In einer Stunde hauen wir ab. Mit eurem Wagen.
Übrigens haben wir deine Pistole gefunden, Ebert. Aber keinen Waffenschein.
Hast die Browning unter der Hand gekauft, wie? Naja, sowas soll in den besten
Familien vorkommen — noch dazu heutzutage, wo schlechte Zeiten angesagt sind
und man nicht mehr sicher ist vor den Kriminellen. Hähäh! Jedenfalls wird uns
das Ding nützlich sein.“

    Er machte eine Pause und
fixierte die beiden.
    Eberts Gedanken wirbelten. Das
Geld, dachte er. Das Geld! Sie haben es noch nicht entdeckt. Dem Himmel sei
Dank!
    „Können wir mal ins Bad?“
fragte er. „Erst meine Frau. Dann ich.“
    „Klar, doch! Aber keine
Unartigkeiten! Sonst knallt’s!“
    Die beiden wurden die Treppe
hinaufgeführt. Müller hatte die Pistole, die geladen und fast neu war, in den
Gürtel gesteckt. Unter der geöffneten Jacke war sie gut sichtbar, eine stumme
Drohung.
    Vor den geschlossenen Fenstern
waberte Sonnenglut. Im Keller war davon nichts zu spüren gewesen.
    Der Weg zum Bad führte am
Wohnzimmer vorbei. Dort saß Diepholz am Couchtisch. Auf dem Tisch waren
Geldbündel aufgeschichtet.
    Eberts Herzschlag setzte aus.
Bettina gab einen wehen Laut von sich. Diepholz hob den

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