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Opfer fliegen 1. Klasse

Opfer fliegen 1. Klasse

Titel: Opfer fliegen 1. Klasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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wurde — denn
zunächst führte der Weg durch die belebte Innenstadt.
    Die belebte sich von Minute zu
Minute mehr. Der Vormittag ging seinem ersten Höhepunkt entgegen — wurde
nämlich von all denen genutzt, die nicht bis Mittag pennen, sondern Einkäufe
machen, an Schaufenstern bummeln oder in Straßen-Cafés rumsitzen.
    Es müssen Millionen sein,
dachte Tim. Und alles quetscht sich in die City, statt ins Umland zu fahren.
Aber das kommt ja noch — spätestens nachher. Und dann sind wieder alle
Ausfall-Straßen verstopft.
    Sie fuhren in mäßigem Tempo, um
Oskar nicht zu überanstrengen. Sein Fell ist zwar zu 52 Prozent weiß, wie Karl
mal abgeschätzt hat — also weniger hitzeempfindlich als die restlichen 48
Prozent in tiefem Schwarz. Doch auch der weiße Fellanteil wärmt bei Hunden
beträchtlich. Weshalb Hunde Hitze nicht mögen, denn sie schwitzen ja nur über
die Zunge. Und ein Vierbeiner, der neben einem Biker einherjoggen muß, ist
buchstäblich herzschlag-gefährdet. Das verlieren Gaby und ihre Freunde nie aus
dem Auge.
    In einem Oskar gemäßen Tempo
verließ man also die City, und der Weg führte zu einer vornehmen und noblen
Stadtrandgegend, wo Irene Flörchinger in der Hackenbeulstraße wohnte, in Nr.
21.
    „Fleh!“ sagte Gaby. „Wißt ihr,
wo wir jetzt sind?“
    „Brudermanns-Weg“, antwortete
Klößchen. „Ich habe das Straßenschild gelesen.“
    „Hier wohnen die Eberts“, sagte
Gaby, „in dem Bungalow dort. Wir kommen dran vorbei.“
    Ja, richtig, der Klaus Ebert!
dachte Tim. Den müssen wir ausquetschen über die Einzelheiten damals in
Malakaputtschino. Wie alles war vor und während des Absturzes! Wieso flog der
eine Leipel-Bruder mit? Und den andern hielt der Schiß vor dem Einsteigen
zurück? Oder war er doch eingestiegen, der unlängst Verstorbene, um den Vogel
dann wieder zu verlassen wegen plötzlicher Bedenken hinsichtlich
Flugsicherheit? Was aber vielleicht nur ein Vorwand war, weil er, Armin Leipel,
als einziger wußte, was passieren würde.
    „Der Bungalow dort“, sagte
Gaby, nahm eine Hand vom Lenker und wies nach links.
    Tim sah hinüber.
    Es war ein hübsches Grundstück
mit hübschem Luxus-Flachbau, alles von einer mannshohen Buchenhecke umgeben,
die aber hier und dort kränkelte und deshalb die Blicke durchließ.
    Tim konnte in die Einfahrt zur
Garage sehen. Das Tor war hochgeklappt, und soeben rollte ein sandfarbener BMW
heraus. Ein neues Mittelklasse-Modell. Zwei Personen saßen darin, offenbar
Männer. Die Windschutzscheibe spiegelte etwas, und die Sonnenblenden waren
heruntergeklappt. Doch jetzt hielt der Wagen, und der Beifahrer stieg aus, um
hastig, geradezu hektisch, das Garagentor zu schließen.
    Tims Atem stockte. Die
Nackenhaare schienen sich zu kräuseln. Nein, dachte er, das darf nicht wahr
sein.
    Ebenso hastig, wie er
ausgestiegen war, kletterte der Typ in den Wagen zurück, und der kam zur
Ausfahrt gerollt.
    „Nicht hinsehen!“ zischelte
Tim. „Weiterfahren! Blick geradeaus!“
    „Häh!“ fragte Klößchen, der
ebensowenig gesehen hatte wie Gaby und Karl.
    „In dem BMW“, Tim sprach
gedämpft, „sitzen die Ausbrecher, Bosko Müller und Eckhart Diepholz. Ja, die!
Die aus Sassvest.“
    Karl pfiff so schrill, daß
neben ihm zwei Spatzen erschraken.
    Tim, der als letzter in dem
Vierpulk fuhr, blickte über die Schulter nach hinten.
    Eben wurden sie von dem BMW
überholt. Diepholz fuhr. Bosko Müller, Kernspucker genannt — weil er gern
Kirschen aß und mit den Kernen dann Zielspucken nach seinen Mitmenschen übte —
hatte das Garagentor schließen müssen und fläzte jetzt auf dem Beifahrersitz
wie jemand, der sich ganz sicher fühlt und auf eine lange Fahrt einrichtet.
    Der Wagen glitt vorbei.
    Diepholz konnte noch
chauffieren trotz mangelnder Fahrpraxis wegen der Knastjahre, fuhr allerdings
im zweiten Gang, obwohl der dritte ruhiger gewesen wäre und die Drehzahl des
Motors vermindert hätte.

    Tim bleckte die Zähne und — ja!
— spürte seinen Jagdinstinkt. Einfach irre, diese Entdeckung! Weil wir uns
rühren, dachte er. Weil wir unterwegs sind zu der Flörchinger, belohnt uns
jetzt das Schicksal. Ja, wer nur faul auf dem Hintern hockt, hat keine events (Ereignisse). Aber, zum Henker, was machen die hier? Haben sie bei den Eberts den Wagen
geklaut? Was jetzt?
    Der Brudermanns-Weg endet an
einer Kreuzung. Dort stand die Ampel auf rot. Der BMW hielt, artig und
vorschriftsmäßig. Natürlich würden die Ganoven bemüht sein, unter

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