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Opfer (German Edition)

Opfer (German Edition)

Titel: Opfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Bernard Burns
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bin eine Dichterin! Ich reite auf dem Archäopterix!«
    »Du meinst auf dem Pegasus, dem geflügelten Ross. Der Archäopterix ist ein Vogel.« Er drohte mit dem Zeigefinger. »Mir scheint, deine Gedanken beschäftigen sich zu sehr mit Vögeln.« Worauf sie lachte und sagte: »Immer noch diese urigen Wortspielereien, Baby?« Worauf er lachte und nichts sagte, denn er dachte an sie und Oviedo und kam sich auf einmal schrecklich im Stich gelassen vor, schrecklich allein, ja irgendwie auch ungerecht behandelt, und er empfand darüber echten Schmerz. Doch dann sagte er sich: Ach, zum Teufel mit ihr und ihrem verdammten alten Fredo! Und ging von dem Tisch weg. »Wo willst du hin, Baby?«
    »Ach …«
    Er sagte nichts, wusste nicht, was er sagen sollte.
    »Geh nicht. Komm her, Rodney, damit ich dich richtig ansehen kann.«
    Mit übertriebener Geste langte sie nach dem dunkelgrünen Springrolleau vor dem Fenster hinter ihr. Sie riss an der kleinen runden Quaste der Zugschnur. Das Rolleau schoss hoch und peitschte ein paar Sekunden lang laut klappernd die Laufwalze herum, während Sonnenlicht in den Laden strömte und Fortunes Haar in allen Schattierungen von Rot und Gold aufglitzern ließ. Er trat einen Schritt näher auf sie zu.
    »Nein, schau mich nicht an!«, rief sie und schlug die Hände vors Gesicht.
    »Aber« – er lächelte – »du siehst doch blendend aus.« Er sagte es ruhig, obwohl er bemerkte, als sie die Hände senkte und die Augen abwandte, dass die von ihrer Nase hinablaufenden Linien jetzt tiefer waren als vor Jahren und dass feine Striche angefangen hatten, sich in ihre Mundwinkel einzugravieren. »Keinen Tag älter«, fuhr er fort, während sie ihn irgendwie argwöhnisch ansah und ihm auffiel, dass in ihren Augenwinkeln ebenfalls schon Fältchen zu sehen waren.
    »Und du«, sagte sie, »hast dich kein bisschen verändert. Bist noch immer der gutaussehende alte Rodney-Boy.« Mit einem ihrer großen, plumpen Finger (er hatte vergessen, wie hässlich ihre Hände waren) berührte sie sein Kinn. »Hast nur ein bisschen zugelegt« – sie nahm die Hand von seinem Kinn, um mit dem gleichen Finger auf seine Gürtelschnalle zu tippen – »aber das steht dir bon. Ja, die paar Pfündchen mehr sind eindeutig eine Verbesserung … Nein, Rodney, schau mich nicht an!« rief sie jetzt und wich heftig vor ihm zurück.
    »Darin immer noch so albern, ja?«, sagte er, während er die Hand ausstreckte und ihr leicht an die Brust fasste.
    »Lass das, du Loser!«, rief sie. »Das darfst du nicht mehr! Nein …«
    »Hast du nicht vorhin die Rute sehen wollen? Wie wär’s jetzt damit? Wo es nun so schön hell ist …«
    Ehe sie ihm antworten konnte, drehten sie sich zur Tür um, wo in steifer Hältung drei alte Damen standen und in den Laden hineinspähten.
    »Ich wette, die würden die Rute liebend gern sehen«, sagte Rodney. »Überleg dir nur mal, wie glücklich du gegen sie dran bist, Fortune …«
    »Pst«, flüsterte sie und lachte leicht, ihre Augen aber wanderten von der Tür zu seinem Schritt. »Du möchtest also doch? Und sie wieder anbeten und …«
    »Anbeten …«, murmelte sie leise, doch dann, als reiße sie sich zusammen, hob sie die Augen, schaute zu den drei alten Damen hin und flüsterte: »Besser, du gehst jetzt.«
    »Können wir nicht zusammen lunchen?«
    »Nein, heute nicht. Ich kann wirklich nicht, Baby.« Und sie ging in Richtung Tür.
    »Nun, wie wär’s dann später mit einem Drink?«, flehte er fast, ihr auf den Fersen bleibend.
    »Na gut«, antwortete sie. »Gegen halb sechs im Hennessey. Das ist hier gleich um die Ecke … Guten Morgen!« Das Letzte galt den drei alten Damen, von denen die eine, deren Taftkleid knitternde Geräusche von sich gab, verwirrt zu sein schien, verwirrt durch Fortune, während sie zagheft murmelte: »Meine Freundinnen und ich hätten gern ein gutes Konfekt.«
    Rodney fegte an den alten Damen vorbei, warf einen letzten Blick auf Fortune, die sagte: »Da sind Sie hier genau richtig«, und trat durch die Tür hinaus in die grelle Mittagssonne von New Orleans, dem Land der Träume …

Kapitel 2
    Hier saß er nun im Hennessey, nicht tot, nur vertäumt und betrunken. Saß im Hennessey und wartete auf Fortune Riley …
    Verträumt, ganz verträumt leerte er sein Glas, und verträumt, ganz verträumt stand er auf, um verträumt, ganz verträumt zu schwanken und sich wieder hinzusetzen und weiterzuträumen, hiervon und davon, einen Traum von …
    »Hallo, Darling.«
    … von

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