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Opfer (German Edition)

Opfer (German Edition)

Titel: Opfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Bernard Burns
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sagte sie, »dann schau doch mal wieder in den Laden reih. Ich muss« – sie erhob sich halb von der Bank – »mich jetzt sputen.«
    »Gut«, erklärte er (dieses Spiel konnte er genauso spielen), »ich komm mal wieder vorbei. Aber wahrscheinlich bleibe ich nur ein paar Tage hier.«
    Sie stand auf.
    »Ach, bemüh dich nicht«, sagte sie.
    »Na, dann nicht.«
    Er ließ sich gegen das grünlederne Rückenpolster zurücksinken, und durch den Film, der sich vor seine Augen legte, sah er sie dort stehen, irgendwie über ihm flimmernd, ihm fröhlich mit den Fingern winkend, als spiele sie mit ihnen Klavier.
    »O-rewah!«
    »Wiedersehn«, sagte er und gab sich Mühe, es mürrisch klingen zu lassen.
    Sie drehte ihm den Rücken zu. Ach, die exakte Anmut dieses Rückens und dieser breiten Schultern! Er setzte sich gerade hin und begann mit den Fingern auf den Tisch zu trommeln, während er sie beobachtete, wie sie durch den Raum lief und hier und dort jemand mit der gleichen klavierspielenden Kandbewegung zuwinkte. Seine Augen folgten ihr den ganzen Weg bis zur Tür, und er hielt die Luft an so wie früher, wenn er sie beobachtete und immer gedacht hatte, sie würde jeden Augenblick einen Tisch oder einen Stuhl umkippen. Oder sogar eine Telefonzelle.
    »Mein Gott, was für ein Riesenflittchen sie doch ist!«, murmelte er, und Tränen traten ihm in die Augen, als sie durch die Tür verschwand und das Lokal – er plinkerte – plötzlich geräumiger wirkte. Er starrte auf das Glas Whisky vor ihm. Er trank es aus.
    »Ober!«
    Er sank wieder zurück. Der ganze Raum kreiste rings um ihn. Eine Drehbühne. (Rosenkranz und Güldenstern ab …)
    »Heda! Horatio!«
    »Ja, Sir? Sie wünschen?«
    »Ach … ach so, ja, Hector«, sagte er. »Bringen Sie mir noch einen Canadian Club.«

Kapitel 3
    Wie er hierhergekommen war, zur Ecke St. Louis und Chartres Street, wusste er nicht. Nur dass er das ganze Stück gelaufen war. Das war ihm noch klar, jedoch nicht mehr, wie viele Gläser er getrunken hatte seit seinem Weggang aus dem Hennessey.
    Sich gegen eine Hauswand lehnend, schaute er auf die Lichter einer Kneipe gegenüber und lauschte dem Klang von Stimmen, besonders einer Stimme, die die anderen übertönte. Sie schien – »Er geht in die Knie! Er richtet sich wieder hoch!« – aus einem Radio zu kommen. Sollte er rüber und sich noch einen genehmigen, ehe er ins Hotel zurückging? Vielleicht. Nur einen einzigen noch. Dann wollte er ins Bett, und morgen, gleich in der Frühe, würde er machen, dass er hier wegkam, weg nach Mexiko.
    Einen einzigen noch. Mehr nicht. Er schritt voran, auf den Rinnstein zu, doch ehe er ihn erreichen konnte, glitt er aus und fiel hin. Ein paar Sekunden lag er da, ausgestreckt, und mit einer Gesichtshälfte flach auf dem Trottoir. Und ein paar weitere Sekunden lang, ohne sich zu rühren. Warum war Fortune nicht hier, ihm hochzuhelfen? Ihm hochzuhelfen, so wie sie es in San Francisco, in New York, in Paris immer getan hatte? Ihm hochzuhelfen, dann an seinen Schwanz zu fassen und zu sägen: »Werd nüchtern, Baby, werd nüchtern! Ich will heute Nacht noch die Rute, brauche sie ganz dringend !«
    O Gott, was gäbe er darum, wenn sie jetzt bei ihm wäre … Und so half er sich selber hoch, schleppte sich zurück zu dem Haus, wo er sich wieder gegen die muffig-klamme Steinwand lehnte und an all die Male dachte, da er Fortune hochgeholfen hatte, um sie zu schlagen, bis sie nüchtern war, sie zu schlagen, bis sie blutete …
    »Irgendwohin, Süßer?«
    Wie um einen Löffel gewickelter dünner Sirup tröpfelte die melodisch gedämpfte Stimme der seltsamen kleinen Gestalt aus dem dunklen, feuchten Nebel voraus. Es … es war ein Mädchen, ein farbiges Mädchen. Eine Mulattin, ziemlich hell, wie er sehen konnte, als sie näher herankam, jedoch scheu, und die Kleidung schien auf dem schmächtigen Körper rührend zusammengesteckt und zusammengeflickt.
    »Nein«, sagte er, sagte es so freundlich er konnte, aber auch nicht zu freundlich.
    Eine schillernde Handtasche unter die eine ihrer schwitzenden Armgruben geklemmt, stand sie da, und ihre großen Raffzähne leuchteten in der Dunkelheit, als sie mit irgendwie trauriger Fröhlichkeit sagte: »Dann komm mit zu mir, Süßer. Nur einfach mir nach, immer die Straße hier lang …«
    »Nein, ich meine, ich kann nicht mit dir gehen«, sagte er.
    »Is aber schade, Süßer. Johnnie-Mae hätt’s dir schön gemacht.«
    »Wer ist Johnnie-Mae?«
    »Aber Süßer« – ihr Ton

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