Opfer
Farbe stand: GET INTO ARCHEOLOGY – GIVE SNOWY ONE . Gina stolperte und fiel, fluchte aus ihren roten Lippen, sah mit schwarzen Augen zu ihm hoch, bis zuletzt kalt und voller Hass.
Und schließlich Corrine, die an seinem Auto wartete und vor sich hin tanzte.
Rivett spürte, wie sich eine eiserne Hand um sein Herz krallte und wie ihm der Bluthund heiß ins Gesicht atmete, als sein Kopf auf den Boden schlug.
*
»Hier.« Smollet reichte seiner Frau das Glas. »Trink. Dann geht’s dir besser.«
Sie schüttelte den Kopf.
»Will nicht.« Sie hörte sich an wie ein Kind. Oder wie ein bockiger Teenie.
»Bitte, Schatz«, flehte Smollet und sah wieder nach dem Wecker, fragte sich, wie viel Zeit sie noch hatten, und hatte das Gefühl, dass ihm alles entglitt. Er fragte sich, warum er nie verstanden hatte, wozu Rivett und Eric Hoyle fähig waren.
Er stellte das Glas auf den Nachttisch und wollte ihr das Buch aus der Hand nehmen.
»Was ist das denn für ein Buch?«, fragte er.
»Das gehört ’nem Hexenmeister«, flüsterte sie, und schaute weg.
Smollet konnte nicht mehr. Wenn sie die Medizin nicht schlucken wollte, musste er sich eben anders behelfen. Eine plötzliche Handbewegung, und sie kippte vorwärts übers Bett, das Buch fiel ihr aus den Händen und rutschte auf den Boden.
*
Als sie am Britannic Pier vorbeikamen, prasselte plötzlich heftiger Regen auf die Windschutzscheibe. Noj sah auf, und ein Blitz zuckte über den Horizont, eine leuchtende Verästelung am Himmel, die einen Augenblick die Windräder vor den North Denes erleuchtete. Sie spürte im Blut, dass der Kreis sich schloss.
»Hier«, sagte sie und zeigte auf eine pseudoskandinavische Villa aus den Sechzigern mit Seeblick.
In allen Fenstern brannte Licht, und Sean sah in der Auffahrt den Wagen, mit dem Smollet von der Wache weggefahren war. Als er anhielt, öffnete sich die Haustür, und Smollet kam mit einer Frau auf dem Arm heraus.
Als Sean bremste und mit seinem Auto die Einfahrt versperrte, fuhr Smollet herum. Der DCI war sichtlich überrascht, als Sean ausstieg und im Regen kurz von den Scheinwerfern von Grays Wagen, der gerade in die Auffahrt bog, angestrahlt wurde. Die Frau in Smollets Armen regte sich nicht.
»DCI Smollet.« Sean ging zügig die Auffahrt hinauf. »Ich würde jetzt gerne unser Gespräch fortsetzen.«
»Was ist hier los?« Smollet stellte sich dumm, als er sah, wie der pensionierte DS Gray hinter Sean auftauchte. »Machen Sie den Weg frei, sehen Sie denn nicht, dass es meiner Frau nicht gutgeht? Sie muss ins Krankenhaus!«
Sean ging näher heran und sah sich die Frau an. Ihre Augen waren geschlossen, und sie wirkte friedlich. Anscheinend schlief sie bloß.
»Das ist sie, oder?«, fragte Paul Gray. »Die haben Sie die ganze Zeit geschützt.«
Smollet klappte der Kiefer herunter. »Was?«
»Wer ist sie?«, fragte Sean, der langsam nicht mehr wusste, was los war.
»Sie hieß mal Samantha Lamb«, erklärte Gray. »Ihrem Großvater gehörte dieses Haus, der Leisure Beach und die Hälfte von Ernemouth. ’89 ist er als Witwer gestorben, mit seiner Tochter zerstritten. Hat die Hälfte seines Vermögens seinem besten Kumpel hinterlassen – Len Rivett.«
Vor Seans innerem Auge blitzte Francescas Gesicht auf. »Die Leisure Beach Industries Inc of Ernemouth, meinen Sie?«, fragte er. »Die zur anderen Hälfte DCI Smollet hier gehört?«
»Ganz genau«, erwiderte Gray. »Und wenn mich nicht alles täuscht« – er nickte auf die schlafende Frau –, »dann haben wir hier die Besitzerin der fehlenden DNA.«
»Nein«, sagte Smollet und ging einen Schritt zurück. »Nein, lassen Sie uns in Ruhe!«
»Rivett hat mir schon eine passende Probe zur fehlenden DNA besorgt.« Er schaute Smollet direkt in die Augen. »Die hat er heute Morgen genommen.«
Der DCI sah schockiert seine Frau an, dann wieder Sean. »Nein. Das hat er nicht. Das kann er nicht …«
»Hat er aber«, erwiderte Sean. »Ich freu mich schon drauf, wie er mir das erklärt. Und auch, warum seine DNA der von Corrine Woodrow so ähnlich ist.«
»Oh Gott«, flüsterte Gray. »Gina.«
Sean sah sich um und fragte sich, ob eins der Autos an der Straße Francesca gehörte. »Wo ist er eigentlich? Wo ist Rivett?«
Smollet begann zu wanken. Gray stützte ihn. »Ganz ruhig. Ich glaub, Sie brauchen ’nen Brandy.«
Er sah die schlanke Frau an, die schlaff in Smollets Armen lag, während sich Regentropfen an ihren Wimpern sammelten. Er fragte sich, wie sie so friedlich
Weitere Kostenlose Bücher