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Opfer

Opfer

Titel: Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathi Unsworth
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heute Abend nicht an. Er trank noch einen Schluck Whisky und spürte den sauren Nachgeschmack von Tabak und Teer.
    Auf der anderen Seite des Schreibtischs saß Len Rivett nach vorne gebeugt auf seinem Stuhl und starrte den Fernseher an. Zwei Körper zuckten auf zerknüllten Laken und stöhnten rhythmisch. Der schlaksige junge Rocker, der am Fußende um sein Leben pumpte, war der rebellische Sohn der Wirtin eines der besten Hotels von Ernemouth. Er hatte sich im Back Room mit genug Speed und Rotem Libanesen erwischen lassen, um drei Monate in den Knast zu wandern. Anscheinend hatte er vor seiner Mutter noch größere Angst als vor dem Gesetz, und er konnte gar nicht glauben, dass das hier – wie auch künftige, bisher unbenannte Gefallen, die Rivett einfordern würde – seine Bestrafung darstellen sollte.
    Im Vordergrund starrte die Frau zwischen den Riemen ihres Ballknebels hindurch. Ihr Körper war weiß und an den richtigen Stellen üppig. Fesseln aus schwarzem Leder liefen im Zickzack über ihre weiche Haut und zwangen sie in eine unnatürlich devote Position. Die präkoitale Geißelung hatte rote Striemen auf ihren runden Pobacken hinterlassen, vom Bettpfosten hing schlaff die Neunschwänzige Katze.
    Ginas schwarze Augen starrten voller Hass in die Kamera.
    Die letzten Sekunden ihres Filmdebuts verloren sich in grauem Rauschen. Das Gerät ächzte mechanisch, als wollte es Eric zu seinem Meisterwerk beglückwünschen, und spulte zurück.
    Rivett lehnte sich zurück. »Hab dir doch gesagt, sie ist ein Naturtalent.« Er grinste Eric an.
    Der nickte. »Bei dem Blick würd’ auch ein Toter kommen.«
    Rivett hob seinen Whisky. »Auf deinen Oscar.«
    Eric stimmte halblaut zu, und sie stießen an.
    Rivett trank einen ordentlichen Schluck und genoss das Brennen im Rachen, während er seinen Geschäftspartner musterte. »Kannst dich nicht so richtig freuen, was?«
    Eric blickte finster und drückte seine Zigarette aus. »Du kannst dir gar nicht vorstellen, was da alles auf mich zukommt«, sagte er.
    »Spuck’s aus«, erwiderte Rivett und schwenkte die bernsteinfarbene Flüssigkeit in seinem Glas. »Wird mich schon nicht umhauen.«
    Eric starrte ihn an. »Mandy« – mit leicht zitternden Fingern zündete er sich eine neue Zigarette an – »hat sich dick machen lassen.«
    »Ah.«
    »Tja, und du weißt ja, wie toll sie das erste aufgezogen hat.« Eric trommelte mit den Fingern auf dem Tisch. »Sammy ist von der Schule suspendiert. Hat sich irgendeine bescheuerte Frisur machen lassen und sieht aus wie ’ne kleine Schlampe. Dabei war sie doch immer meine kleine Prinzessin. Aber seit Mandy sie hier auf die High School geschickt hat, dreht sie durch. Mandy hat sie überhaupt nicht im Griff. Wie soll das erst werden, wenn sie noch ein schreiendes Baby im Haus hat?« Eric zog kraftvoll an der Zigarette und blies eine Wolke aus Rauch und Bosheit in den Raum. »Was soll ich machen? Abwarten, damit sich alles wiederholt? Edna kann ich auch vergessen: ›Oooh, so ein unschuldiges Beebyyy‹«, äffte er seine Frau nach. »Weiber!«
    Er griff nach der Flasche, und Rivett zündete sich eine Zigarre an.
    »Das Problem bei deinen Frauen, Eric, liegt darin, wie sie aussehen«, sinnierte Rivett. »Du stehst eben auf die hübschen, oder?«
    Eric schenkte sich einen Scotch nach. »Ja?«
    »Hättest es wie ich machen sollen.« Rivett gefiel seine Theorie. »Such dir eine etwas farblosere aus, dann hast du eine dankbare Ehefrau. Meine Töchter sehen zwar nicht unbedingt toll aus, aber die werden mir auch keinen Ärger machen. Das werden zwei brave, kleine Hausfrauen, genau wie ihre Mutter. Aber deine Mandy, das war ein heißer Feger, und was ist passiert? Genau wie die kleine Samantha. Pass bloß auf, dass die nicht mit irgend ’nem schlaksigen Studenten-Wichser durchbrennt.« Er nickte Richtung Fernseher, als die Kassette noch einmal ächzte und ausgeworfen wurde. »Guck dich am besten schon mal nach ’nem brauchbaren Mann um.«
    Eric starrte ihn ungläubig an. »Sie wird doch nächsten Monat erst sechzehn.«
    »Genau«, erwiderte Rivett. »Und wie du weißt, sind sie nie zu jung, oder?«
    Eric verstummte.
    »Meine Schwägerin zum Beispiel hat ’nen netten Jungen«, setzte der DCI fort. »Dale heißt er. Im selben Alter wie deine Sammy.«
    Eric kniff die Augen zusammen, als er das Namensregister in seinem Kopf durchging. »Smollet?«, sagte er. »Teds Neffe? Hat letzte Saison bei ihm an den Pfeilen mitgearbeitet?«
    »Genau«,

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