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Opfere dich

Opfere dich

Titel: Opfere dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Wulff
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übermächtig wurde. Dann hätte der Killer einen Etappensieg errungen. Und sie wäre ein Nervenbündel.
    „Ich schaffe das schon“, antwortete sie zerknirscht. „Ich gehöre zum Team, oder etwa nicht?“
    Lombard ging nicht auf ihre Frage ein, sondern gab Patterson ein Zeichen. „Dann wollen wir mal. Es sind nur knapp zwei Minuten, aber die haben es in sich. Bereitet euch innerlich darauf vor.“
    Bobby Patterson, ein untersetzter Vierzigjähriger, der kein Geheimnis daraus machte, dass er nur einen Bart trug, um sein Doppelkinn zu verstecken, und der seit zwanzig Jahren glücklich verheiratet war, schaltete den Beamer ein. Die ersten Sekunden der Aufzeichnung blieb die Leinwand schwarz. Kein Bild. Kein Ton. Nur Schwärze, die den Anwesenden Zeit gab, sich auszumalen, was sie gleich für Horrorbilder zu sehen bekommen würden.
    Storm rutschte tiefer in ihren Sitz, als die ersten Bilder des Films vom Beamer auf der Stativleinwand erschienen. Sie zeigten eine junge Frau mit kurzen blondierten Haaren. Schwedenblond. Es musste Megan sein, sein bisher letztes Opfer. Sie lag mit dem Rücken auf einem Tisch. Einem Seziertisch. Mit dem umlaufenden Profilrand sah er wie eine Edelstahlwanne aus, mit einem nahtlos eingebauten Organbecken am Kopfende, diagonaler Prägung und Gefälle zum Ablauf. Megan war nackt. Und gefesselt. Das wusste Storm, obwohl nur der Kopf der Frau im Bild zu sehen war. Und ihre entblößten Brüste. Ein Mundspreizer hinderte sie daran, ihren Kiefer zu schließen. Sie sah unversehrt aus, aber ihre Augen waren panisch aufgerissen.
    Es erschien Storm, als würden die Augen der Frau die gesamte Leinwand ausfüllen. Megans Blick brannte sich in Storms Gedächtnis. So verzweifelt, so angsterfüllt. In Großformat.
    Galle brannte in Storms Kehle. Doch sie war unfähig, sich zu bewegen und aufs Damen-WC zu gehen, obwohl sie sich so fühlte, als müsse sie sich sofort übergeben. Notgedrungen schluckte sie den Magensaft wieder herunter und verzog angewidert ihr Gesicht.
    „Das ist Megan Cropps“, sagte Benhurst entsetzt.
    „Sie lebt also tatsächlich noch“, stellte Malcolm fest.
    „Es sei denn, wir sehen gleich ihren Tod“, warf Patterson atemlos ein.
    „Werden wir nicht“, stellte Commissioner Lombard entschieden klar.
    Aber manchmal wäre es besser, man wäre tot, dachte Storm. Die Angst der Frau projizierte sich auf sie. Storm bemerkte, dass sie zitterte, und versuchte, ihre Gefühle wieder unter Kontrolle zu bekommen. Sie war nicht die Frau auf der Leinwand. Sie saß auf dem Polizeirevier. Sie war in Sicherheit. Noch.
    Es funktionierte nur mäßig, sich bewusst vor Augen zu führen, wo sie sich befand, denn Megan Cropps tat ihr unendlich leid. Es zerriss Storm innerlich, zu sehen, wie panisch Megan war, und dass sie ihr nicht helfen konnte.
    Eine Hand kam ins Bild. Es war definitiv eine Männerhand. Sie steckte in einem Latexhandschuh, der dazugehörige Arm in einem schwarzen Pullover. Die Hand strich zärtlich über Megans Wange.
    „Scht, ganz ruhig“, sagte der Täter. „Akzeptiere es, Megan, dann ist es einfacher zu ertragen. Wenn du dagegen ankämpfst, quälst du dich nur selbst.“
    „Er spricht?“, fragte Benhurst überflüssigerweise. „Ich wusste nicht, dass er spricht.“
    Auch Storm war schockiert. Sie rieb kräftig über ihre Arme, die Gänsehaut jedoch blieb beharrlich. „Aber seine Stimme ist im Film verzerrt. Am Telefon ist sie nicht so tief gewesen, sie klang natürlicher.“ Netter, fügte sie stumm hinzu und schämte sich für diesen Gedanken.
    „Weil er keine Beweise hinterließ“, warf Malcolm ein und legte ein Bein über das andere. „Das Telefonat wurde nicht aufgezeichnet. Er brauchte sich keine Sorgen zu machen. Eine Stimme unter Tausenden wiederzuerkennen funktioniert nur im Film.“
    Patterson ließ seine Finger knacken. „Stevie Seligman von der Technikabteilung wird die Stimme schon entzerren.“
    In der Hand des Wachsmörders tauchte ein Metallstab auf. Er zeigte ihn in die Kamera, die auf einem Stativ stehen musste, denn das Bild war scharf. Der Stab besaß eine Spitze. Er sah aus wie ein Fleischspieß. Während Megan nichts anderes tun konnte, als unverständliche Laute von sich zu geben, streichelte der Killer ihren Busen. Er strich mit den Fingerspitzen über ihr Dekolleté. Ihr Brustkorb wogte auf und ab. Sie hechelte. Speichel lief aus ihren Mundwinkeln, Tränen aus ihren Augen.
    Als der Killer ihren rechten Busen einzuritzen begann, gab sie einen

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