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nur leeres Geschwätz. Storm verschränkte die Arme vor dem Körper, ballte die Hände zu Fäusten – unter ihren Achseln, damit keiner der Kollegen es sah – und drückte die Fingernägel in ihre Handballen. Der körperliche Schmerz lenkte sie von ihrer Angst und ihrem Mitgefühl ab, das sie fertig machte. Sie durfte sich aber nichts anmerken lassen, denn Lobster würde sie, ohne mit der Wimper zu zucken, von diesem Fall abziehen. Und sie wollte dieses Schwein kriegen!
Ein Zischen war zu hören. Der Killer hielt einen Bunsenbrenner vor die Kamera und somit auch nah vor Megans Gesicht. Die gequälte Frau schrie ihre Panik heraus. Sie flehte und riss an ihren Fesseln. Ihren Kopf schleuderte sie hin und her, als wäre sie von Sinnen. Seine Hände dagegen waren ganz ruhig. Er zitterte nicht vor Euphorie oder Erregung. Langsam näherte sich die Flamme Megans Wange, während die Frau weiter aufschrie. Sie wandte ihr Gesicht ab und winselte schließlich nur noch. Der Täter verbrannte einige Haarsträhnen hinter ihrem rechten Ohr. Er machte sich einen Spaß daraus, der jungen Frau Angst einzujagen. Dabei hatte er anscheinend gar nicht vor, ihr Brandwunden zuzufügen, denn er nahm den Bunsenbrenner wieder weg.
Patterson rutschte auf seinem Stuhl vor, bis er auf der Kante saß. Durch sein Gewicht neigte sich der Freischwingerstuhl nach vorne. „Der Scheißkerl spielt mit ihr.“
Und mit mir, dachte Storm. Der Wachsmörder wusste, dass sie sich die Aufzeichnung ansehen würde. Er war sich seiner Beobachterin bewusst. Deshalb hatte er Megan mit ihrem Namen gezeichnet. Es war ein weiterer Versuch, sie in sein grausames Spiel mit hineinzuziehen. Storm krallte ihre Hände fest um die Stuhllehnen und drückte sich sogar ein wenig ab, als wären es die Arme des Serienkillers, gegen den sie sich wehrte.
Die Hand des Täters tauchte wieder im Bild auf. Er hielt nun eine beigefarbene Kerze darin. Sie war so dick, dass er sie gerade noch umfassen konnte. Ihr Docht brannte. Er träufelte etwas Wachs auf das O zwischen Megans Brüsten. Sie bäumte sich auf und schrie stumm. Seine Hand glitt höher. Einige Tropfen Kerzenwachs trafen genau in ihren gespreizten Mund. Als sie schützend das Gesicht zur Seite drehte, schnalzte er missbilligend. Er verschwand aus dem Bild.
Das war nicht gut. Denn es bedeutete, dass er ein neues Teufelsinstrument holte. Storm steckte den Knöchel ihres Zeigefingers in ihren Mund und biss darauf, weil die Anspannung kaum zu ertragen war.
Der Serienkiller befestigte nun eine Vorrichtung an der Kopfseite der Liege. Es war eine Art Schraubstock. Damit fixierte er Megans Kopf, so dass sie ihn nicht mehr wegdrehen konnte.
Benhurst sprang auf. „Der Schraubstock ist mit rotem Samt gepolstert. Ich fass es nicht! Das ist doch alles Wahnsinn.“ Er ging hinter die Stuhlreihen und lehnte sich dort gegen die Wand, als würde er nicht wollen, dass seine Kollegen sein Entsetzen mitbekamen.
Aber Storm wünschte sich nur, er würde endlich den Mund halten. Das Video war auch ohne seine Kommentare grauenhaft genug.
Die Hand des Täters mitsamt der brennenden Kerze erschien wieder. Einige Sekunden hielt er die Kerze über Megans Gesicht, weidete sich an ihrem Kampf und goss schließlich einige Tropfen Wachs in ihren geöffneten Mund. „Ich bekomme immer, was ich will“, sagte er leise und mit einem Lächeln in seiner Stimme, begleitet von Megans heiserem Stöhnen.
Als wollte Malcolm Benhurst, der hinter den Stuhlreihen begonnen hatte, hin und her zu gehen, beruhigen, sagte er: „Er wird sie nicht töten. Nicht jetzt. Sonst hätte er den Bunsenbrenner genommen, damit das Kerzenwachs schneller fließt.“
Plötzlich hielt der Täter die Kerze über Megans rechtes Auge. Er schwenkte sie bedrohlich hin und her. Das Wachs würde jeden Moment über den Rand schwappen. Die junge Frau klimperte mit den Lidern. Sie versuchte ihren Kopf aus dem Schraubstock zu befreien. Erfolglos. Dann fiel ein Tropfen Wachs.
Storm wagte es kaum hinzusehen. Sie widerstand dem Drang, die Hände vor ihr Gesicht zu schlagen wie ein Kind, das heimlich einen Horrorfilm anschaut und die Spannung dann doch nicht aushalten kann.
Megan schaffte es jedoch gerade noch rechtzeitig, ihr Auge zu schließen, bevor der heiße Tropfen sie traf. Ihr Gesicht verzog sich zu einer Grimasse. Sie schluchzte. Ihr Teint war krankhaft blass, aber auf ihren Wangen zeichneten sich kleine, kreisrunde rote Flecken ab. Eine Weile wartete sie, weil sie befürchtete,
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