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Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)

Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)

Titel: Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kibler
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gestern mit den Bildern durch den Schuppe’ marschiert sind.«
    Margot überlegte kurz. Vielleicht stand sie hier vor einem Durchbruch in ihrem Fall. Vielleicht war die Geschichte um Sacher und Kaufmann auch nur eine weitere Anekdote. Sie wusste nur: Wenn sie hier irgendwelche verwertbaren Informationen bekommen wollte, dann musste auch sie einen Teil ihres Blattes aufdecken. Sie entschied sich für die Offenheit. »Neben Sacher und Kaufmann gibt es noch einen Mord an einem anderen Mann und einen ungeklärten Todesfall. Die Fälle hängen alle irgendwie zusammen. Die vier haben zusammen studiert und waren in derselben Studentenverbindung. Und wir stochern derzeit etwas im Nebel.«
    Wuttkes Augenbraue hob sich. »Vier?«
    »Ja. Vier.«
    »Emil Sacher. Philipp Kaufmann. Und die beiden anderen heißen wahrscheinlich Richard Wölzer und Till Hansen.«
    Nun war es an Margot, die Augenbrauen zu heben. »Woher wissen Sie …?«, fragte sie und konnte ihr Erstaunen nicht kaschieren.
    »Die vier waren Freunde. Auf dem Internat. Und offenbar auch später.«
    »Alle vier waren auf der Rimdidim-Schule?«
    »Ja.«
    »Komisch. Hansen und Wölzer haben ihr Abi aber nicht hier gemacht.«
    Wuttke nickte. »Ja. Die zwei sind vorher abgegangen. Oder vielmehr abgegangen worden.«
    »Verstehe ich Sie richtig? Die vier waren hier zusammen auf dem Internat? Und Hansen und Wölzer sind vor dem Abi abgegangen?«
    »Ja. Hansen und Wölzer sind nach der elften Klasse von ihren Eltern von der Schule genommen worden. Sie haben ihr Abi dann woanders gemacht – offensichtlich haben beide es ja auch geschafft.«
    »Ja. Hansen in Hamburg. Und Wölzer in Ingolstadt.«
    »Die vier kamen alle in der neunten Klasse zusammen. Picht hatte das Gymnasium so ausgelegt, dass er ab dieser Klassenstufe Schüler aufnahm. Die Voraussetzung: Englisch ab der fünften Klasse, Latein ab der siebten. Pichts Konzept war nicht schlecht: Nachhilfe inklusive. Wer Förderung brauchte, bekam sie. Es gab einige Schüler, die das dankend annahmen. Die wissen wollten, Fragen stellten und nach Antworten gierten. Und ja, es waren meist die Stipendiaten, die das Angebot annahmen. Aber genau das war Pichts Idee: Die Reichen finanzieren die aus den unteren Schichten, die etwas lernen wollten. Elitär? Sicher. Aber für einige unserer Schüler ein Segen. Es gab jeden Sonntagmorgen einen Gottesdienst. Ökumenisch, für beide Konfessionen zusammen. Aber ich komme vom Thema ab. Sie wollen mehr über die vier Jungs erfahren.«
    »Ja.« Margot lächelte. Sie konnte das Internatskonzept nicht wirklich beurteilen, aber es klang sympathisch. Auch wenn sie nicht wusste, wie sie die strikte Geschlechtertrennung bewerten sollte.
    »Ich hatte alle vier in Latein und in Religion, von der Neunten an. Die vier waren eine Clique. Nein, mehr als eine Clique. Sie wirkten auf mich wie ein Klub, eine Gemeinschaft, nein, eher wie ein Zirkel, der von den anderen abgeschottet war, besonders ab der zehnten Klasse.«
    »Wie äußerte sich das?«
    »Die vier waren in der Freizeit ständig zusammen. Aber auch während der Schulzeit. Gruppenarbeit zu zweit: Kaufmann und Wölzer, Sacher und Hansen. Gruppenarbeit zu viert: das Quartett. Gruppenarbeit zu dritt: Protest. Und wenn einer der drei etwas nicht kapierte, dann war da immer einer der anderen, der es ihm erklärte.«
    »Das klingt ja alles erst mal positiv.«
    »Ja«, antwortete Wuttke, aber sein Tonfall sprach eine andere Sprache. »Ich wurde stutzig, als wir einmal nach Darmstadt gefahren sind. War ein Tagestripp am Anfang der Zehnten. Es gab ein paar neue Schüler – Teambuilding heißt das auf Neudeutsch. Wir machten eine Führung durch das Darmstädter Schloss und durch das Schlossmuseum. Hansen und Sacher wollten unbedingt noch zum Denkmal des Löwen. Der Bus wartete schon auf uns, aber Hansen sagte, es wäre doch wichtig, dass wir uns auch das Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs anschauen würden. Mein Kollege Dittner, Geschichtslehrer, bekam ein Leuchten in die Augen. Also alle Mann an die Nordseite der Schlossmauer. Und da erhob er sich über den Schülern, der sterbende Löwe, der seinerzeit für die Gefallenen und Vermissten des in Darmstadt stationierten Infanterieregiments 115 aufgestellt wurde. Der Löwe sollte den Schmerz über die Opfer zum Ausdruck bringen. Den meisten Schülern war das völlig egal. Aber die vier drückten mir einen Fotoapparat in die Hand, stellten sich auf, legten die Hände aufeinander. Es wirkte

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