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Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)

Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)

Titel: Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kibler
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wie ein Schwur. Irgendwie gruselig.«
    »Haben Sie dazu etwas gesagt?«
    »Zu Kaufmann, zu dem hatte ich einen ganz guten Draht. Ich habe ihn gefragt, was das gewesen sei, da vor dem Denkmal. Er sagte, das sei der Treueschwur der Fraternitas leonum lucis gewesen.«
    »Und das heißt?«
    »Die Bruderschaft der Löwen des Lichts.« Wuttke schwieg.
    »Löwen?« Margot wurde hellhörig. »Haben die damals auch grüne Bänder getragen, mit einem Löwenemblem am unteren Ende?«
    Nun war es an Wuttke, mal wieder einen überraschten Blick aufzusetzen. »Ja. Aber die Bänder hatten sie erst später, so Anfang der elften Klasse, glaube ich.«
    »Okay. Und was sollte das bedeuten, mit den Löwenbrüdern?«
    »Das habe ich Kaufmann auch gefragt. Er hat nur gesagt: ›Wir sind ein Klub‹. Aber mir wurde schnell klar, dass das nicht die ganze Wahrheit war.«
    »Wieso das?«
    »Die vier – hier besonders Kaufmann und Wölzer, die Aufgeweckteren und Interessierteren des Quartetts –, sie begannen, im Religionsunterricht Fragen zu stellen. Das begann mit Fragen zu Opus Dei – der katholischen Organisation, der man ja auch geheimdienstliche Strukturen und fast geheimdienstliches Wirken unterstellt. Dann kamen Fragen im Geschichtsunterricht, wie mir Kollege Dittner erzählte. Zunächst zu den Illuminaten, einem kleinen Orden, der nur wenige Jahre wirkte, dann verboten wurde. Heute gibt es kaum eine Verschwörungstheorie, in der nicht die Nachfahren der Illuminaten genannt werden. Und mein Quartett schien sie gut studiert zu haben: Die Illuminaten seien an der Französischen Revolution schuld gewesen, sie hätten sich mit den Freimaurern verbündet und hüteten den Heiligen Gral. Hinzu kamen dann noch die Fragen zu den Hexen, wieder in meinem Unterricht, ob am Malleus Maleficarum nicht doch was dran sein könnte.«
    »Malleus – was?«
    »Der Hexenhammer. Ein Werk aus dem fünfzehnten Jahrhundert, in dem beschrieben wird, was eine Hexe ist, wie man sie identifiziert, was sie alles anrichtet – und wie man sich davor schützt. Es ist ein Werk zur Legitimation der Hexenverfolgung, das der Dominikaner Heinrich Kramer geschrieben hat. Aus heutiger Sicht ein sexistisches Werk, geschrieben von einem Mann, der Angst vor Frauen und vor Sexualität hatte. Ein kleines Buch mit großer Wirkung, da mit – wenn auch gefälschtem – päpstlichem Segen. Und gerade der Schutz vor schwarzem Zauber – das war es, was die vier Jungs fasziniert hat.«
    Margot schenkte sich Tee ein und nahm eines der Croissants. Inzwischen war ihr Magen wieder freundlicher gestimmt. Aber an den Kaffee traute sie sich noch nicht. »Hatten die Jungs das Buch?«
    »Als die Fragen zu abstrus wurden, haben Picht und ich die Räume der Jungen durchsucht, aber nichts gefunden. Ich denke, die hatten irgendwo ihr Versteck, wo sie diese Art Literatur aufbewahrt haben. Sie müssen es gehabt haben. Keine Ahnung, woher. Und keine Ahnung, wo.«
    »Wie ging das weiter mit den vieren? Wurde die Verbindung lockerer – irgendwann?«
    »Nein, ich hatte nicht das Gefühl. Ich kam dann auch nicht mehr an sie ran. Ich hatte den Eindruck, dass sie sich immer mehr abschirmten. Es kamen kaum noch Fragen im Unterricht. Aber immer wieder warfen sie sich Blicke zu, wenn ich etwas über Religion sagte. So, als ob sie sagen wollten: Der alte Irre hat ja keine Ahnung. Aber auf Diskussionen ließen sie sich nicht ein. Kaufmann hat mir nur einmal gesagt, dass die Fraternitas leonum lucis eine Ehrengemeinschaft sei, ein Bund fürs Leben. Ihr Wahlspruch lautete: Ehre, Licht und Reinheit. Auf meine Fragen, was hinter dem Wahlspruch stehe, hat er mir nicht mehr geantwortet.«
    »Sind die vier auffällig geworden?«
    Wuttke nickte. »Ja. Leider.«
    Auch er griff zu einem Croissant. »Es gab zwei Zwischenfälle. In einem hingen die vier mit drin. Beim zweiten ist es nicht sicher. Beide Male waren junge Mädchen betroffen.«
    Margot spürte, wie sich ihre Nackenhärchen aufstellten. Lag das Motiv der Morde bei Dingen, die das Quartett in der Vergangenheit verbrochen hatte? Vor der versuchten Vergewaltigung in Heidelberg? Hatte Petra Schöffer nicht erzählt, Kaufmann habe gesagt: ›Nicht schon wieder das Ganze!‹ ? Hieß das nicht, dass es ein schon mal gegeben haben musste? »Was ist passiert?«
    »In der elften Klasse, im zweiten Halbjahr – es war Frühling, ich glaube, Mitte April, auf jeden Fall nach den Osterferien –, da haben die vier an einem Wochenende ein Mädchen angegriffen. Sie waren

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