Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)
Jahren Bewährung und Führerscheinentzug für ein Jahr.«
»Könnte ja vielleicht sein, dass die Angehörigen von Frau Emma Kruse – der Dame, die er totgefahren hat –, dass diese Angehörigen sich rächen wollten.«
Jonne hob eine Augenbraue. »Das glaube ich nicht. Till ist zu der Familie gefahren und hat sich persönlich entschuldigt. Und es hingenommen, dass ihn der Sohn von der Frau …«
»… von Frau Emma Kruse …«
» … von Frau Kruse angespuckt und geohrfeigt hat, ja. Er hat sich unter Tränen entschuldigt. Später hat er noch einen Brief geschrieben, in dem stand, dass er niemanden mehr lebendig machen könne und er bereit sei, der Familie fünfzigtausend Euro zu geben oder zu spenden. Zusätzlich zu den Beerdigungskosten, die komplett auf seine Rechnung gingen – und die Kruses hatten eine, nun, formulieren wir es so, eine sehr, sehr angemessene Bestattungszeremonie mit anschließendem Schmaus im Hotel. Sie haben das Geld genommen, weil sie damit die Ausbildung für Emma Kruses Sohn bezahlt haben. Insofern glaube ich nicht, dass zwölf Jahre danach jemand aus dieser Familie Till umgebracht hat.«
»Und die vierzehn Tage, die er verschwunden war – haben Sie irgendeine Idee, wo Ihr Bruder in dieser Zeit gewesen ist?«
Hansens Stimme wurde eine Spur leiser. »Ja. Wo auch immer er gewesen ist, er war dort nicht freiwillig.«
Margot nahm noch einen Schluck Weinschorle. »War Ihr Bruder in irgendwelchen Vereinen aktiv, in denen er sich hätte Feinde machen können?«
»Nein, mein Bruder war kein Vereinsmensch. Er hatte ein paar Vereine oder Organisationen auf der Payroll, denen er Unterstützung zukommen ließ, über die Reederei. Ein Drittel danach ausgesucht, dass man damit in die Medien kommt, ein Drittel danach, was er für sinnvoll hielt. Und ein Drittel durfte ich mir aussuchen.«
»Und was waren das für Vereine?«
»Mein Geld ging an Greenpeace. Keine intakten Meere, keine Schiffe, so einfach sehe ich das. Till – er hat regionale soziale Projekte gefördert, etwa die Hamburger Tafel. Auch keine Aktion, durch die man sich Feinde macht.«
Margot spürte, dass sie hier nicht mehr würde herausbekommen können. Aber was hatte sie auch erwartet …
Sie verabschiedete sich von Jonne Hansen; der brachte sie noch bis zum Aufzug.
Zwei Minuten später stand Margot wieder im Freien. Auch in Hamburg war es heiß. Was sie umso mehr spürte, als Hansens Büro angenehm klimatisiert gewesen war. Da stand sie nun, einsam in der Metropole. Toller Wochenendtrip. Ein bisschen mehr Planung wäre schon nicht schlecht gewesen. Sie sah auf die Uhr. Es war kurz nach fünf.
Sie hörte die Möwen. Roch die frische Luft. Aber es wollte sich nicht auch nur der Hauch von Urlaubsgefühl einstellen. Sie schlenderte eine Promenade am Wasser entlang, Schiffe lagen vertäut in den Fluten. War nett hier. Nur war ihr nicht wirklich nach Bummeln zumute. Nach ein paar Minuten landete sie auf einem schönen Terrain, das sich Marco-Polo-Terrassen nannte. Die Stühle eines Straßencafés luden zum Verweilen ein. Sie sah auf die Karte. Bestellte einen Cappuccino. Zumindest die Preise gaben einem das Gefühl, im exklusiven Urlaub zu sein.
Margot war zu unruhig, um einfach nur in der Sonne zu sitzen. 17.15 Uhr. Es war eine völlig bescheuerte Schnapsidee gewesen, hierherzufahren. Was sollte sie mit dem angebrochenen Tag machen?
Sie nahm ihr Handy aus der Tasche. Machte ein Foto von der Elbphilharmonie im Gegenlicht. Dann klickte sie unter »Kontakte« auf den Namen von Frank Karlsson, dem Hamburger Kollegen, der den Fall Hansen bearbeitete und mit dem Horndeich telefoniert hatte. Kurz zögerte sie, dann wählte sie seine Mobilfunknummer.
Nach wenigen Sekunden ging Karlsson dran. »Karlsson – hallo?«
»Margot Hesgart. Eine Kollegin aus Darmstadt. Sie haben gestern mit meinem Partner Steffen Horndeich telefoniert.«
»Ah, die Sache mit Ihrer Schwimmbadleiche. Ja. Was kann ich für Sie tun?«
Als Karlsson diese Frage stellte, wurde Margot erneut bewusst, wie erbärmlich die ganze Aktion war.
»Frau Hesgart?«
»Ja, entschuldigen Sie – ich bin gerade in Hamburg. Und dieser Fall …«
»Schön, dass Sie unsere Stadt besuchen.«
»Ich habe gerade mit Jonne Hansen gesprochen, dem …«
»… Bruder. Nicht sehr ergiebig.«
»Nein. Ich hätte nun die Frage, ob Sie sich vielleicht mit mir treffen würden? Ich denke, die beiden Fälle hängen zusammen, der in Darmstadt und dieser hier in Hamburg.«
»Klar,
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