Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)
gern. Ich habe heute nichts mehr vor. Wo kann ich Sie treffen?«
»Im Moment bin ich gerade auf diesen Marco-Polo-Terrassen. Nettes Fleckchen.«
»In der Sansibar?«
»Ja, ich glaube, so heißt das hier.« Margot nahm eine Getränkekarte. »Ja. Da bin ich.«
»Schön, dann komme ich einfach zu Ihnen, wenn Ihnen das recht ist.«
»Ja, natürlich. Gern.«
»Geben Sie mir dreißig Minuten.«
Es dauerte keine fünfundzwanzig Minuten. Karlsson kam direkt auf Margot zu. »Frau Hesgart?«
»Ja.« Margot erhob sich. Vor ihr stand ein gut aussehender Sechzigjähriger mit grau meliertem Haar. Der Dreitagebart und die frechen, strahlend blauen Augen verliehen ihm etwas verwegen Attraktives. So in etwa stellte sich Margot den ersten Offizier auf einem alten Piratenschiff vor.
»Darf ich?«, fragte Karlsson und deutete auf den zweiten Stuhl am Tisch.
»Selbstverständlich.«
Karlsson bestellte auch einen Cappuccino für sich. Während er auf den Kaffee wartete, fragte er Margot, wie die Reise gewesen und wo sie untergekommen sei, wie ihr Hamburg gefalle und ob sie schon öfter in der Stadt gewesen wäre.
»Nein. Mein Kollege Horndeich, er ist in Hamburg geboren. Ich war in meinem Leben vielleicht zwei-, dreimal hier. Einmal im Musical Cats . Mit meinem Mann, also meinem Exmann, nein, eigentlich …«
»Schon gut«, wiegelte Karlsson ab.
»… meinem zukünftigen Exmann.« Nun hatte sie Karlsson in einem Satz eine Zusammenfassung ihrer Lebensgeschichte gegeben. Prima. Aber Margot stellte fest, dass es ihr nichts ausmachte. Es war angenehm, mit Karlsson zu plaudern. Es hatte so gar nichts Schweres.
»Was möchten Sie über den Fall wissen?«, fragte Karlsson nun, und der Tonfall seiner Stimme hatte sich um eine Nuance verändert. Zur Sympathie hatte sich die Professionalität gesellt.
»Alles«, sagte Margot und musste lachen. »Wir haben Ihre Akte bekommen – herzlichen Dank dafür. Ich habe gestern alles überflogen. Aber natürlich nicht alles gelesen. Ich würde mich freuen, wenn Sie mir eine Zusammenfassung geben könnten. Die große Frage über allem ist: Hängen die beiden Morde zusammen? Bislang haben wir nur herausgefunden, dass beide Männer vor zwanzig Jahren in Darmstadt studiert haben, aber unterschiedliche Fächer, dass sie beide erschlagen wurden und ihnen postmortal Verletzungen zugefügt worden sind, die an die Foltermethoden der Neuzeit erinnern.«
»Ich habe gestern auch noch gelesen, was Ihr Kollege mir über Ihren Fall geschickt hat.«
»Und – ist Ihnen etwas aufgefallen?«
»Nein. Bislang nicht. Wir werden jetzt natürlich die Zeugen alle noch mal befragen, ob der Name Emil Sacher irgendwo auftaucht.«
Margot lächelte: »Und wir werden nach Till Hansen fragen.«
»Wollen Sie den Ort sehen, an dem Hansen gefunden worden ist?«
»Ja. Natürlich. Aber ich will nicht, dass Sie jetzt irgendetwas sausen lassen wegen mir.«
»Keine Angst. Ganz offen: Ich freue mich, dass Sie da sind. Ich hatte nichts anderes vor, wirklich.«
Ganz Gentleman bezahlte Karlsson für beide. Dann geleitete er Margot zu dem Parkplatz, auf dem er seinen Wagen abgestellt hatte.
»Na, welchen nehmen wir?«, fragte er und grinste.
Margot schaute über den Platz. Unter der Vielzahl der abgestellten Wagen sah sie ein Jaguar E-Type Cabrio. Nicht dass sie sich mit Autos auskannte – aber was ein E-Type war, gehörte wahrscheinlich genauso zum Allgemeinwissen wie das Wissen um einen VW Käfer oder einen Porsche 911. Margot deutete auf den knallroten Wagen mit dem weißen Verdeck. »Den.«
»Ihr Wunsch sei mir Befehl«, sagte Karlsson mit ernster Miene und marschierte voran auf den Wagen zu. Margot fürchtete für einen Moment, er würde sich über die Tür schwingen, die Drähte aus dem Zündschloss reißen und den Wagen kurzschließen. Doch er nahm einen Schlüsselbund aus der Tasche seiner Sommerjacke. Öffnete die Beifahrertür. Und hielt sie auf.
Margot lächelte. Sie machte sich nichts aus Oldtimern. Aber wenn sie Horndeich erzählen würde, dass sie in einem E-Type durch die Stadt kutschiert worden war …
Karlsson setzte sich auf den Fahrersitz und ließ den Motor an, der mit einem satten Blubbern startete.
»Wie kommt man auf die Idee, sich so ein Auto zu kaufen? Oder gehörte der Wagen Ihrem Vater mit britischer Abstammung?«
Karlsson lachte auf. »Die Großeltern stammen zu drei Vierteln aus Schweden. Das restliche Viertel war deutsch. Ich fahre den Wagen seit zwei Jahren. Kinder aus dem Haus, Frau
Weitere Kostenlose Bücher