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Opfermal

Opfermal

Titel: Opfermal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Funaro
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How could you think I’d let you get away?
    Tell me how could you think I’d let you get away?«
    Er hatte es längst aufgegeben, um Hilfe zu rufen; er wusste, seine einzige Chance bestand darin, dem Mann in der Skimaske vernünftig zuzureden. Aber wie? Wer war der Kerl? Er konnte keiner von Galottis Jungs sein. Nein, er hatte diesem schmierigen Itaker einen hübschen Deal verschafft. Hatte ihn wieder ins Zeugenschutzprogramm gebracht, trotz der Drogenstrafe des blöden Arschlochs. Und er war gewiss kein Freund des Kolumbianers. Sicher, die Kolumbianer hackten ihre Feinde mit der Machete in Stücke und ließen sie ihre eigenen Hoden fressen. Aber die Musik aus den Achtzigerjahren? Die Hieroglyphen überall an seinem Körper? Es passte nicht zusammen. Nein, auch wenn er den Kolumbianer nicht freigekriegt hatte, hatte er doch verhindert, dass seine Familie abgeschoben wurde – und der Scheißkerl liebte ihn dafür!
    » Look for my light in the nighttime; I’ll look for your dark in the day.
    Let me stand inside your doorway and tell you who you are.«
    Donovan hörte ein Hämmern aus dem Raum nebenan. Sofort wurde er wieder von Panik überwältigt und spürte, wie sich seine Brust zusammenzog und sein Atem schneller ging.
    » I thought I heard you calling. You thought you heard me speak.
    But tell me how could you think I’d let you get away?«
    Der gesprochene Teil kam wieder – »Your body is the doorway«  –, und Donovan wollte schon rufen, als eine Stimme in seinem Kopf ertönte: Es ist sinnlos. Zähl einfach die Zeitungen und stimme deine Atmung auf das Zählen ab.
    Ja, das hatte geholfen, ihn zu beruhigen. Wie viele Mal schon? Er wusste es nicht.
    »Eins … zwei … drei«, begann er langsam und atmete zwischen jeder Zahl ein, während der Refrain wieder und wieder fragte: » How could you think? How could you think?«
    Die Wände waren vollständig mit Zeitungs- und Zeitschriftenausschnitten verschiedener Form und Größe bedeckt – manche mit Schlagzeilen und grobkörnigen Fotos, andere waren nur schemenhafte Papierschnipsel. Ein paar große Zahlen waren an die Wand genau vor ihm geheftet – 9:3 auf einer Seite der Tür, 3:1 auf der anderen. Donovan konnte die Zahlen deutlich sehen. Sie hatten sich praktisch in seine Netzhaut gebrannt. Aber er hatte während seiner Tage auf dem Stuhl auch festgestellt, dass er einige der Artikel lesen konnte, wenn er sich lange genug konzentrierte und im Rhythmus mit dem Stroboskoplicht blinzelte. Es war Zeug über den Krieg im Irak, über einen archäologischen Fund außerhalb von Bagdad und etwas über Astrologie und Meteoritenschauer. Manchmal raschelten die Ausschnitte in der Zugluft von der offenen Tür – die auf einen dunklen Flur hinausging, wo häufig gelbes Licht blitzte –, und Donovan nahm Bewegung wahr.
    » How could you think? How could you think?«
    Tell me how could you think I’d let you get away …«
    Der Refrain begann zu verklingen, das Hämmern hörte auf, und die beiden Songs gingen zum x-ten Mal ineinander über – der verzerrte Synthesizer, das Poppitty-pop-pop des elektrischen Schlagzeugs, das ihn einmal mehr in den Wahnsinn zu treiben drohte. Donovan hob unter Schmerzen den Kopf und glaubte für einen Sekundenbruchteil ein Licht zu sehen, einen Schatten, der an der Tür vorbeiging.
    »Ich weiß, dass Sie da sind!«, rief er. Das Intro des Songs war der ruhigste Teil, die beste Zeit, nach dem Mann in der Skimaske zu rufen, wie er gelernt hatte. »Denken Sie an meine Kinder, verdammt noch mal! Sie sind acht und sechs. Zach und Amber heißen sie. Zach spielt Baseball, und Amber hat Ballettunterricht. Wir haben ihr letztes Jahr zu Weihnachten ein Tutu geschenkt. Herrgott noch mal, tun Sie ihnen das nicht an!«
    So wie das Stück von Depeche Mode oder New Order, oder von wem der Scheißsong war, ständig lief, hatte Randall Donovan seine Leier viele Male wiederholt, aber er hatte den Mann in der Skimaske seit rund zwanzig Versionen des Lieds nicht mehr gesehen.
    »Wirst du ihn erkennen, wenn er dich holen kommt?«, hatte der Mann in der Skimaske gefragt.
    »Ja, das habe ich doch schon gesagt«, jammerte Donovan. »Sie wollen, dass ich es sage, in Ordnung, ja, ich verstehe meinen Auftrag. Die Gleichung, die Neun und die Drei wie sie in den Sternen geschrieben stehen – ich hab’s kapiert! Wie oft soll ich es noch sagen, Sie verdammter Hurensohn!«
    Danach hatte ihn der Mann in der Skimaske einfach allein gelassen. Dieses letzte

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