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Opferschuld

Opferschuld

Titel: Opferschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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für sie. «Dann hat er sich in Abigail verknallt. In die roten Haare und die kurzen Röcke.» Wieder war ihre Stimme ganz ruhig, sachlich. «Ich weiß noch, wie er sie zum ersten Mal gesehen hat. Damals auf der Landspitze, als die Sonne schien und wir Eis gegessen haben. Dann im Jugendzentrum. Mir hat er gesagt, er wäre Abigail nie begegnet, aber das stimmt nicht. Ans Jugendzentrum hätte ich mich erinnern müssen. Das gehörte mit zu den ersten Dingen, die er unternahm, als er nach Elvet kam, er richtete dieses Zentrum ein. Er konnte sich nicht wirklich geändert haben, oder? Wenn er sich wirklich geändert hätte, dann wäre das doch das Letzte gewesen, was er gemacht hätte. Sich selbst in eine Lage zu bringen, in der er jungen Mädchen begegnete. Bis vor kurzem hatte ich das alles vergessen, ich hatte vergessen, dass Abigail überhaupt je da war. Sie kam nicht oft, aber ab und zu schon, spielte sich auf und ließ den Rest von uns erbärmlich aussehen. Aufgedonnert in ihren schicken Klamotten. Das erste Mal kam sie für einen Disco-Abend, nicht wahr? Ich hatte sie gefragt und war so aufgeregt, als sie sagte, sie würde kommen. Das war die letzte Veranstaltung vor den Sommerferien. Dad saß auf der Bühne und schaute den Tanzenden zu. Daran erinnere ich mich noch. Er konnte die Augen nicht von ihr abwenden. Ich war ja so blöd. Ich dachte, er würde sie so ansehen, weil sie so gut tanzte. Dann kam bei Keith irgendwas dazwischen, und er konnte sie nicht abholen, und Dad hat sie mitgenommen. Chris und ich sind mit Mum nach Springhead House zurückgefahren.» Jetzt erst sah sie ihren Vater an. «Hat es damals angefangen?»
    «Mantel war nie ein richtiger Vater», sagte Robert. «Sie brauchte jemanden, mit dem sie reden konnte.»
    «So wie Zoe?», fragte Vera. «Haben Sie Abigail auch von der Schule abgeholt? Sich mit ihr getroffen, wenn sie schwänzte?»
    «Dazu habe ich sie nie ermutigt. Ich habe versucht, sie dazu zu bringen, wieder zurückzugehen. Ich war wie ein Betreuer vom Jugendamt zu ihr, das ist alles.»
    «O mein Gott», sagte Emma. «Du hast mit ihr geschlafen.»
    «Nein! Das wollte sie zwar. Die Gelegenheit war da. Ich gebe zu, ich war in Versuchung, aber wir hatten nie Sex miteinander.» Er sah Mary an. «Das musst du mir glauben.»
    Vera hatte plötzlich ein Bild von Bill Clinton vor Augen.
Ich hatte keine sexuelle Beziehung zu dieser Frau.
Aber vielleicht sagte Robert ja mehr als die reine Wahrheit.
    «Hat damals die Erpressung angefangen?», fragte sie. «Als Sie sich weigerten, mit ihr zu schlafen? Wir wissen, dass sie eine ziemlich verstörte junge Dame war.»
    «Ja», sagte er. «Sie hat damit gedroht, dem ganzen Dorf zu erzählen, dass wir ein Liebespaar wären. ‹Wir könnten es im Jugendzentrum verkünden. Es ist eine Sünde zu lügen. Wir sollten auf der Bühne stehen, Hand in Hand, und es der ganzen Welt sagen.› Dann ist sie in Lachen ausgebrochen, als hätte sie was getrunken oder wäre wahnsinnig, ich wusste nie, ob sie es ernst meinte oder nicht. Ich habe versucht, mich von ihr fernzuhalten, aber ich konnte nicht aufhören, an sie zu denken. Ich habe geglaubt, ich wäre der einzige Mensch, der sie retten könnte.»
    «Und dann hast du sie umgebracht», wisperte Emma. «Du hast sie erdrosselt und da draußen im Graben liegen lassen, damit ich sie finde.» Es entstand eine entsetzte Stille. «Hast du Christopher umgebracht, weil er das rausgekriegt hat?»
    Alle starrten Robert an, warteten auf eine Antwort. Er sagte nichts, und Emma redete weiter.
    «Ich glaube, ich wusste es schon immer, ich wusste es selbst damals schon. Nicht das mit Zoe, zumindest nicht die Einzelheiten, aber selbst damals wusste ich, dass etwas nicht stimmte. An diese wundersame Bekehrung habe ich nie geglaubt. Eines Abends, als ich nicht schlafen konnte, kam ich nach unten. Ihr wart im Garten und habt darüber gesprochen. Es duftete nach Jelängerjelieber. Ihr habt Pläne gemacht, wie wir aus York wegziehen würden. Ich muss etwas gehört haben   …
    Und Abigail hat bestimmt gewollt, dass ich es erfahre. Was für ein Heidenspaß das für sie gewesen sein muss. Die Art und Weise, wie sie über meinen Vater redete, diese boshaften Anspielungen und alles so geheimnistuerisch. Wie viele Andeutungen hat sie wohl gemacht? Und ich habe es nicht begriffen. Oder wollte es nicht begreifen. Am Ende hätte sie es mir natürlich doch noch erzählt. Das wäre das Größte für sie gewesen. Sie hätte so getan, als wäre es nur

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