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Opferschuld

Opferschuld

Titel: Opferschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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Anspruch genommen. Sie wollte so sein wie wir, aber das konnte sie nicht, und deshalb musste sie alles zerstören.»
    Sie war noch ein Kind,
dachte Vera.
Verkorkst und unglücklich.
Aber sie ließ Mary weiterreden.
    «Christopher hat Robert und Abigail zusammen gesehen. Damals hat er nichts gesagt. Vielleicht konnte er es noch nicht einschätzen. An dem Nachmittag war er von der Schule befreit, wegen eines Termins beim Zahnarzt. Er hat sie in Crill zusammen gesehen. Danach hat er ihr nachspioniert. Ich glaube, dass es da auch andere Male gab.»
    «Hat er Sie gefragt, was das zu bedeuten hat?»
    «Nein. Natürlich nicht. Er war ein sehr verschlossener Junge, und Kinder vertrauen sich ihren Eltern nur selten an.»
    «Woher wissen Sie dann, dass er Abigail und Ihren Mann zusammen gesehen hat?»
    «Das hat er mir gesagt, als er letzte Woche hier war.»
    «An dem Tag, an dem er ums Leben kam?»
    «Ja.»
    «An dem Tag, an dem Sie ihn umgebracht haben?»
    Sie schwieg lange. «Ja.»
    «Hat er Sie an jenem Morgen angerufen?»
    «Robert war schon zur Arbeit gefahren. In der Bücherei fange ich später an, und ich wollte gerade gehen, als das Telefon klingelte. Es war Christopher, der von seinem Handy aus anrief. Er klang schrecklich aufgewühlt, redetefast nur wirres Zeug. Er war auf dem leerstehenden Gehöft neben dem Gemeindefriedhof und beschuldigte Robert, Abigail umgebracht zu haben. Er sagte, er hätte es damals schon merken müssen, hätte etwas sagen müssen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich hatte gedacht, wir wären in Sicherheit. Robert ging in seiner Arbeit auf. Er hatte diesen Unfug mit Abigail Mantel hinter sich gelassen, und seitdem war so etwas nicht wieder vorgekommen. Wir hatten eine neue Familie, mit Emma und James und dem Kleinen   …»
    «Noch mehr Menschen, für die Sie verantwortlich waren.»
    «Genau», sagte Mary dankbar. «Sehen Sie, Sie verstehen es ja doch.»
    «Haben Sie sich mit Christopher auf dem Hof getroffen?»
    «Nein. Ich wollte erst mal überlegen, was ich am besten tun sollte. Ich habe ihm gesagt, ich würde ihn später zurückrufen und dann könnten wir uns treffen. Ich habe gehofft, dass die Warterei ihn langweilen würde. Er war immer sehr schnell gelangweilt. Dass er in aller Öffentlichkeit eine Szene machen würde, konnte ich mir nicht vorstellen. Ich habe gehofft, er würde einfach nach Aberdeen zurückfahren und alles vergessen. Und später, wenn ich dann Zeit gehabt hätte, um mir eine gute Ausrede auszudenken, wollte ich ihn besuchen und es ihm erklären. An dem Tag habe ich auch begriffen, warum er uns so ungern besuchte, warum er kein Teil der Familie sein wollte. Ich dachte, wenn ich Zeit gewinne, könnte ich es hinkriegen. Dann würden wir alle wieder zusammengehören.»
    «Einfach so», sagte Vera. «Ganz ungezwungen. Wie andere Familien auch.»
    «Ja», sagte Mary. «Genau.»
    Dann stammte der zweite Satz Fingerabdrücke auf demHof also nicht vom Mörder. Noch eine falsche Fährte. Es würde wahrscheinlich kaum forensische Beweise geben, die Mary mit Christophers Tod in Verbindung brächten, dachte Vera. Aber jetzt hatten sie ein Geständnis. Und das würde sie nicht widerrufen, ganz gleich, was die Anwälte ihr rieten. Die Rolle der Märtyrerin passte zu ihr.
    «Haben Sie denn in Betracht gezogen, ihn zu ermorden?»
    «Aber natürlich nicht.» Sie war außer sich. «Er war mein einziger Sohn.»
    «Was haben Sie mit seinem Handy gemacht?»
    «Das ist oben. Im Schlafzimmer, in meiner Schublade.»
    Vera wusste, dass sie eigentlich triumphieren sollte, aber wenn sie diese pummelige Frau mit dem nachlässig gebundenen Pferdeschwanz ansah, fühlte sie sich nur noch elend. Zweifellos würde auch Mary in Spinney Fen enden. Sie würde eine mustergültige Gefangene abgeben. Sich freiwillig zu den Gruppen melden, in denen an der Überwindung strafbaren Verhaltens gearbeitet wurde. Robert und Emma kämen sie besuchen. Robert könnte natürlich nicht mehr im Gefängnis arbeiten, aber seine Vorgesetzten hätten sicherlich Verständnis für seine Lage. Sie würden etwas anderes für ihn finden.
    «Warum haben Sie ein Treffen auf der Zufahrt zu Mantels Haus mit ihm ausgemacht?»
    «Das habe ich ja gar nicht. Er war wahrscheinlich zuerst hier. Vielleicht wollte er uns eine Szene machen. Uns das alles ins Gesicht schreien oder so. James und Emma müssen das Feuerwerk erwähnt haben. Und als er herkam und keiner zu Hause war, ist er über die Felder zur Kapelle gegangen.»
    Auf

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