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Opferschuld

Opferschuld

Titel: Opferschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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Lebenskrise. Alles kam mir sinnlos vor. Ich war depressiv. Zoe zu helfen gab mir das Gefühl, etwas wert zu sein. Ich habe gehofft, etwas für sie zu bewirken. Etwas Liebe in ihr Leben zu bringen. Es ist leicht, sich das Maul über so was zu zerreißen, aber genau so habe ich es empfunden. Zu der Zeit habe ich die Bedeutung des Glaubens entdeckt. Das war alles vorherbestimmt, wissen Sie. Das Missverständnis mit Zoe und Maggie, die Schwierigkeiten bei der Arbeit, all das half mir, mich Christus zuzuwenden.»
    Seine Stimme klang ruhig und vernünftig. Es war, als legte er dem Schiedsgericht Beweise zugunsten eines Straftäters vor. Dann herrschte Schweigen. Einen Moment lang wusste nicht einmal Vera, was sie sagen sollte. Eigentlich wäre ein lautes Lachen die einzig mögliche Antwort auf eine solche Verdrehung der Wahrheit gewesen, aber sie hatte Emmas Gesicht gesehen, das weiß war und vergrämt, und wusste, dass es hier nichts zu lachen gab.
    Robert blickte sie alle der Reihe nach an. «Das versteht ihr doch, oder?»
    Niemand antwortete.

Kapitel vierundvierzig
    In das kurze, durchdringende Schweigen hinein klingelte das Telefon. Keiner rührte sich, aber es klingelte weiter. Mary sprang auf, ging in den Flur und hob ab. Sie konnten deutlich hören, was sie sagte. «Sie ist hier, James. Sie wollte dich gerade anrufen. Ja, es geht ihr gut. Kannst du sie vielleicht abholen? Nicht gleich. Gib ihr noch eine halbe Stunde.»
    Sie kam zurück in die Küche und setzte sich wortlos auf ihren Platz. Vera sah sie alle an, wartete darauf, dass jemand etwas sagte.
    «Du hast gelogen», sagte Emma zu ihrem Vater. Sie schien sich wieder besser in der Gewalt zu haben. Ihre Stimme klang ebenso ruhig, wie seine geklungen hatte. «Du bist auch nicht besser als James.»
    «Du warst noch sehr klein. Es war alles nicht einfach.»
    «Ich erinnere mich an Zoe. Das sind schöne Erinnerungen – ein Grillfest im Garten. Wie sie mit mir Klavier übt. Sie war musikalisch, nicht wahr? Sie hat Flöte gespielt. Das ist eine meiner deutlichsten Erinnerungen an die Kindheit, wie ich im Garten in York sitze und ihr beim Üben zuhöre. Ich frage mich, was sie heute macht. Wisst ihr das?»
    Sie sah ihre Eltern an, aber von denen kam nichts.
    «Ich habe mich immer gewundert, warum sie dann nicht mehr auf uns aufgepasst hat. Chris hat sie mehr vermisst als ich. Sie hat seine Denkweise verstanden. Sie waren sich sehr nahe.»
    «Und wie fanden Sie das, Mary?» Veras Stimme war ganz leise.
    «Roberts Schwärmerei für Zoe? Es war eine schwere Zeit. Er hat mir die Schuld an ihrer Freundschaft gegeben. Wennich anders gewesen wäre, dann wäre das nie passiert, hat er gesagt. Wenn ich jünger gewesen wäre, attraktiver, aufmerksamer   …»
    «Das haben Sie doch nicht etwa geglaubt?»
    «Ich wusste nicht, was ich glauben sollte. Als sie anfing, zu uns ins Haus zu kommen, habe ich die beiden zusammen beobachtet und gesehen, dass er mit ihr glücklicher war, als er es mit mir je sein konnte.»
    Sie sah Robert an, aber der widersprach nicht.
    «Dann, als er zum Glauben fand, war ich erleichtert. Ich dachte, jetzt würde alles anders. Er war depressiv. Manchmal hat er von Selbstmord gesprochen. Ich habe versucht, ihn dazu zu bringen, zu einem Arzt zu gehen, aber er wollte nicht. Ich habe mich verantwortlich gefühlt. Für ihn und für die arme Zoe. Ich dachte, ich könnte die Familie zusammenhalten und dafür sorgen, dass alles läuft. Aus Stolz, nehme ich an. Ich wollte nicht zugeben, dass wir einander nicht so nahestanden, wie es aussah.»
    «Es war nicht deine Schuld», sagte Emma. «Nichts davon.»
    Mary gab ihr keine Antwort. «Der Umzug nach Elvet sollte ein Neubeginn für uns alle sein. Ein wunderbarer Neuanfang. Und schließlich war ja noch kein echter Schaden angerichtet worden. Ich habe immer noch geglaubt, dass alles wieder so werden könnte wie früher. Aber da habe ich mich getäuscht. Wir hatten uns verändert. Was geschehen war, hatte sich auf uns alle ausgewirkt, selbst auf die Kinder, obwohl sie wirklich noch zu klein waren, um es zu verstehen. Und obwohl wir sie beschützt haben. Es war einfach unvermeidlich.»
    «Hat sich denn etwas gebessert?», fragte Vera.
    «Aber ja! Am Anfang schon. Robert liebte seine Arbeit. Er fühlte sich erfüllt und geschätzt. Unser Leben in der Kirchegab uns einen Halt. Langsam wurde ich ruhiger. Ich dachte, dass alles wieder gut werden würde.»
    «Und was ist dann passiert?»
    Mary schwieg, und Emma antwortete

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