Opferspiel: Thriller (German Edition)
kam, der ihr Übelkeit verursachte. Ein Duftbaum hing am Rückspiegel. Jo riss ihn herunter, drückte auf den Fensterheber und warf ihn hinaus. Sexton zog die Augenbrauen hoch, sagte aber nichts.
»Sie müssen Ihr Leben wieder auf die Reihe kriegen«, teilte sie ihm mit. Sie starrte auf eine Taschentücherbox zwischen den cremefarbenen Ledersitzen, zog eines heraus und legte es sich flach in den Nacken. »Wie konnten Sie sich überhaupt diesen Wagen leisten?«
Er antwortete nicht.
Jo tat es schon leid, dass sie ihn in Verlegenheit gebracht hatte. Wofür er sein Geld ausgab, war schließlich seine Sache. Wenigstens hatte sie die Kinder, auch wenn es mit Dan aus war.
»Erzählen Sie mir, wie gut Sie Ryan Freeman kennen«, wechselte sie das Thema.
»Wie meinen Sie das?«
»Er hat neulich im Einsatzraum angerufen und nach Ihnen gefragt. Und heute taucht er an einem Ort auf, an dem Sie gar nicht sein dürften.«
Sexton hielt an einer Ampel und drehte sich zu ihr. »Er hat mir letztes Jahr einen Gefallen getan. Mir ging’s nicht gut, und ich bin betrunken Auto gefahren. Ich habe den Wagen zu Schrott gefahren.« Er faltete die Hände über dem Lenkrad. »Sehen Sie mich nicht so an. Niemand wurde verletzt, nur ich.«
»Wie sind Sie um eine Strafe herumgekommen?«
»Es gab da ein Problem mit der Anzeige.«
Jo stöhnte.
»Wie gesagt, es ist niemand zu Schaden gekommen. Es war alles durch die Versicherung abgedeckt, aber das hat dem Typ, dem der Wagen gehörte, nicht genügt. Ich meine, okay, wenn er noch selbst mit dringesessen hätte, aber er wollte mich um meinen Job bringen. Er hat versucht, Ryan Freeman dazu anzustacheln, eine Enthüllungsstory darüber zu bringen, wie ich die Anklage umgangen habe. Ryan hat mir beigestanden, also könnte man wohl sagen, dass ich ihm was schuldig bin.«
»Wo war ich zu der Zeit?«
»Im Mutterschaftsurlaub.« Es entstand eine lange Pause. »Ist es wirklich zu Ende zwischen Ihnen und Dan?«, fragte Sexton auf einmal.
Jo hielt die Augen geschlossen. Das Schwindelgefühl nahm zu.
»Es ist wohl was Ernstes mit Jeanie«, meinte Sexton. »Ich weiß noch, wie ich sie vor ein paar Jahren mal zusammen gesehen habe. Auf der Jahreskonferenz der Kripo unten in Westport war das, glaube ich. Damals dachte ich mir schon so was.«
Jo musste sich unbedingt mit irgendetwas von der aufsteigenden Übelkeit ablenken. Noch mehr aber wollte sie Sextons Gerede ausblenden.
Auf der Auffahrt zur N11 ruckte er plötzlich im Sitz nach vorn, als der Verkehr zum Stehen kam. Er musste sich einfädeln, doch der Fahrer an der Spitze der Schlange mit einer »I love NY«-Kappe und einer Reihe von Blinklichtern an der vorderen Stoßstange sah in die andere Richtung und ließ sie nicht in die Spur.
Die Bremsen kreischten, dann sprang Sexton heraus und zwang den Fahrer mit erhobenen Händen anzuhalten und die Warnblinkanlage einzuschalten. Nachdem er ihm seinen Ausweis gezeigt hatte, überprüfte Sexton die Fahrzeugpapiere, befahl ihm, den Motor abzustellen, und notierte seine Personalien.
Jo sah ihm fassungslos zu. Während der folgenden zehn Minuten gab es ein Hupkonzert, und andere Fahrer stiegen aus, um zu sehen, warum es nicht weiterging. Es kümmerte sie wenig, dass Sexton ein Polizist in Zivil war – sie wollten nach Hause. Endlich stieg er wieder ein und setzte sich vor den »I love NY«-Typen.
»Ich will die Namen von allen Kollegen, die je eines unserer Opfer vernommen haben, gleich morgen früh auf meinem Schreibtisch haben«, sagte Jo, als sie sich der Kreuzung Lambs Cross näherten. Die Zubringerstraße zu ihrem Haus begann gleich dahinter. »Mit Ausnahme des Priesters waren sämtliche Opfer größere oder kleinere Kriminelle, sodass es ein paar Einträge in der Datenbank geben sollte.«
»Worauf wollen Sie hinaus?«, erkundigte sich Sexton.
»Sie haben gehört, was Skinny auf dem Drogentreffen eben gesagt hat: ›Sind Sie genauso korrupt wie der Rest in der Store Street?‹ Worauf hat er angespielt? Wir wissen, dass unser Täter ein Verbrechen rächen will, und er tut es in unserem Bezirk. Das ist doch möglicherweise ein Hinweis darauf, dass jemand in der Dienststelle Kenntnis von diesem Verbrechen hat, meinen Sie nicht?«
»Sie nehmen Skinny beim Wort?«, fragte Sexton ungläubig. »Er ist ein verlogenes Stück Scheiße.«
Ein Zeitungsverkäufer klopfte ans Fenster, als sie darauf warteten, nach rechts in die Slate Cabin Lane abbiegen zu können. Sexton wollte ihn verscheuchen, aber Jo
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