Opferspiel: Thriller (German Edition)
Jo gerade hinausfuhr. Er ließ das Fenster seines BMW-5er-Jahreswagens herunter. »Ich habe Ihnen von seiner Aussage erzählt, das weiß ich.«
Jo starrte ihn böse an und kniff dann die Augen zusammen, weil sie einen stechenden Schmerz spürte und vorübergehend nichts sah. Dann trat sie aufs Gas und raste die Hanover Street East hinunter in Richtung St. Andrews, dass ihr Auspuff schwarze Schwaden spuckte.
Sexton blieb an ihr dran und machte ein entschlossenes Gesicht, wie sie im Rückspiegel sah. Als sie den Wagen zur anderen Straßenseite herumriss, um in eine Parklücke zu schießen, klebte er immer noch an ihr und riskierte viel beim Schneiden des entgegenkommenden Verkehrs.
Er sprang noch vor ihr heraus und beugte sich zum Fahrerfenster, beide Hände auf die Tür gestützt. »Es ist nicht so, wie es aussieht.«
Jo nahm mit spitzen Fingern Skinnys Aussage vom Beifahrersitz, als trüge sie einen Hundehaufen weg, und hielt sie ihm hin. »Klar, nur dass Sie ein Geständnis aufgenommen haben, ein verfluchtes Geständnis bezüglich des Mordes an Anto Crawley!«
»Das war doch bloß vorgetäuscht!«, rief Sexton. »Die Aussage ist noch nicht mal unterschrieben. Er wusste über Crawleys Zähne Bescheid, gut, aber was heißt das schon? Die Begleitumstände hat er völlig falsch geschildert, er sagte, er hätte sie ihm eingeschlagen. Und wie können die denken, bloß weil er ein Messer erwähnt hat, bestätigt das, dass er am Tatort war? Scheiße, das kam doch in allen Nachrichten, war alles andere als eine Insiderinformation.«
»Warum haben Sie seine Aussage dann zu den Akten genommen?« Jo stieg aus und drängte ihn auf dem Bürgersteig zurück.
»Was wollen Sie damit sagen, Jo? Dass ich ein Geständnis abgeheftet habe, das einen Scheißdreck wert ist, um Sie als inkompetent dastehen zu lassen? Ich habe es zu den Akten genommen, weil das Vorschrift ist. Es gehört zu meinem Job. Ich wollte weder Ihre noch meine Zeit mit so einem verlogenen Schwachsinn verschwenden.«
Jo runzelte die Stirn und musterte das Gebäude gegenüber. »Und ich sage, das ist ein weiteres Beispiel dafür, dass Sie mir Informationen vorenthalten. Was verschweigen Sie mir sonst noch?«
Sexton wich ihrem Blick aus. Er verbarg etwas, so viel stand fest, aber die Frage würde warten müssen, bis sie zurück auf dem Revier waren.
Sie überquerte die Straße und ging durch das Gebäude zu einem Raum im hinteren Teil, wo das Treffen der Elterninitiative stattfand.
Er war gerammelt voll, und es gab nur noch Stehplätze. Sexton stellte sich neben sie und stieß sie mit der Schulter an, um sie auf den Mann aufmerksam zu machen, der vorne Hof hielt. Er trug eine glänzende schwarze Bomberjacke.
»Das ist er«, murmelte Sexton.
Jo bemerkte die angesteckte grüne Schleife an Skinnys Brust, die besagte, dass er ein Shinner war. Die dreiste Scheinheiligkeit von Sinn Fein ließ ihr das Blut gefrieren. Das war vielleicht nicht politisch korrekt in Anbetracht des immer noch heiklen Friedensprozesses, aber dass diese Leute das Unglück der Eltern ausnutzten, um Drogendealer unter Androhung von Gewalt zu verjagen, damit sie den Drogenmarkt selbst übernehmen konnten, machte sie einfach fertig.
Sie konzentrierte sich auf Skinny. Er war ständig in Bewegung, aber auf eine ruckartige, disharmonische Art. Seine Hände zuckten in die eine Richtung, sein Kopf in die andere. Er debattierte gerade mit einer alten Frau, die in der vordersten Reihe saß, eine schilddrüsenbedingte kahle Stelle auf dem Kopf hatte und geschwollene Knöchel unter dicken Feinstrumpfhosen. Sie schnäuzte sich immer wieder die Nase und beteuerte, dass ihr Sohn nichts mit Drogen zu tun habe und sie ihn nicht auf die Straße setzen könne.
»Ich kenne dich, seit du ein kleiner Bengel warst, Andy«, sagte die alte Dame und zeigte seine damalige Größe mit der Hand an. »Wie oft habe ich dich nach der Schule zu mir reingenommen und dir ein warmes Abendessen gegeben, wenn deine Ma nicht zu Hause war?«
Skinny ragte aggressiv vor ihr auf. »Das hat nichts mit mir zu tun. Das Volk hat gesprochen.«
Jo schielte zu Sexton hin und merkte, dass ihm gerade selbst Zweifel an seiner ursprünglichen Einschätzung betreffs Skinnys Unschuld kamen.
Die Versammlung hatte inzwischen zu klatschen angefangen und skandierte den altbekannten Sprechchor: »Dealer raus, Dealer raus«.
Die alte Frau brach verzweifelt zusammen. »Wie soll ich ihn von den Drogen wegbringen, wenn er draußen auf der Straße
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