Opferspiel: Thriller (German Edition)
Zeit einen Schritt voraus gewesen. Jetzt wusste sie, warum.
»Sextons Frau …«, sagte Foxy, als Jo wieder in ihre Spur einbog.
Sie warf ihm einen Seitenblick zu. Er klammerte sich mit der rechten Hand an den Beifahrersitz und hatte die linke in den Griff über der Tür gehakt. Sie war so mit ihren Gedanken beschäftigt gewesen, dass sie ihn fast vergessen hatte.
»Selbstmord«, bemerkte sie.
»Kannst du dich noch an den Zwischenfall bei der Beerdigung erinnern?«, fragte Foxy leise.
Jo nickte. Er war ihr sogleich in den Sinn gekommen, als Valerie Ball Sexton identifiziert hatte. Sexton hatte dem Gemeindepfarrer einen Fausthieb versetzt, noch ehe Maura unter der Erde war, weil dieser bei der Zeremonie geäußert hatte, dass er sich die Zeit zurückwünsche, als Selbstmörder nicht in geweihter Erde begraben werden durften, denn das könne doch wenigstens so manch anderem zur Abschreckung dienen. Jo hatte gewusst, dass der Mörder einen starken persönlichen Groll gegen die Kirche hegte – und hier war das Motiv.
»Wie hieß seine Frau noch mal?«, erkundigte sich Foxy.
»Maura.« Jo trat auf die Kupplung, blinkte und fuhr an den Straßenrand, während sie zugleich die Handbremse zog.
»Was ist los?«
Sie klappte die Sonnenblende herunter und zog die Straßenkarte heraus, die sie im Bereich nördliche Innenstadt auffaltete, um dort mit dem Finger bestimmte Straßen nachzufahren. »Oh Gott«, murmelte sie, schleuderte die Karte in Foxys Schoß und fuhr nach einem raschen Blick in den Seitenspiegel weiter. »Die Straßen, in denen die Opfer gefunden wurden, bilden zusammen den Buchstaben M – M für Maura. Zumindest werden sie das, wenn die letzte Leiche in East Wall entdeckt wird. Ich glaube nicht, dass wir Sexton zu Hause antreffen werden. Er muss noch einen Mord begehen, um das letzte Stück des Buchstabens zu formen.«
»Lass mal sehen«, sagte Foxy und studierte die Karte. »In der O2-Arena?«
Jo nickte. »Das war mein Gedanke.«
Foxy griff nach dem Funkgerät. »Maura liegt auf dem Friedhof in Deansgrange. Ich werde ein paar von den Jungs zum Grab entsenden, damit sie nachsehen, ob es Anzeichen von Entweihung gibt.«
Jo hielt ihn mit ausgestrecktem Arm davon ab. »Sexton könnte mithören«, gab sie zu bedenken. »Nur übers Handy.«
Sie schlängelten sich immer noch durch den Verkehr, als Dan Foxy zurückrief, der jeden Satz für Jo wiedergab und zwischendurch die Sprechmuschel zuhielt. »Die O2 ist sauber, Jo«, sagte er und lauschte. Dann holte er geräuschvoll Luft und drückte das Telefon auf die Knie. »Noch keine Spur von Sexton, und sein Handy ist ausgeschaltet.«
Jo runzelte die Stirn.
Foxy hielt das Telefon wieder ans Ohr. Er grunzte und legte auf. »Dan will uns zurück auf dem Revier haben.«
»Scheiß drauf«, sagte sie. »Ich fahre zu Sexton.«
»Du kannst da nicht ohne Durchsuchungsbefehl rein. Alles, was du dort findest, gilt dann als unzulässiger Beweis.«
»Leben retten geht immer vor, denk dran.«
»Nicht, wenn wir keine Vermisstenanzeige vorliegen haben, um eine Durchsuchung zu rechtfertigen.«
»Verschon mich damit«, sagte Jo und hielt an. »Zur Dienststelle sind es zehn Minuten zu Fuß von hier.«
»Ich lass dich nicht allein.« Foxy verschränkte eigensinnig die Arme.
Jo dachte kurz nach. »Warum rufst du nicht Dan an und sagst ihm, dass wir auf dem Rückweg sind? Wir müssen ja nicht erwähnen, dass wir bei Sexton vorbeifahren. Okay?«
Foxy knurrte etwas und tat es.
Jo fädelte sich wieder in den Verkehr ein.
»Woran denkst du als Erstes, wenn du den Namen Gavin Sexton hörst?«, fragte sie.
»Die Arbeit«, antwortete Foxy. »Er ist einer, der voll und ganz im Beruf aufgeht.«
»Ich habe befürchtet, dass du das sagst.«
»Wieso?«
»Seit ich ihn kenne, habe ich noch nie erlebt, dass er nicht zum Dienst erschienen wäre, selbst wenn er Urlaub hat – wenn er überhaupt Urlaub nimmt.«
»Er ist vor ein, zwei Jahren mal zum Old-Trafford-Stadion in England gefahren.«
»Schön, er ist also ein Fan von Manchester United, wie etwa die Hälfte aller irischen Männer. Aber ich weiß nichts über sein Privatleben. Du?«
»Es ist nicht leicht, über so etwas hinwegzukommen«, sagte Foxy. »Plötzlich allein dazustehen, das ist schon hart.«
»Ich weiß, Foxy, ich weiß.« Jo parkte vor einem Buchma cher in der Dorset Street. Sexton wohnte in der Wohnung darüber.
»Weißt du, er hat mich noch nie zu sich hereingebeten«, sagte sie, als sie auf die Haustür
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