Opferzahl: Kriminalroman
und Sara Svenhagen führten Arman Mazlum zum Hubschrauber. Er sah sehr klein aus.
Der Hubschrauber startete und hob sich kreisend in die Luft, immer höher, bis schließlich ganz Vätö wie ein Dreieck aussah.
Ein Warndreieck.
*
Die Zeit ist gekommen. Es ist so weit. Eine Nacht der Vorbereitungen. Wieder eine schlaflose Nacht. Wie lange halte ich noch durch f
Für dich, mein Liebling halte ich unendlich lange durch.
Um das Böse zu besiegen.
Und um das Böse zu besiegen, muss ich selbst Böses tun. Ist das wirklich meine einzige Chance?
Ja, es ist schon beschlossen. Es gibt kein Zurück.
Es ist klar, dass ich auf etwas Subtiles gehofft hatte, eine richtig raffinierte Lösung des Dilemmas. Dass ich das Ungeheuer ganz einfach wegtricksen könnte. Ihn mit einer Finte auf die Tribüne befördern. Aber es geht nicht. Ich finde nichts Subtiles. Stattdessen setze ich alles auf eine Karte. Auf einen Tausch.
Deine Tochter gegen meine. So einfach.
Ich kann jetzt nicht mehr schreiben. Es geht nicht.
Ich muss arbeiten.
Es ist so weit. Die Zeit ist gekommen. Im Laufe des Tages wird es geschehen.
*
Die Mitarbeiter treffen sich am Montagmorgen. Das ist das Übliche. Die Montagmorgenbesprechung. Es klingt genau wie bei einem normalen Arbeitsplatz. Man kommt nach dem Wochenende zusammen und bespricht, was in der Woche anliegt.
So war es auch jetzt: eine Montagmorgenbesprechung. Am Montag, dem achtzehnten August, um 9.00 Uhr. Alle frisch und ausgeruht nach dem Wochenende.
Aber gerade bei einer Montagmorgenbesprechung müssen bestimmte Berufsgruppen erkennen, dass sie nicht so sind wie andere. Dass ihre Arbeit nicht so ist wie die der anderen.
Dass ihr Leben nicht so ist wie das der anderen.
Kerstin Holm überblickte ihre A-Gruppe in der Kampfleitzentrale und musste feststellen, dass ihre Leute erschöpft aussahen. Ungewöhnlich erschöpft.
Wie seltsam diese Tage gewesen waren.
Wie viele Menschen gestorben waren.
Wie mächtig das Nachbeben war, das sich verbreitet hatte.
Und es war nicht zu Ende. Weil immer noch mehr Menschen starben.
»Wir fangen an«, sagte sie anspruchslos. »Ich hoffe, ihr habt heute Nacht wenigstens ein bisschen schlafen können.«
Ein sehr träges Murmeln war die Antwort.
»Gemäß dem, was wir bisher herausgefunden haben, ergeben sich mehr und mehr zwei getrennte Linien. Linie eins: die heiligen Reiter von Siffin; Linie zwei: die Fahrgäste. Auf welcher dieser beiden Linien finden wir den Schuldigen des U-Bahn-Attentats?«
Die Mitglieder der A-Gruppe sahen sich an. Jeder schien der Meinung zu sein, dass es besser wäre, wenn einer der anderen antwortete.
Deshalb gab Kerstin Holm selbst die Antwort:
»Wir haben mittlerweile fast genauso viele Opfer entlang der Linie >Siffin<. Es sind jetzt fünf Tote: Mehran Bakhtavar, Jamshid Talaqani, Siamak Dulabi, Anna Blom und Sven-Benny Kristiansson.«
»Sven-Benny?«, fragte Lena Lindberg.
»Er zog es aus erklärlichen Gründen vor, sich Berra nennen zu lassen«, sagte Kerstin Holm. »Zu welcher Erkenntnis bringen uns all diese Toten?«
»Dass jemand es für sehr wichtig hält, die heiligen Reiter von Siffin auszulöschen«, sagte Sara Svenhagen. »So wichtig, dass auch ein Mädchen wie Anna und ein Mann wie Berra geopfert werden mussten.«
»Anna war einfach nur im Weg«, sagte Jorge Chavez. »Aber Berra hat ihn gesehen. Darum geht es. Ich habe ihn auch gesehen. Und du auch, Kerstin.«
»Ich habe sogar Albträume gehabt, in denen er vorkommt«, gab Kerstin Holm zu. »Fuck.«
Sie sahen sie an, das spürte sie.
Eine höhere Polizeibeamtin sollte nicht »fuck« sagen, jedenfalls nicht, wenn sie eine schwedische Polizistin ist und nicht in der Fernsehserie The Wire mitspielt.
»Die Grundfrage ist, ob die Morde mit dem Attentat zu tun haben«, sagte Sara Svenhagen. »Ich zweifle daran. Sie waren fünf Jungen, alte Kumpel aus der Kindheit, die nach vielen Jahren wieder zusammengefunden haben. Das geschah auf Initiative eines von ihnen, nämlich Jamshids. Und er ergriff die Initiative offenbar deshalb, weil er im Iran gewesen und von gewissen fundamentalistischen Gedanken beeindruckt worden war. Er versuchte sie für den Dschihad zu begeistern. Das gelang nur teilweise. Einer von ihnen, Kräkan, sprang ab. Die anderen waren auch nicht so leicht einzufangen, aber einer der Jungen war immerhin sehr inspiriert, nämlich Mehran, der Ibn Khalduns fabelhaftes Hauptwerk al-Muqaddima fand. Dort
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