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Opium bei Frau Rauscher

Opium bei Frau Rauscher

Titel: Opium bei Frau Rauscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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„hello Mister“ hinterhergerufen hatte, faszinierte ihn. Von neuem durchlebte er die Situation, als er, Herr Schweitzer, seinerseits dann auch „hello Mister“ gerufen hatte und der Junge laut lachend und sich immer wieder umguckend davongestürzt war.
    Als das Telefon klingelte, fühlte er sofort schlechte Vibrations, dabei hatte er mit Esoterik und so’m Quatsch in der Regel nichts am Hut. Er nahm ab und hatte kaum seinen Namen erwähnt, als es auf ihn einprasselte. Es war Sabine. Eine Katastrophe, und was für eine, sei geschehen. Sie sei kurz davor, den Verstand zu verlieren. Hier dachte Herr Schweitzer, und hätte es bei seinen Kumpels im Weinfaß auch erwähnt, das dauert bei unterschiedlichen Menschen unterschiedlich lange, das mit dem Verstandverlieren. Und wenn Simon schnell in den Laden kommen könne, würde Schlimmeres verhindert werden. Herr Schweitzer hätte gerne gewußt, was mit Schlimmeres gemeint war. Sabine war sehr schwer einzuschätzen. Bei so einer Frau konnte Schlimmeres die ganze Palette bedeuten. Vom Werfen mit Blumenvasen bis zum gnadenlosen Gebrauch von Maschinenpistolen. Und um was es überhaupt ging, konnte er auch nicht eruieren, er kam ja nicht zu Wort. Nur auf die Frage, ob er im Augenblick Zeit habe, war ihm ein knappes „Ja“ vergönnt. Er solle sich beeilen. Das „Bitte“ kam zu spät, als daß es noch als Höflichkeitsfloskel durchgegangen wäre. Es klang wie ein Befehl.
    Echt abgefahren, diese Sabine, dachte Herr Schweitzer, als er den Piepstönen nachlauschte. Jeder andere Detektiv dieser Erde hätte sich nun wahrscheinlich gesputet. Nicht so Herr Schweitzer. Schnelle Bewegungen sind die Feinde der Gelassenheit, sprach er zu sich selbst. Und ließ seinen Worten Taten folgen. In aller Gemütsruhe sortierte er die Fotos fertig. Erst dann machte er sich auf die Socken. Es war nicht weit, und so ließ er sein Fahrrad, mit dem er schneller gewesen wäre, im Keller. Ein kleiner Spaziergang würde ihm guttun.
    „Da bist du ja endlich. Wo hast du denn so lange gesteckt?“
    „Ich hab eure Wohnung beobachtet“, log Herr Schweitzer, „du erinnerst dich? Der Auftrag mit Jürgen und seiner Pistole.“
    Sabine schwankte zwischen Hysterie und Zusammenbruch, als sie sagte: „Jürgen geht fremd. Ich hab eine Telefonnummer in seiner Brieftasche gefunden. Und ganz frech steht auch noch der Name drauf. Lola. So ein Miststück. Und das, nachdem ich alles für ihn getan habe. Wo wäre Jürgen denn ohne mich? Hä? Wo? Dieser Mistkerl.“ Sie setzte noch eins drauf: „Dieser verfluchte Mistkerl. Hurensohn. Dem geb ich’s.“ Zur Veranschaulichung, wie Sabine es ihm geben würde, nahm sie ihre Handtasche, übrigens ganz hübsch mit Pailletten besetzt, und schleuderte sie auf den Boden. Lippenstift, Papiertaschentücher und Tampons verteilten sich auf dem Marmor. Ein Bonbon kullerte bis vor Herrn Schweitzers Füße.
    Er hob es auf und legte es auf die Verkaufstheke. Himbeere oder Kirsche, fragte er sich, denn es war rot. „Die Lola ist übrigens ein heißer Feger“, erklärte nun Herr Schweitzer beiläufig, dem die Dame ganz gehörig auf den Senkel ging.
    Aber Sabine fuhr fort mit ihrem Wutausbruch. Mit dem Absatz zerbrach sie den Lippenstift in tausend Teile. „Wenn ich den erwische. Der kann was erleben. Und … was hast du gerade gesagt?“
    „Die Lola ist ein heißer Feger.“
    Erst im letzten Augenblick nahm sie davon Abstand, Herrn Schweitzer eine zu scheuern. Dieser war schon in Deckung gegangen, hatte sich hinter einer Säule versteckt. Das war ihm noch nie passiert. Gut, sagte sich Herr Schweitzer, ich hab’s ja auch ein wenig provoziert. Herr Schweitzer verlor mehr und mehr das Interesse an dem Fall. Nur deswegen hatte er auch so geradeaus gesagt, die Lola sei ein Feger. War es am Anfang noch um Jürgens Rückfall in alte Zeiten gegangen, so war es jetzt zu einem veritablen Beziehungsdrama ausgeartet. Er hoffte inständig, Sabine möge ihn doch bitte rauswerfen.
    „Woher kennst du Lola?“
    „Ich sollte doch Jürgen beobachten, ob er wieder Kontakt zu alten Kumpels aufnimmt …“
    „Na und?“
    „Kannst du mich vielleicht mal ausreden lassen?“ fragte Herr Schweitzer gewollt aggressiv.
    Das zeigte Wirkung. Sofort war Sabine lammfromm: „Entschuldige …“
    „Also. Jedenfalls bin ich Jürgen gestern abend gefolgt und landete dann in einer Kneipe. Und tja, da war dann Lola. Und noch einer, der Franz. Ach, egal, der Franz tut nichts zur Sache. Jedenfalls haben sich

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