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Opium bei Frau Rauscher

Opium bei Frau Rauscher

Titel: Opium bei Frau Rauscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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es hier so Neues gibt in Sachsenhausen.
    „Das Kneipenschild hast du also gelesen?“ zwitscherte Lola.
    Nein, hatte er nicht, das hatte er bloß so dahergesagt. Herr Schweitzer nickte trotzdem.
    „Leider hast du einen schlechten Tag erwischt.“ Lola schaute sich um. „Nicht viel los, heute.“
    „Wollte sowieso nur mal in Ruhe mein Bier trinken.“
    „Und wie heißt du?“
    „Simon. Ich bin der Simon.“
    „Hübscher Name. Du, Simon, paß mal kurz auf den Laden auf. Ich muß mal für kleine Mädchen.“
    Herr Schweitzer sah dem knackigen Hintern nach. Instinktiv griff er an seinen eigenen. Dazwischen lagen Welten und Tonnagen.
    Kaum war Lola verschwunden, rückte ihm der Liebeskümmler auf die Pelle. „Darf ich dir einen ausgeben?“
    „Hab doch gerade erst bekommen.“ Herr Schweitzer hob sein Glas und nahm einen Schluck. Er erinnerte sich auch wieder, weshalb er hier war. „Du, sag mal, der Typ, der vorhin rausgegangen ist …“
    Sein Gegenüber sah erst ihn an, dann inspizierte er den Rest der Kneipe. „Hä? Hier ist keiner außer uns.“
    „Ja, das sehe ich. Ich meine den Mann, der vor ein paar Minuten rausgerannt ist.“
    „Hier ist keiner rausgerannt, das hätte ich doch gemerkt.“ Durchdringend schaute er Herrn Schweitzer an.
    Der Blick hatte etwas Unangenehmes. Was es aber genau war, hätte der Detektiv nicht sagen können. Er wich ein wenig in die entgegengesetzte Richtung. „Schon gut. Keiner ist rausgerannt. Hab
    mich wohl getäuscht.“
    „Wer soll das denn gewesen sein, der rausgerannt ist?“
    „Schon gut, war nicht so gemeint. Keiner ist rausgerannt.“
    „Na also, ich bin doch nicht besoffen oder so was. Ich bin der Franz, weißt du.“
    „Na denn mal Prost, Franz.“
    „Obwohl ich gerne besoffen wäre. Dann würde ich …“ Der Rest des Satzes ging in Tränen unter.
    Wo bin ich denn hier gelandet, fragte sich nun Herr Schweitzer zum ersten Mal und nahm das Interieur genauer unter die Lupe. Bis auf zwei gerahmte Fotografien der holländischen Königin wirkte die Kneipe fast schon standardisiert. Eine kleine Flagge mit den Regenbogenfarben hing direkt über ihm. Herr Schweitzer hatte sofort an die linke autonome Szene gedacht, lag damit aber gänzlich falsch. Und auch daß der englische Dichterfürst Oscar Wilde von einem Poster lächelte, das an der Toilettentür klebte, interpretierte er irrigerweise als Hommage an die Literatur. Nicht mal, als die von der Toilette kommende Lola am auf dem Fußboden stehenden Zigarettenautomaten hantierte und ihm ihr konturenreiches Hinterteil entgegenstreckte, bemerkte er etwas. Ebensowenig dachte Herr Schweitzer daran, daß der Automat absichtlich nicht aufgehängt worden war und vornehmlich dazu diente, Ärsche in die Luft zu strecken.
    „Und, wie gefällt dir mein Po?“ fragte Lola, noch während sie die Zigarettenschachtel öffnete.
    Herr Schweitzer hoffte noch, sie hätte zu Franz gesprochen. Er fühlte sich ertappt.
    Jetzt sah sie ihn direkt an. „Sag schon. Klasse oder einfach nur geil?“
    Bevor Herr Schweitzer erröten konnte, mischte sich Franz ein: „Kannst du blöde Schwuchtel mal gefälligst den Simon in Ruhe lassen. Du siehst doch, der will hier nur sein Bierchen trinken.“
    Genau, dachte Herr Schweitzer, ich will nur in Ruhe gelassen werden. Vor allem wollte er jetzt hier raus. Zwischen den beiden schien irgendetwas in der Luft zu liegen. Die atmosphärischen Zeichen standen auf Sturm.
    Lola: „Was mischst du dich denn wieder ein? Wolltest du nicht gehen?“
    „Das mach ich jetzt auch, nur damit du’s weißt. So.“ Franz schnippte einen Zehner ins Abspülbecken. „Für den Rest kauf dir mal was Anständiges zum Anziehen.“ Und auch das „blöde Schwuchtel“ vergaß er nicht hinterherzuschicken.
    In weiser Voraussicht sah er von einem weiteren Weizen ab. Während Lola den durchweichten Geldschein über die Heizung legte, verlangte Herr Schweitzer nach der Rechnung.
    Lola war auch schon beim Sondieren des Wechselgeldes, als unerwartet die Tür aufging und noch viel unerwarteter ein vom Regen völlig durchnäßter Jürgen eintrat. Sofort senkte Herr Schweitzer seinen Kopf und schob den Panamahut in die Stirn. Verflixt und zugenäht, sagte er sich, konnte der nicht noch ein paar Minuten warten. Jetzt saß er in der Falle. Was, wenn sich Jürgen neben ihn setzte, so wie dieser weibische Waschschlappen Franz? Er legte sich schon die Worte zurecht. Ach, was für ein Zufall, du hier? Mein Gott, ist die Welt klein.
    Doch

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