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Opium bei Frau Rauscher

Opium bei Frau Rauscher

Titel: Opium bei Frau Rauscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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wie ihm geschah. Durch Sabines Wandlung geblendet, steckte er den Scheck wieder ein.
    „Simon, weißt du was. Wir lassen jetzt Schmuck Schmuck sein. Ich schließe für eine Stunde und lade dich zum Essen ein.“
    „Da komm ich gerade her.“
    „Oh, dann vielleicht zum Bierchen“, säuselte Sabine in sein Ohr.
    Oh, nein, nein, nein. Bier war gar nicht gut. „Äh, ich trink vorübergehend nix.“
    „Wie wär’s dann mit einem kleinen Sahnetörtchen, der Herr.“
    „Geht auch einfach nur ein Kamillentee?“
    „Klar. Was immer du möchtest.“
    Sie gingen in die kleine Bäckerei am Südbahnhof. Einer der Stehtische war noch frei. Ungefragt plauderte Sabine aus dem Nähkästchen. So erfuhr Herr Schweitzer einige belanglose Details über Jürgen. Zum Beispiel, daß Sabine ein bißchen geschwindelt habe, als sie ihm über Jürgen erzählte, er habe gleich nach der Hochzeit mit dem Spielen aufgehört. Das Gegenteil sei der Fall gewesen. Erst nach und nach habe sie es geschafft, ihn davon abzubringen. Rigoros habe sie ihm den Zugang zu ihrem Konto verweigern müssen. Noch immer bekam er jede Woche exakt hundertfünfundzwanzig Euro von ihr ausgehändigt. Als Taschengeld, sozusagen. Damit komme er bestens klar. Putzfrau, Miete, Haushaltsgeld und den ganzen Rest habe Sabine übernommen. Hier erinnerte sich Herr Schweitzer an den Batzen Geld, den Jürgen auf der Treppe Zur schwulen Frau Rauscher aus seiner Hosentasche gezogen hatte. Doch das behielt er für sich. Er wollte keine weiteren Scherereien.
    Als Sabine bezahlt hatte, sagte sie ihm zum Abschied: „War nett mit dir, Simon. Und denk dran, falls du rein zufällig noch ein Foto von dieser … diesem Lola machen solltest … du weißt ja, wo ich meistens zu finden bin.“
    Ein bißchen fühlte sich Herr Schweitzer unter Druck gesetzt, als er Sabine an der Ecke zur Diesterwegstraße die Hand gab. „Tschüs. Mach’s gut.“
    Komische Leute gibt’s auf der Welt, dachte er, während er sich auf den Weg zu Giorgio-Abdul machte.
    Der Italo-Tunesier schnippelte ein paar Hammelfleischbrocken vom Spieß. Ein Kunde war noch vor ihm dran. Herrn Schweitzers Dealer in der Brückenstraße nickte ihm zu. Mit seiner Augenbinde – ein kleines Malheur beim Jugoslawienkrieg – und dem schwarzen Kopftuch sah er sehr lässig aus. Die zwei Döner wickelte er in Stanniolpapier und überreichte sie dem Kunden, einem feisten Kerl mit fettigen Haaren und einem Schäferhund als Begleitung.
    Als sie alleine waren, legte Giorgio-Abdul los: „Ey Alter, was geht ab? Lange nix gehört von dir. Wo steckst du so lange? Ich hab schon gedacht, du hasten Löffel abgegebbe.“
    Allein schon wegen dem Kauderwelsch aus Hessisch und neodeutscher Jugendsprache betrat Herr Schweitzer Georgio-Abduls Dönerbude immer wieder gerne. Und wenn ihm der Sinn danach stand, so konnte er mithalten. Heute war ihm danach: „Ich nix tot, Alter, du gucke. Außerdem steh ich voll im Saft. Du sag mal …“ Er legte das Beutelchen mit dem Kügelchen auf die hölzerne Ablage an der Seitenwand, „… was ist das?“
    „Ja, biste blind? Sieht doch jeder Dorftrottel auf den ersten Blick. Opium. Ey, wo haste des her, Alter? Sieht gut aus. Willste jetzt auch ins Geschäft einsteigen?“ Giorgio-Abdul öffnete den Beutel und ließ das Kügelchen in seine Hand kullern. Er knetete und beschnupperte es eingehend. Ein anerkennender Blick wechselte zu Herrn Schweitzer. Voller Ehrfurcht hauchte Giorgio-Abdul: „Respekt. Des is mal Eins-A-Qualität. Was willste denn dafür ham?“
    „Was isses denn so wert, Amigo?“
    Sein arabisches Händlerblut wallte. Abschätzig verzog er die Lippen. Geräuschvoll sog er Luft durch die Zähne ein. „Tja …“
    Herr Schweitzer hatte verstanden. Blöd war er nicht. „Schon gut. Paß auf, ich schenk dir die Kugel, wenn du mir den genauen Marktwert sagst.“
    Giorgio-Abduls Augen wurden groß und größer. Ungläubig musterte er Herrn Schweitzer. Das Wort Gier stand ihm quer über die Stirn geschrieben. „Na ja, Simon, weißt du, Opium gibt’s in Frankfurt gar net.“
    „Aber du hast’s doch gerade in der Hand.“
    „Okay, laß mal überlegen. In Amsterdam zahlste dafür locker ein Fuffi. Ich schätz, des is mehr als ein Gramm. Also, nehme mer mal an, des gäb ein Markt dafür in Frankfurt. Nur mal so, weißt du.“
    „Yeap. Nur mal so. Ich weiß.“
    „Genau, nur so theoretisch, des nehme mer jetzt einfach so mal an.“ Theatralisch wog er das Kügelchen in seiner Handfläche, warf

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