Opium bei Frau Rauscher
Diplomatie und Justiz mahlen sowieso langsam. Es kann also noch etwas Zeit vergehen, bis da was passiert.“
Herr Schweitzer hatte eine Idee, war sich aber nicht sicher, ob er sie preisgeben sollte. Er entschied sich für die Geheimhaltung. „Hmm, wenn ihr die Lola habt, dann seid ihr wohl am Ziel, oder?“
„Zumindest sehr nahe an der Lösung. Vorausgesetzt natürlich, sie oder er plaudert.“
„Das Blut im Mercedes?“
„Ebenfalls altes Blut. Paßt also ins Schema.“
„Na dann, ich muß jetzt.“
„Alles klar, Simon. Wenn du willst, können wir im Sommer hier mal zusammen grillen. Meine Holzfällersteaks sind legendär.“
Als Herr Schweitzer wieder an der frischen Luft war, und diesmal war es wörtlich zu nehmen, dermaßen abgestanden hatte es in Schmidt-Schmitts Hütte gerochen, wußte er nicht, ob er gerade einen Fehler begangen hatte oder nicht. Was er dringend benötigte, waren klare Gedanken. Die Oberräder Gärten boten ihm die Gelegenheit für einen spontanen Spaziergang. Herr Schweitzer war quasi schon mittendrin und brauchte ihn bloß fortzusetzen. Warm genug war er angezogen.
Die Idee, die ihm vorhin gekommen war, bezog sich auf Lolas Flug nach Sri Lanka und dem, was ihm der Crailsheim-Harald bezüglich Chiang Rai erzählt hatte. Es war mehr als ein vages Gefühl. Jede Wette, sagte er sich, Lola hat den Weiterflug nach Bangkok in einem anderen Reisebüro gebucht. So hatte sie ihre Spuren verwischt, und so lange die Kripo nicht die richtigen Fragen stellte, würden auch die richtigen Antworten ausbleiben. Das war sehr engstirnig von der Kripo, doch in ihm floß das Blut eines wahren Detektiven. Seit seinem Besuch in Crailsheim hatte Herr Schweitzer eine Wandlung durchlebt. Nun wollte er den Fall alleine lösen. Er würde der Held seines eigenen Lebens werden, nicht weiter eine Randfigur bleiben. Und obendrein gibt es nichts außer dem, was man selber schafft, das hat jedenfalls Serge Lentz einst oberschlau geschrieben. Der Flug nach Bangkok war für ihn beschlossene Sache. Fragt sich nur, ob die Wirklichkeit mit seinem Anspruch Schritt halten konnte. Wenn ja, würde man seinen Namen fürderhin in einem Atemzug mit den Journalisten der Watergate-Affäre nennen. Aber so ganz allein auf sich gestellt – Herrn Schweitzers Unterbewußtsein meldete erste leise Zweifel an.
Kurze Zeit später war es schon eine ganze Armada von Zweifeln. Im Laufe seiner Promenade durch Oberrads Gärten setzte eine Art kathartischer Effekt ein. Herr Schweitzer sah sich in Chiang Rai, etwas überspitzt gesagt, regelrecht am Boden zerstört. Sprachbarrieren türmten sich zur Chinesischen Mauer, unautorisiertes Handeln zu lebenslanger Haft, und die Magerkost in einem thailändischen Gefängnis würde ihn final dahinraffen. Nein, nein und nochmals nein, ein lupenreiner Hungertod war ganz und gar nicht in seinem Interesse. Er würde Hilfe brauchen, so viel stand fest. Trotzdem sollte die Aufklärung für immer mit seinem Namen geschmückt sein. Das würde ihm jede Menge Folgeaufträge verschaffen. Und er, Herr Schweitzer, durfte dann wählen, welchen Fall er übernahm, und welchen nicht. Logisch, genau davon träumte jeder Detektiv, warum also nicht auch er? Wem halt so die Stunde schlägt … nur den Mutigen gehört die Welt. Er wechselte in Paulchen Panthers Schrittrhythmus. Das passende Liedchen dazu entströmte seinen Lippen.
Um die leeren Worte mit Inhalt zu füllen, kehrte er zu Schmidt-Schmitt zurück. Der war Oberkommissar, hatte Beziehungen und war ihm sehr sympathisch. Und grillte nach eigener Aussage die besten Holzfällersteaks.
Die menschliche Psyche ist eines der letzten großen Geheimnisse unserer Erde. Bereits beim Eintreten war Herrn Schweitzers Zuversicht hinsichtlich seines erneuten Thailand-Abstechers trotz der vorausgegangenen Euphorie beträchtlich geschwunden. Bevor er doch noch auf Reisen ging, bedurfte es weiterer Hinweise. Waldemar Hanuchs gebuchter Flug nach Sri Lanka war ihm hierfür nicht ausreichend genug. Er weihte Schmidt-Schmitt in seine Überlegungen mit ein. Den Crailsheim-Harald verschwieg er weiterhin. Herr Schweitzer hatte nicht vor, dem Sportsfreund aus dem Fränkischen Unannehmlichkeiten zu bereiten. Wer weiß, wie die Bullen im Süden so drauf sind, wenn sie vom Opium Wind bekommen? So verkaufte er dem Oberkommissar seine Informationen um Jürgen Sikora als seine eigenen. Schmidt-Schmitt bekam auch sofort große Ohren, als er von dem Detektiven erfuhr, daß Jürgen in Laos
Weitere Kostenlose Bücher