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Opium bei Frau Rauscher

Opium bei Frau Rauscher

Titel: Opium bei Frau Rauscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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ein wenig gesenkt. Daß ihre Visa nur für jeweils drei Monate Gültigkeit besaßen, war zu vernachlässigen. Die laotische Grenze lag in der Nähe. Ein Tagesausflug auf die andere Seite, eine Zehn-Dollarnote zwischen den Seiten des Reisepasses, und schon bekam man weitere drei Monate Aufenthaltsrecht. Lothar war erstaunt, wie schnell sie sich hier eingelebt hatten. Gerade gestern erst hatten sie einen Schweizer kennengelernt, der hier mit seiner thailändischen Frau ein Restaurant betrieb.
    Wie eine Trophäe warf Lothar die Zeitung auf das Bett, in dem sich Waldemar Hanuch frisch geduscht und nur mit einem Handtuch bekleidet räkelte. „Was soll ich damit?“
    „Lesen. Seite neunzehn.“
    Der Ventilator hatte aber etwas dagegen. Erst als er ausgeschaltet war, ließ sich die Zeitung problemlos handhaben.
    Nachdem die Lektüre beendet war, sagte er: „Siehst du, Jürgen, äh, Lothar, wie ich es dir gesagt habe, als erstes buchten sie Sabine ein. Aber sie wird bald wieder frei sein, die Kriminalisten von heute verfügen über die raffiniertesten Techniken. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie die Blutspritzer richtig untersucht haben und sie die Pistole finden. Ich frag mich aber schon die ganze Zeit, warum du dir solche Sorgen um Sabine machst. Vor ein paar Wochen noch wolltest du sie unbedingt loswerden.“
    „Wir sind immerhin verheiratet. Und Sabine hat auch ihre gute Seiten.“
    „Viele dürften es aber nicht gewesen sein.“
    „Was denkst du, wie lange das Geld reicht?“
    „Meins mit eingerechnet sollten wir uns das nächste halbe Jahr keine Gedanken machen müssen.“
    „Und dann?“
    „Du immer mit deinen Sorgen. Dann … dann werden wir hiermit stinkreich.“ Waldemar Hanuch warf einen chinesischen Glücksstein in die Luft und fing ihn wieder auf. „Vielleicht könnten wir das auch an Touristen verkaufen. Einige von denen kommen ja eigens dafür angereist.“
    „Und wenn uns die Polizei aufspürt?“
    „Bullen sind wie Jahreszeiten. Sie kommen und gehen …“
    „Was ist denn mit der Waschmaschine los? Simon. Simon, wo bist du?“
    Simon hatte ein verspätetes Mittagsschläfchen veranstaltet. Noch etwas zerknautscht hing er seinem letzten Traum nach. Das zog sich in die Länge. Mit den Kulissen der realen Welt konnte er noch nichts anfangen. Verpennt rieb er sich die Äuglein. Die meisten Fenster der Bankentürme, die den Panoramablick seines Schlafzimmers ausfüllten, waren erleuchtet. Die armen Schweine, dachte er, müssen auch immer länger arbeiten. Vor fünfzehn oder zwanzig Jahren hatte man als Banker um diese Uhrzeit längst Feierabend. Aber so ist das eben im ungezügelten Kapitalismus, den wir fast alle gewählt haben. Angebot und Nachfrage, auch hinsichtlich der Überstunden, die von den Arbeitgebern fast kaum noch bezahlt wurden. Doch wer rief da nach ihm? Hatte Herr Schweitzer nicht eben seinen Namen gehört? „Jaha, ich bin hier. Ich komme gleich.“
    Und als er in der Küche stand: „Was gibt’s?“
    „Was es gibt?“ Seine Untermieterin Laura Roth hatte offensichtlich keine gute Laune. „Schau dir das mal an. Die Tür unserer Waschmaschine ist am Arsch. Sie schließt nicht mehr richtig.“
    Na, na, na, dachte Herr Schweitzer, was sind denn das für unflätige Ausdrücke.
    „Hast du heute gewaschen?“ Ihre Betonung lag auf dem Du.
    Oh, oh, oh, dachte er, der allsogleich einen Zusammenhang erkannte, nun. „Hab ich. Aber was ist denn kaputt?“
    „Das sagte ich schon. Die Tür. Sie läßt sich nicht mehr schließen.“
    „Laß mal sehen.“ Herr Schweitzer bückte sich. Mit grübelndem Gesichtsausdruck, den er sich bei Handwerkern abgeguckt hatte und der lediglich dem Zweck diente, Ahnungslosigkeit zu kaschieren, begann er mit der scheinbar fachmännischen Untersuchung des Schadens.
    Laura jedoch kannte Herrn Schweitzer zur Genüge und durchschaute dessen Getue. „Was machst du da? Das sieht doch jedes Kind, daß der Haken abgebrochen ist. Da muß jemand mit aller Gewalt dran gezerrt haben.“
    Ihre grimmige Miene ließ keinen Zweifel daran, wen sie mit Jemand gemeint hatte. Ihn, Herrn Schweitzer nämlich. Nun erkannte auch er, wo der Hund begraben lag. Das abgebrochene Teil lag unter einem Küchenstuhl. Er nahm es in die Hand. „Plastik. Das Teil ist aus Plastik. Da zahlt man sich dumm und dämlich für so eine Waschmaschine, und dann machen die den Haken aus Plastik. Ich verstehe das nicht. Es gibt einfach keine Wertarbeit mehr in Deutschland. An allen Ecken und Enden

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